Der IS fährt jetzt mit deutschen Panzern

27.12.2016, Lesezeit 4 Min.
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Bei Kämpfen mit der türkischen Armee um die syrische Stadt al-Bab erbeutete der Islamische Staat (IS) mindestens einen Leopard 2A4-Kampfpanzer aus deutscher Produktion. Der Fall zeigt, wie die Unterstützung Merkels für das despotische Erdogan-Regime den Syrienkrieg weiter anheizt.

In den letzten Tagen kam es in der nordsyrischen Kleinstadt al-Bab zu schweren Kämpfen zwischen Milizen der Freien Syrischen Armee (FSA), unterstützt durch die türkische Armee auf der einen Seite und Einheiten des IS auf der anderen. Dabei wurden über 100 Zivilist*innen und Kämpfer*innen beider Seiten getötet. Dem IS gelang es, mit Hilfe eines Selbstmordfahrzeuges, einen türkischen Stützpunkt einzunehmen. Auf diesem konnten sie einen, nach anderen Angaben zwei, in Deutschland hergestellte Leopard 2A4-Panzer in ihre Gewalt bringen.

Bei Anschlägen des IS auf die türkische Armee in al-Bab kamen in den vergangenen Wochen bereits dutzende türkische Soldat*innen ums Leben. Die türkische Luftwaffe bombardierte am Donnerstag Gebäude und Stellungen in al-Bab, wobei laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 88 Zivilist*innen ums Leben kamen.

Erdoğans militärisches Abenteuer in Syrien

Am 24. August startete die Operation „Schutzschild Euphrat“: Die türkische Armee rückte mit etwa 450 Soldat*innen und 20 Kampfpanzern des Typs M60 in den syrisch-türkischen Grenzort Jarablus ein, den der IS zuvor kampflos aufgegeben hatte. Ziel des Vorstoßes war es, einen Korridor im Norden Syriens zu schaffen, um die Nachschubwege der FSA aus der Türkei zu sichern und die Ausdehnung der kurdischer Selbstverwaltung in Rojava zu verhindern.

Die mit Erdoğan verbündeten Truppen der FSA, die sich unter anderem aus jihadistischen Milizen wie der Jabhat al-Nusra (ehemals Al-Nusra-Front) zusammensetzen, wurden erst kürzlich von Assads Truppen aus Aleppo vertrieben. Al-Bab liegt 40 Kilometer nordöstlich von Aleppo, auf halbem Weg in die von kurdischen Truppen gehaltene Stadt Manbij. Wer al-Bab kontrolliert, hält die Zugangswege zur IS-Hauptstadt Rakka in der Hand.

Doch je weiter Erdoğan sich in das syrische Chaos vorwagt, umso gefährlicher wird das Vorhaben – in den Kämpfen von al-Bab geriet die türkische Expedition an ihre Grenzen. Daher wurden die Einheiten um moderne Leopard 2A4 verstärkt, von denen jedoch vier Stück innerhalb weniger Tage durch den IS vollständig zerstört wurden und mindestens einer erobert wurde. Auch das Attentat am russischen Botschafter in Ankara zeigt auf, dass der Syrien-Krieg auch im Innern der Türkei angekommen ist.

Merkels Waffen heizen den Krieg in Syrien an

Dass der Panzer in die Hände des IS geriet, ist nicht nur peinlich für die türkische Armee. Mit seiner Kampfkraft stellt er auch eine tödliche Waffe in den Händen des IS dar. 2007 kaufte der türkische Staat 354 Leopard 2A4 von der Bundeswehr. Neben veralteten Waffensystemen aus dem Kalten Krieg stellen die modernen deutschen Panzer das Rückgrat des türkischen Heeres.

Der direkte Kampfeinsatz deutscher Waffensysteme zeigt deutlicher denn je die Verstrickungen des deutschen Imperialismus in den syrischen Bürger*innenkrieg. Seit Ende 2015 beteiligt sich die Bundeswehr an der Koalition gegen den IS mit einer Fregatte, sechs Tornado-Aufklärungsflugzeugen und 1.200 Soldat*innen, die auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlic stationiert sind.

Die deutsche Regierung unterstützt das despotische türkische Regime durch Waffenlieferungen sowie politische und finanzielle Abkommen wie den EU-Türkei-Deal, mit dem die EU Geflüchtete an der Einreise nach Europa hindert. Das alles nützt Erdoğan, um seine blutigen Abenteuer in Syrien voranzutreiben. Der Krieg wird nur am Laufen gehalten durch Waffenlieferungen wie den Leopard-Panzer. Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Inzwischen schlägt der Krieg auch nach Deutschland zurück, wie beim Anschlag in Berlin.

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