Marcello Pablito: Der Kapitalismus benutzt den Rassismus, um besser ausbeuten zu können

14.07.2020, Lesezeit 5 Min.
1

Ausgehend von den militanten Protesten in den USA hat sich der Kampf gegen den Rassismus wie eine Flut weltweit ausgebreitet. Marcello Pablito aus Brasilien, Mitglied der MRT, der brasilianischen Sektion der FT-CI, kam bei der internationalen Veranstaltung zu Wort und machte einen historischen Abriss über die Geschichte der Sklaverei im Land mit dem größten Anteil an Schwarzer Bevölkerung außerhalb des afrikanischen Kontinents.

Marcello Pablito ist Mitglied des Sekretariats der Schwarzen der Gewerkschaft der nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der Universität von São Paulo. Er ist außerdem Anführer der MRT (Bewegung Revolutionärer Arbeiter*innen), Gründer der Schwarzen, antikapitalistischen Gruppierung Quilombo Vermelho und zusammen mit Leticia Parks Autor des Buches „Revolution und Schwarze Befreiung” über die Geschichte des Schwarzen Kampfes in Brasilien.

Kapitalismus nutzt Rassismus, um besser auszubeuten

Auf der vergangenen internationalen Veranstaltung unserer internationalen Strömung sprach er über die Tradition, an die Antirassist*innen in Brasilien und weltweit heute anknüpfen. Dabei begann er mit einer eindringlichen Anekdote: „In den letzten Wochen habe ich den Kampf der Lieferant*innen hier in Brasilien verfolgt. Einer von ihnen fragte: „Kannst du dir vorstellen, wie es ist, mit Essen auf dem Rücken herumzulaufen und nichts zu essen zu haben?“ „

Und weiter führte er aus: „Das Erbe der Sklaverei hier in Brasilien führt dazu, dass die überwiegende Mehrheit der Lieferant*innen Schwarz ist, und auch deshalb hören wir in ihren Demonstrationen auch die Losung „Black Lives Matter“.“

Das Verständnis der Sklaverei gäbe uns mehr Argumente dafür, gegen den Kapitalismus zu kämpfen, der den Rassismus zur besseren Ausbeutung nutze.

„Auf der Grundlage religiöser und pseudowissenschaftlicher Argumente rechtfertigte die Bourgeoisie die vermeintliche Unterlegenheit von Millionen von Menschen aufgrund körperlicher Merkmale. Somit haben sie das geschaffen, was Marx als eine entscheidende Säule der kapitalistischen Akkumulation und eine der größten Gräueltaten in der Geschichte der Menschheit bezeichnete: die Versklavung von mehr als zwölf Millionen Afrikaner*innen.“

Unsere Geschichte ist die der Schwarzen und weißen Arbeiter*innen

Ausgehend vom Ende der Sklaverei in Brasilien im Jahre 1888, erinnerte Pablito an einige der größten Sklav*innenaufstände des Landes, die kämpferische Gemeinschaften, die Quilombos, gründeten. Doch auch heute noch bestehe die gleiche rassistische Struktur: „Aber der Rassismus vertieft sich mit der kapitalistischen Ausbeutung, noch mehr in Brasilien, dem größten Schwarzen Land außerhalb Afrikas. Und das liegt daran, dass alle Regierungen uns Schwarze, aber auch Indigene, Migrant*innen und Menschen aus dem Nordosten Brasiliens in den schlimmsten Jobs und Lebensbedingungen gehalten haben. Genau wie in den USA, wurden in Brasilien einige positive Maßnahmen verabschiedet, aber das änderte nichts an der Realität von 31 Millionen Menschen ohne sanitäre Grundversorgung und der 13 Millionen in Slums, die in der Mehrheit Schwarze sind.“Die PT (Arbeiterpartei) selbst hat zwar Quoten für Schwarze eingeführt, aber gleichzeitig führte sie Angriffe wie die Rentenreform in den Bundesstaaten durch, in denen sie regiert.“

„Wir kämpfen für jedes Recht der Schwarzen Bevölkerung, aber unser Ziel ist nicht, dass Schwarze zur Bourgeoisie oder Mittelklasse gehören, während die Mehrheit weiterhin in Armut lebt. Deshalb ist der Kampf gegen Rassismus untrennbar mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden.“

Polizist*innen sind keine Verbündeten!

Im letzten Teil seiner Rede ging er auf eine wichtige Debatte in der brasilianischen Linken ein, in der einige Gruppen die Polizei in den Gewerkschaften befürworten. Dem stellte er entgegen: „Die Polizist*innen, die auf dem Hals von Schwarzen knien, sind keine Verbündeten!“

„Es ist ein großer Fehler linker brasilianischer Strömungen wie der PSOL (Sozialismus- und Freiheitspartei) und der PSTU (Sozialistische Partei der Vereinten Arbeiter*innen), die Polizist*innen zur Arbeiter*innenklasse zählen und sie in den Gewerkschaften haben wollen. Doch wir verlieren jeden Tag in den Slums junge Menschen, die von Polizist*innen ermordet werden, die auch Milizen organisieren, die Bolsonaro Auftrieb gegeben haben.“ 

„Machen wir es hier in Brasilien wie die streikenden amerikanischen Arbeiter*innen, die den Ausschluss der Polizei aus ihren Gewerkschaften fordern!“

Die Geschichte der revolutionären Internationale zurückgewinnen

Die Rede beendete er mit einem Zitat von C.L.R. James, um auf die Geschichte der internationalen revolutionären Arbeiter*innenbewegung zu kommen, die seit ihrer Entstehung gemeinsam gegen Rassismus und Kapitalismus gekämpft hat.

„Um es mit C. L. R. James zu sagen war der einzige Ort, an dem Schwarze nicht rebellierten die Bücher der kapitalistischen Historiker. Deshalb müssen wir die Geschichte der internationalen revolutionären Bewegung zurückgewinnen, seit der Zeit von Marx in der Ersten Internationale, die den Kampf gegen die Sklaverei während des Bürgerkriegs in den Vereinigten Staaten unterstützt hat, sowie gegen Rassismus und zur Verteidigung antikolonialer Kämpfe, wie in China und Indien. Wir wollen an die Kämpfe der III. Internationale vor ihrer stalinistischen Degeneration erinnern, als sie mit aller Kraft die Lohngleichheit von Schwarzen und Weißen verteidigte. Und die Kämpfe der IV. Internationale, als Trotzki den Schwarzen Arbeiter*innen sagte, dass sie von der Geschichte dazu berufen waren, die Vorhut der Arbeiter*innenklasse zu bilden. Diese Kämpfe sind aktueller denn je. Um erfolgreich gegen alle Imperialismen und ihre grenzenlose Ausplünderung vorzugehen, ist es notwendig, die Arbeiter*innenklasse ohne Grenzen mit allen unterdrückten Völkern der Welt zu vereinen, und dafür zu kämpfen, starke revolutionäre Parteien auf den Weg zum Wiederaufbau der Vierten Internationale aufzubauen.“

Schau dir hier seinen Beitrag an:

Mehr zum Thema