Brot und Rosen am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* auf der Straße

27.11.2019, Lesezeit 5 Min.
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Am 25.11., dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen*, sind wir von Brot und Rosen in München und Berlin gemeinsam mit vielen anderen feministischen Gruppen, solidarischen Menschen und Unabhängigen auf die Straßen gegangen, ebenso wie unsere Genossinnen und Schwestern weltweit. Ein Bericht.

In München waren wir dieses Jahr deutlich mehr Menschen als in den Jahren zuvor auf der Straße. Die weltweiten Frauenbewegungen und die beginnenden Diskussionen in Deutschland, die vor allem mit der Frauen*Streik-Bewegung begonnen haben, mobilisieren langsam auch hierzulande mehr Menschen und schaffen ein neues Bewusstsein.

Schaut man sich allein die zu dem 25.11.2019 veröffentlichen Zahlen von frauen*spezifischer Gewalt an, ist das auch eindeutig notwendig: 114.000 werden jährlich Opfer von häuslicher Gewalt – 122 Frauen* wurden im vergangenen Jahr von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Darauf hat in München die Frauen*Streik-Gruppe mit ihrem Transpi besonders aufmerksam gemacht:

Wir von Brot und Rosen sind in unserem Redebeitrag und mit unserem Auftreten gestern besonders auf die internationalen Klassenkämpfe eingegangen, die momentan stattfinden und in denen Frauen* mit in der ersten Reihe stehen, radikale Forderungen äußern und sich gegen Unterdrückung und Repression gemeinsam wehren. Des Weiteren haben wir auf die Form der Gewalt aufmerksam gemacht, die gegen Frauen vom Staatsapparat in allen möglichen Formen ausgeübt wird – durch die Kriminalisierung von Abtreibung, durch das Durchsetzen von Abschiebungen geflüchteter Frauen*, durch die Kriminalisierung politischer Aktivist*innen, insbesondere aus der kurdischen und kurdistansolidarischen Bewegung. Da unsere Genossin Narges Nassimi selbst angeklagt wird, aufgrund ihres Protestes gegen den Einmarsch in Afrin, den die deutsche Bundesregierung im Interesse Erdogans unterstützt, sind wir als Gruppe ganz konkret davon betroffen. Der Prozess wurde einige Mal verschoben, wenn der Termin feststeht, werden wir in München dazu mobilisieren und eine Kundgebung veranstalten.

Rede von Brot und Rosen

„Heute gehen wir gegen Gewalt an Frauen und Queers auf die Straße – gegen sich immer wieder neu produzierende, in allen möglichen Facetten auftretende Gewalt. Dabei müssen wir auf die materielle Grundlage dieser Gewalt eingehen. Auf den Staat als Triebkraft der patriarchalen Gewalt. Nicht nur etabliert er strukturelle Gewalt und erhält diese aufrecht, wie z.B. die Kriminalisierung von Abtreibung in den Paragraphen §218 und §219a, sondern er übt diese auch mithilfe von Repressionsorganen aus, z.B. bei Abschiebungen.

Die neue Welle von Frauenbewegungen der letzten Jahre hat eine wichtige vorbereitende Rolle für die heutigen Proteste gespielt, z.B. die Ni Una Menos-Bewegung in Lateinamerika, die Frauen*streiks im Spanischen Staat oder die Proteste von Frauen im Iran, die sich gegen patriarchale und religiös-staatliche Bevormundung richteten. Ihre Forderungen sind oft radikal und umfassend.

Heute sehen wir in vielen Teilen Lateinamerikas und Westasiens, dass sich die Massen gegen den Neoliberalismus, gegen Korruption, die Ausbeutung von Mensch und Natur und Unterdrückung auflehnen. An vorderster Front stehen dabei häufig die Frauen. Sie haben in diesem System unter patriarchalen Strukturen, einem gnadenlosen und brutalen Kapitalismus, Rassismus sowie der Umweltzerstörung am meisten zu leiden.

Dabei sehen wir, dass die kapitalistischen Staaten auf diese Bewegungen mit brutaler Repression durch Polizei und Militär antworten: Ob in Chile, im Iran, in Bolivien, im Irak oder Hong Kong – legitimen Protesten und Forderungen wird mit tödlichen Waffen begegnet. Bei Verhaftungen droht Frauen eine erniedrigende Behandlung und Vergewaltigung durch die sogenannten Sicherheitskräfte.

Doch nicht nur in Westasien werden diese Strukturen unterdrückt. Der deutsche Staat macht sich mit der Kriminalisierung der kurdischen Aktivist*innen und Organisationen zum Handlanger Erdoğans und setzt dessen Agenda der Repression hier durch. Die deutsche Regierung schweigt zur illegalen Invasion türkischer Truppen und ihrer dschihadistischen Schergen auf die freiheitliche Ordnung in Rojava. Die deutschen Staatsanwaltschaften verfolgen kurdische und kurdistansolidarische Aktivist*innen für ihr Engagement. In Rojava sehen wir, dass eine Gesellschaft im Aufbau, die auf den Prinzipien Feminismus, Ökologie und Basisdemokratie beruht, militärisch zerstört werden soll. Den reaktionären Kräften in der Region sind vor allem die selbstbewussten Frauenverteidigungseinheiten, die YPJ, unter kurdischer Kontrolle ein Dorn im Auge. Wir fordern die Abschaffung des Verbots von YPJ und allen kurdischen und palästinensischen Organisationen in Deutschland.

Unsere Genossin Narges wird aufgrund ihres Protests gegen den Einmarsch in Afrin im Frühjahr 2018 vor ein Gericht gezerrt. Ihr Prozess wird demnächst im Amtsgericht stattfinden, der exemplarisch für die Gewalt des deutschen Staates an feministischen Aktivist*innen und an geflüchteten Frauen steht. Wir von der internationalistischen Gruppe Brot und Rosen lassen nicht zu, dass diese Gewalt unbemerkt von der Öffentlichkeit hingenommen wird und rufen zu Solidarität mit unseren Schwestern auf. Hoch die internationale Solidarität!“

Demonstration gegen Gewalt an geflüchteten Frauen* am Flughafen Berlin-Schönefeld

In Berlin mobilisierten sich 500 Personen zum Flughafen Schönefeld, um gegen Gewalt an geflüchtete Frauen*, Gewalt an Frauen* in Gefängnissen und gegen Feminizide zu protestieren.

Auch Brot und Rosen war dabei, mt einem Banner gegen Feminizide, das die Verantwortung des Staates anprangerte und für einen klassenkämpferischen Feminismus eintrat.

Brot und Rosen in anderen Ländern

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