Geschichte und Kultur

Babylon Berlin: Alle müssen zahlen, wenige können es sehen

Heute erfolgt die Erstausstrahlung der 38 Millionen Euro teuren Serie Babylon Berlin. Obwohl die ARD mitfinanziert hat, sehen die Koproduktion vorerst nur Sky-Kunden.

Babylon Berlin: Alle müssen zahlen, wenige können es sehen

Babylon Berlin wurde hoch angepriesen. Laut Tom Tykwer, einem der drei Regisseure, steht die Serie in der Tradition hochwertiger US-Serien wie The Sopranos, The Wire, Mad Men, Breaking Bad, Six Feet Under oder Boardwalk Empire. Mit 38 Millionen Euro ist es die bislang teuerste deutsche Serienproduktion.

Das Geschehen spielt im Berlin der „Goldenen Zwanziger“, der Zeit zwischen den Weltkriegen. Es ist eine Kriminalgeschichte, die aber auch viel über die damalige Zeit erzählt. Drogen und Politik, Mord und Kunst, Emanzipation und Extremismus werden in der Serie thematisiert.

Doch obwohl Babylon Berlin viel zu bieten haben scheint, bleibt sie vorerst einer kleinen Minderheit vorbehalten. Ausgestrahlt wird die Serie lediglich im Bezahlfernsehsender Sky, auch wenn bereits ein Großteil der deutschen Bevölkerung die Serie durch ihre Rundfunkbeiträge mitfinanziert hat. Erst in zwölf Monaten soll die Serie in der ARD zu sehen sein. Doch was wir als ungerecht empfinden, wird von Anderen als zukunftsweisend bezeichnet.

Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sagte zur Zusammenarbeit mit Sky:
„Um dieses anspruchsvolle und aufwendige Projekt realisieren zu können, möchten wir einen neuen Weg der Kooperation mit Sky ausprobieren. Dies könnte auch ein Modell für die Zukunft sein.“

Doch dieser „zukunftsweisende“ Weg der Kooperation zwischen staatlichen und privaten Einrichtungen ist keineswegs neu. In der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie im Straßenbau und dem Bau und der Sanierung von Schulgebäuden, wird dies bereits seit Längerem praktiziert. Privat Public Partnership nennt sich das viel kritisierte Finanzierungskonzept.

Schon zuvor hat der norwegische Fernsehsender NRK1, wie die ARD Teil des öffentlichen Rundfunks, in einer Kooperation mit dem Video-on-Demand-Anbieter Netflix gemeinsam die Serie „Lilyhammer“ produziert. Auch sie ist eine hochwertige Serie. Für die dritte und letzte Staffel standen 14,5 Millionen Euro zur Verfügung. So neu ist das Konzept also gar nicht.

Eine geläufige Kritik ist, dass Privat Public Partnerships weniger wirtschaftlich seien, als wenn öffentliche Träger ihre Investitionen selber tragen. Doch das tatsächliche Problem ist, dass mithilfe der Gelder von Arbeiter*innen, durch Steuergelder, Unternehmen dabei unterstützt werden, Profite zu machen und das Risiko dabei vergesellschaftet wird. Das ist ein wichtiger Merksatz des Neoliberalismus: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

Unsere Antwort ist deshalb nicht, dass die ARD nur noch alleine Projekte umsetzen sollte oder eine Abschaffung des Rundfunkbeitrags. Unsere Perspektive ist die Verstaatlichung von Sky unter Kontrolle der Arbeiter*innen, sowie die ARD unter Arbeiter*innenkontrolle zu stellen, bezahlt von den Kapitalist*innen.

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2 thoughts on “Babylon Berlin: Alle müssen zahlen, wenige können es sehen

  1. Filmfuzzi sagt:

    Ein Kommentar.

    Zunächst einmal finde ich es schön, dass sich Linke mit dem Thema Film und Fernsehen, beschäftigen. Es ist ein recht komplexes Thema und nicht so unwichtig wie man auf den ersten Blick vllt. meinen mag.

    Ein paar Punkte zum oberstehenden Artikel.

    Zunächst einmal muss klargestellt werden, dass es sich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik keineswegs um „staatlichen“ Rundfunk handelt, sondern eben um öffentlich-rechtlichen, der nicht aus Steuern, sondern aus extra dafür anfallenden Gebühren finanziert wird.

    Dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk mag seine Fehler, Tücken und Abhängigkeiten haben, das Grundprinzip eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist jedoch kein – wie oben suggeriert – neoliberales. Es ist im Gegenteil ein insbesondere für die lohnabhängige Klasse vorteilhaftes System, wenn man es mit der in kapitalistischen Ländern üblichen alternative „privater Rundfunk“ – sprich „Rundfunk des Kapitals“ vergleicht.

    Für Kommunist*innen sollte also die Verteidigung und der Ausbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber Angriffen von privaten Sendern und gegenüber der Kontrolle des Staates im Vordergrund stehen, gleichzeitig sollte für die Demokratisierung und die Säuberung der Rundfunkräte von gesellschaftlich rückschrittlichen Gruppen (katholische Kirche, Bund der Vertriebenen, etc.) gekämpft werden.

    Lange ausgeholt: Was es bei Babylon Berlin nicht zu kritisieren gibt, ist das Verluste vergesellschaftet und Gewinne privatisiert werden, da es hier wohl schlicht keine Verluste geben wird.
    Die wohl größten Finanzierungsanteil der Serie tragen die saatlichen Filmfördergesellschaften, deren Beitrag man schlicht als Wirtschaftsförderung verbuchen kann (die sich übrigens rechnet, da pro ausgegebenem Euro Filmförderung etwa 1,35 Euro an Steueraufkommen generiert werden).
    Die ARD zahlt etwa 12 Millionen, hat dafür die TV- , die Mediathekenrechte und wer weiß was noch. Das ist für eine solche Serie nicht Mal teuer und ein Coup für den man sich schon auf die Schulter klopfen kann.
    Ja, Sky hat die Finanzierung offenbar mit 5 Millionen geschlossen und es mutet seltsam an, dass der Partner mit dem kleinsten Finanzierungsanteil das erste Auswertungsjahr übernimmt, von allen Kinofilmen die in Deutschland mit genau dem selben Finanzierungsmodell auf die Leinwand kommen, sind wir aber auch nichts anderes gewöhnt.

    Bleibt am Ende eine mindestens optisch nice Serie für 12 Millionen und ner Menge Fame für den Filmstandort Berlin-Brandenburg – der Ansatz Sky zu verstaatlichen läuft daher nicht nur unter diesem Aspekt betrachtet in die falsche Richtung.

    F.

  2. Filmsozialist sagt:

    Lieber Filmfuzzi,

    ich finde die bisweilen auch von links geäußerte Kritik an den Rundfunkgebühren oder am Modell des öffentlich-rechtlichen völlig falsch. Das einzige, was an den Gebühren problematisch ist, dass sie nicht sozial gestaffelt sind.

    Zu Finanzierung: Da muss man einfach schauen, ob mit öffentlichen Mitteln bei Sky private Gewinne finanziert wurden; wenn man schon mit einem privaten Investor kooperiert, dann sollte der Gewinn dieses Investors proportional dem Anteil entsprechen, den er investiert hat. Wie genau man diese Proportionalität bestimmt, ist natürlich eine Streitfrage, denkbar wäre eine Gewinndeckelung (über deren Höhe man sich dann natürlich abermals streiten kann); sobald die erreicht wird, fließt alles weitere Geld, was Sky durch die Serie einnimmt, entweder komplett an den, der am meisten vorgeschossen hat (also ARD) oder wird zumindest zwischen den Investoren anteilig ihrer Investitionssumme aufgeteilt. Durch die Erstausstrahlung sehe ich die Gefahr, dass Sky überproportional verdient und da die Gebührenzahler Privatgewinne ermöglichen, die über die Gewinne, die der Investitionssumme von Sky entsprechen (wie man eine solche Entsprechung feststellt, ist, wie gesagt, nicht ganz einfach), hinausgehen. Das würde ich komplett falsch finden.

    Ein weiteres Problem ist, dass die ARD von den Mediathekenrechten nicht vernünftig Gebrauch macht: Die Serie steht dort zeitlich befristet im Angebot (ist z.B. bei den Tatorten auch so, das würde ich auch ebenso kritisieren, da ist es eigentlich noch absurder, weil die ja komplett gebührenfinanziert sind). Alles, was durch Gebühren (mit-)finanziert wird, sollte dauerhaft online verfügbar sein. Ich würde einfach mal gerne das Vertragswerk sehen, dass die ARD mit Sky und Film X beschlossen hat.

    Das Argument, dass öffentlich-rechtlich geförderte Kinofilme nach demselben Finanzierungsmodell ins Kino kommen wie Babylon Berlin, kann man auch wunderbar umdrehen: Ich würde diese Art der privaten Erstverwertung im Fall von Kinofilmen nämlich genauso kritisieren, wie ich sie im Falle von Babylon Berlin kritisieren würde. Warum sollte ich den Vollpreis für einen Film im Kino zahlen, der mit Gebührengeldern unterstützt wurde?

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