Berliner*innen dürfen über Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. abstimmen

23.07.2020, Lesezeit 3 Min.
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Die Berliner*innen dürfen nächstes Jahr über die Enteignung von großen Immobilienkonzernen abstimmen. Doch der Senat erklärt, dass das Ergebnis nicht bindend sein wird. Umso notwendiger ist es jetzt, den politischen Druck hochzuhalten.

Über ein Jahr lang hat der Senat die Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ hingehalten. Zehntausende Unterschriften wurden der Berliner Regierung letztes Jahr übergeben, es gab mehrere Großdemonstrationen mit bis zu 30.000 Teilnehmer*innen. Nun soll nächstes Jahr endlich darüber abgestimmt werden, ob große Immobilienkonzerne enteignet werden dürfen. Doch insbesondere die SPD hat in den letzten Monaten kein Geheimnis daraus gemacht, dass ihnen dieser Volksentscheid überhaupt nicht in den Kram passt. Auf ihrem Landesparteitag haben sie unter anderem eine Resolution gefasst, dass Enteignungen „gegenwärtig nicht zielführend“ seien. Dass es nun ein Jahr für die rechtliche Prüfung gebraucht hat, ist dabei nur ein weiteres Indiz. Der Senat versucht damit der Kampagne den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn auch wenn das Ergebnis des Volksentscheids nicht bindend ist: Sollte sich eine überwältigende Mehrheit der Berliner*innen nächstes Jahr dafür aussprechen, dass große Immobilienkonzerne enteignet werden sollten, würde das den politischen Druck weiter erhöhen. 2021 ist zudem noch Wahljahr in Berlin und im Bund.

Das Hinhalten der Kampagne zeigt dabei vor allem eins: Der Senat hat kein Interesse daran, großen Investor*innen zu sehr ans Bein zu pinkeln. Der nun geltende Mietendeckel, ursprüngliche eine Idee der SPD, war von Beginn als Kompromiss gedacht, um besonders die Gemüter der Mieter*innen runterzukühlen. Und Immobilienkonzerne nicht zu sehr zu verärgern. Ob das funktioniert, werden die nächsten Monate zeigen. Und es wird davon abhängen, ob der Mietendeckel rechtlich Bestand hat. Doch selbst jetzt schon häufen sich Geschichten von Vermieter*innen, die versuchen den Mietendeckel zu umgehen. Oder von Mietverträgen, die zwei unterschiedliche Mietpreise aufweisen – einen mit und einen ohne Mietendeckel.

Grüne und Linkspartei stellen sich zwar offiziell hinter das Volksbegehren. Besonders Basismitglieder der Linkspartei haben wesentlich dazu beigetragen, die zehntausenden Unterschriften zusammenzukriegen. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass der Senat selbst bei einem positiven Ergebnis wirklich die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. durchsetzt. Dazu muss die Sozialdemokratie offen herausgefordert werden. Nicht hinter verschlossenen Türen in der Senatskanzlei, sondern auf der Straße und in den Betrieben. Die Führung der Linkspartei hat jedoch in der Vergangenheit gezeigt, dass ihnen Regierungsposten wichtiger sind, als im Interesse von Mieter*innen und Arbeiter*innen bürgerliche Regierungen herauszufordern. In Berlin könnte das bedeuten, mit der Koalition zu brechen, wenn der Volksentscheid nicht umgesetzt wird. Eine Politik, hinter der sicherlich auch große Teile der Basis der Partei stehen würden – genau wie viele zehntausende Menschen in Berlin über Parteigrenzen hinweg.

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