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CFM: Erfolgreicher Streikauftakt – Freitag geht es weiter

06.02.2020, Lesezeit 6 Min.
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Seit Beginn der Frühschicht gegen 7 Uhr wurden am Donnerstag die Logistik, der Krankentransport und der Sicherheitsdienst an mehreren Standorten der Charité bestreikt. Vorangegangen waren mehrere Monate ergebnisloser Verhandlungen mit der Geschäftsführung der Charité-Tochter CFM.

Rund 250 Streikende versammelten sich am Vormittag am Virchow-Klinikum im Wedding. Angesichts der Tatsache, dass lediglich ein Teil der Belegschaft überhaupt zum Streik aufgerufen war, handelte es sich damit um eine gute Beteiligung, die für kommende Streiktage viel Druck auf Geschäftsführung, Charité und den Senat verspricht.

Sie fordern einen Tarifvertrag, der sich an den TVöD anlehnt, um der unsäglichen Spaltung der Krankenhaus-Belegschaft endlich ein Ende zu bereiten. Neben einer deutlichen Steigerung der Löhne von aktuell oft nur 11,50 Euro verlangen sie auch eine neue Urlaubsregelung, die allen Beschäftigten 30 freie Tage im Jahr zusichert.

Unterstützung erhielten sie dabei auch von einer Solidaritätsdelegation verschiedener Gruppen, die gegen 10 Uhr mit Transparenten und Sprechchören zum Streiklokal zog. Angestoßen wurde der Soli-Besuch von der Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv und der Kampagne gegen Outsourcing und Befristung. Es beteiligten sich unter anderem die Studierendengruppe organize:strike, das Frauen*streik-Komitee Wedding und Aktivist*innen von der Nachbarschaftsinitiative „Hände weg vom Wedding“.

Lilly Schön von der feministischen Gruppe Brot und Rosen wies darauf hin, dass Frauen besonders von den Mechanismen des Outsourcing und der Prekarisierung insgesamt betroffen sein. Der CFM-Streik sei damit auch ein feministischer Kampf.

Olaf Rzepka, Beschäftigter bei der Vivantes-Tochter VSG erinnerte sich an den eigenen Streik 2018:

Wir haben damals erstmals in der Geschichte der VSG überhaupt einen Tarifvertrag erkämpft. Ein wichtiges Mittel, um gemeinsam voran zu kommen, waren die Streikversammlungen, in denen wir über das weitere Vorgehen, die nächsten Streiktage, und so weiter diskutiert haben.

Weitere Redner*innen waren eingeladen, um am Streiklokal zu sprechen. Pascal Meiser, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei für den Wahlkreis Kreuzberg, versuchte, vor den Kolleg*innen die Verdienste und das Engagement seiner Partei darzulegen. Die Linke setze sich klar für höhere Löhne bei der CFM ein. Auffällig war allerdings, dass er mit keinem Wort auf die Forderung der Wiedereingliederung einging.

Leider ist es auch für die Berliner Linkspartei nichts Neues, sich in Worten mit prekären Arbeiter*innen zu solidarisieren, aber in der Praxis keine Konsequenzen zu ziehen. Seit 2017 gibt es einen Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Regierung, in dem explizit eine Rückführung ausgelagerter Landesunternehmen vorgesehen ist. Doch bis heute ist bei einem der größten Fälle – der CFM – nichts dergleichen passiert.

Auch SPD-Landespolitiker Raed Saleh war anwesend und bekam die Gelegenheit, sich an die Streikenden zu richten. Im Gegensatz zu Meiser sprach er über das Ziel der Wiedereingliederung. Doch auch bei ihm – und gerade bei einem Berliner Landespolitiker – stellt sich die Frage, warum seine Partei zwar immer wieder verbal bekundet, dem Lohndumping bei der Charité ein Ende setzen zu wollen, aber ihren Einfluss als Teil der Landesregierung bis heute nicht dafür nutzt. Folgerichtig erntete er von einigen Unterstützer*innen und Streikenden kritische Zwischenrufe.

Abgeschlossen wurde der Streiktag mit einer Demonstration vom Klinikgelände im Wedding bis zum „Elfenbeinturm“ – dem Sitz der Charité-Geschäftsführung am Campus Mitte.

Wie der rbb berichtet, sprach die Geschäftsführung der CFM von einer Streikbeteiligung von nur 3 Prozent. Das wären bei 2500 Beschäftigten aber nur 75 Streikende. Sowohl die Bilder vom Streiklokal, als auch die Zahlen der Streikgelderfassung widerlegen diese Behauptung.

Dass im Gegenteil selbst am ersten Warnstreiktag schon Auswirkungen zu spüren sind, erfahren wir von Dirk Bobermin. Er arbeitet bei der CFM im Krankentransport und ist auch Teil der Streikleitung. Er berichtet, dass am Standort Mitte heute deutlich weniger Transporte stattfinden, was sogar schon dazu führt, dass einzelne Operationen abgesagt werden: „Wenn die Patienten nicht zur Voruntersuchung oder zur OP gebracht werden, kann auch keine Operation stattfinden. Die Schwestern auf den Stationen sind ohnehin unterbesetzt, die übernehmen das auch nicht. Zumal vielen von ihnen auch klar ist, dass sie keine bestreikten Tätigkeiten übernehmen dürfen, wenn sich etwas verbessern soll.“ Die Betriebsgruppe der CFM zähle demnach auch auf die Solidarität der Charité-Kolleg*innen. Anstatt Mehrarbeit zu leisten, sollten diese sich jedes Mal bei Vorgesetzten oder der Klinikleitung beschweren, wenn Abläufe stocken. Dann würden die Auswirkungen des Streiks schneller sichtbar.

Selbst im „Normalbetrieb“ außerhalb des Streiks laufe längst nicht alles nach Plan, denn die CFM setze nicht auf eine gut eingespielte Belegschaft, sondern auf ständige Befristungen.

In den vergangenen Jahren haben die Probezeitkündigungen massiv zugenommen. Seit der Senat angeordnet hat, dass es keine sachgrundlosen Befristungen mehr geben soll, werden neue Leute nicht mehr nach zwei Jahren, sondern schon nach sechs Monaten rausgeschmissen. Andernfalls müssten sie den Leuten eine Festanstellung geben – und dann würden bei diesen Arbeitsbedingungen noch viel mehr der Gewerkschaft beitreten und sich organisieren.

Es sei ein so hoher Durchlauf von neuen Beschäftigten entstanden, dass die CFM jeden Monat aufs Neue an der Grenze zu Massenentlassungen kratze.

Ein Zustand, den keine*r der Streikenden mehr hinnehmen möchte. Um ihren Forderungen weiter Nachdruck zu verleihen, setzen sie ihren Ausstand am Freitag fort. Alle Unterstützer*innen sind eingeladen, erneut ab 10 Uhr das Streiklokal am Virchow-Klinikum zu besuchen.

Treffen der Kampagne gegen Outsourcing


Die Kampagne gegen Outsourcing, die auch die erste Solidaritätsdelegation angestoßen hat, lädt am nächsten Mittwoch zu einem offenen Treffen. Dort soll über die Bedeutung des CFM-Streiks und Möglichkeiten zur Unterstützung diskutiert werden. Außerdem sollen andere Kämpfe gegen Outsourcing in Berlin und ihre Zusammenführung auch zum 8. März Thema sein. Alle Unterstützer*innen und Streikenden der CFM sind eingeladen, sich am Treffen zu beteiligen.

Mittwoch, 12.02., 17 Uhr
Otawistraße 15, 13351 Berlin

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