Demo gegen Repression in Jena: Wie organisieren wir antifaschistischen Zusammenhalt?

19.06.2025, Lesezeit 5 Min.
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Foto: instagram@danilluiz_foto

Tausende demonstrieren in Jena gegen Repression und Abschiebung. Im Zentrum stand die Forderung nach Freiheit für inhaftierte Antifas und solidarischer Zusammenhalt. Doch im Namen der Einheit unter Antifaschist:innen werden diejenigen von uns ausgeblendet, die der Gewalt des Staates in den lezten Jahren am häufigsten ausgesetzt waren.

Unter der Forderung „Freiheit für Alle Antifas“ versammelten sich am Samstag, den 14. Juni circa 6000 Antifaschist:innen bei etwa 32°C in Jena, um gegen die Kriminalisierung des Antifaschismus und die Inhaftierung von Aktivist:innen zu protestieren. Die Veranstalter:innen wollen: „Ein Zeichen setzen! Gegen die vorantreibende Faschisierung von Gesellschaft und Politik! Gegen den Repressionsapparat – der getrieben ist vom Hass auf Linke – welcher seine eigenen Regeln missachtet und unsere Genoss:innen in Zuständen ausliefert, die Folter bedeuten. Ein Zeichen setzen für die Solidarität mit allen von Repression betroffenen Antifaschist:innen!“

Die meisten der kämpferisch formulierten Redebeiträge bei der Auftaktkundgebung konzentrierten sich auf einen konkreten Fall: Free Maja, Free Hanna, Free Nico – Aktivist:innen des Budapest-Komplexes. Besonders im Fokus stand Maja T., eine Aktivist:in, die seit rund einem Jahr rechtswidrig und unter menschenunwürdigen Bedingungen in Einzelhaft sitzt und sich seit dem 05.06. im Hungerstreik befindet.

Nicht nur Majas Vater fand eindrucksvolle, bewegende und zugleich motivierende Worte. Auch eine Grußbotschaft der Aktivistin Lina E. wurde verlesen. Zudem richtete der verfolgte syrisch-deutsche Antifaschist Zaid A., dem eine Auslieferung ins rechtsautoritäre Ungarn oder eine Abschiebung aus Deutschland droht, einen kraftvollen Appell an die Versammelten. Er rief zum entschlossenen Widerstand gegen staatliche Repression auf und ermutigte die tausenden Zuhörer:innen, sich durch die Angriffe auf solidarische Strukturen nicht entmutigen zu lassen.

Einige der beschuldigten Antifaschist:innen im Zuge des Budapest Komplexes haben sich am 20. Januar und am 20. März selbstbestimmt den Behörden gestellt. Von weiterhin untergetauchten Genoss:innen folgt nun ein Ausschnitt ihres Grußworts.

Liebe Genoss:innen, liebe Freund:innen, wir melden uns aus der Ferne der Illegalität mit diesem Grußwort, weil wir leider nicht mit euch auf der Straße sein können, um gemeinsam unsere Wut zu zeigen. Unsere Wut und unser Hass auf den deutschen und den ungarischen Staat, welche aktuell so viele Gefangene in ihren Kerkern gesperrt haben. Die aktuelle Repression zeigt eindeutig, in welcher historischen Kontinuität der deutsche Staat steht und klar auf welcher Seite er seinen Hauptfeind sieht – nämlich Links. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als antifaschistische und revolutionäre Bewegung Gedanken machen, welche Notwendigkeiten sich aus den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen ergeben. Wir wollen uns eben nicht nur von Hass und Wut leiten lassen, sondern auch die Momente sehen, in denen viele Menschen sich aktuell solidarisch mit allen Antifas im Knast und Untergrund zeigen und für eine bessere Gesellschaft, eine andere Gesellschaft kämpfen. Für uns ist es erfreulich zu sehen, dass trotz diverser Repressionsschläge in den vergangenen Jahren aktuell wieder eine gewisse Dynamik in die linke Bewegung kommt und hoffen, dass ihr heute mit vielen Menschen gemeinsam auf der Straße seid.

Mit dem Anspruch, eine geschlossene und gut organisierte Demo zu veranstalten, wurde der Zusammenhalt unter Antifaschist:innen betont. Ein Widerspruch, der auf der Kundgebung und auch schon im Vorfeld der Vorbereitungen zur Demoanreise bestand, war das Verbot von National- und Territorialflaggen, das sich auf das Tragen von Israel- und Palästinafahnen bezieht. Im Sinne der Einheit sollte dies Auseinandersetzungen zwischen Antideutschen und antiimperialistischen, palästinasolidarischen Teilnehmenden verhindern, jedoch täuscht dieses Verbot über die realen Verhältnisse: Die Propalästinensiche Bewegung ist global und speziell in Deutschland immensen Repressionen ausgesetzt. Der Staat geht mit aller Härte gegen Aktivist:innen vor. Palästinasolidarische Gruppen werden verboten, Demonstrierende werden von der Polizei niedergeknüppelt und sind wie im Fall der Berlin 4 auch von Abschiebungen bedroht.  

Um sich konsequent gegen Repressionen zu stellen, wie es sich die Demonstration in Jena vornimmt, müssen Antifaschist:innen geschlossen auf die staatlichen Maßnahmen gegen die Palästinabewegung antworten, anstatt die Bewegung für die vermeintliche Einheit auszublenden. Dass dies möglich ist, zeigt der Fall unseres Genossen Anasse Kazib: Wegen eines Tweets, in dem die Unterstützung der europäischen Staaten an Israels Genozid in Palästina als „Solidarität mit dem Schlächter“ bezeichnet, steht er in Frankreich vor Gericht. Ihm und einigen anderen prominenten Figuren aus der französischen Linken drohen Haftstrafen von bis zu 7 Jahren. Als Reaktion auf diesen Angriff formierte sich eine massive Antirepressionskampagne mit Solidaritätsbekundungen aus der Linken Frankreichs und international

Wer sich in München solidarisch für Hanna und auch alle anderen von Repression betroffenen Personen einsetzen möchte, kann z.B. zur Free Hanna Knastkundgebung am 22. Juni vor der Justizvollzugsanstalt in der Schwarzenbergerstraße kommen.

Getroffen hat es einige – gemeint sind wir alle.

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