Argentinien: Generalstreik am 24. Januar gegen die Pläne der rechten Milei-Regierung

06.01.2024, Lesezeit 20 Min.
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Foto: Enfoquerojo

Keine argentinische Regierung hat so viele Angriffe in so kurzer Zeit nach ihrem Amtsantritt begonnen wie Milei. Dagegen organisiert sich schon jetzt ein Massenwiderstand in der Perspektive des Generalstreiks.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel basiert auf einer Zusammenfassung mehrerer Artikel von La Izquierda Diario, der argentinischen Schwesterzeitung von Klasse Gegen Klasse. Sie sind das Ergebnis kollektiver Ausarbeitungen der nationalen Leitung der Partido de Trabajadores Socialistas („Partei Sozialistischer Arbeiter:innen“, PTS), die unter anderem hier, hier und hier veröffentlicht wurden.

Bonapartistische Offensive

Schon in den in den ersten zwei Wochen nach seinem Amtsantritt hat der neue rechte argentinische Präsident Javier Milei von der Partei La Libertad Avanza („Die Freiheit schreitet voran“, LLA) einen wahrhaften Kriegsplan gegen die Mehrheit der Bevölkerung in Gang gesetzt: Mega-Abwertung der Währung, Inflation, Reduzierung der Staatsausgaben, ein präsidiales Dekret und ein Gesetzespaket zur massiven Deregulierung und Streichung von demokratischen und sozialen Rechten, sowie die Anordnung massiver Repression gegen jedweden sozialen Protest.

Zuerst hatte der neue Wirtschaftsminister Luis Caputo am 12. Dezember „klassische“ neoliberale Maßnahmen angekündigt, um das Haushaltsdefizit zu verringern und alle Einkommen von Lohnabhängigen und Selbstständigen abzuwerten. Zu diesen Maßnahmen, die als „Caputazo“ bekannt wurden, gehört unter anderem eine starke Währungsabwertung, die den Dollar um 118 Prozent verteuert haben und die Liberalisierung der Kraftstoff- und Lebensmittelpreise, die einen fast hyperinflationären Preiswettlauf ausgelöst hat (von dem man sich erhofft, dass er sich mit der Rezession verlangsamt). Gleichzeitig kündigte er den Abbau von Subventionen und eine konsequente Erhöhung der Strom-, Gas-, Wasser- und Nahverkehrspreise an. Die Regierung kündigte auch die Aussetzung der automatischen Rentenanpassung an, was nichts anderes als eine Enteignung der Rentner:innen bedeutet. Für die Importschulden wurde eine neue, an den Dollar gebundene Zentralbankanleihe ausgegeben. Ein enormer Sprung in der Verschuldung, der neue Krisen und Umstrukturierungen in der Zukunft ankündigt.

Kurz darauf, am 20. Dezember, wenige Stunden nach dem Ende der ersten großen Mobilisierung gegen die Pläne der Regierung, setzte Präsident Milei noch einen drauf: Er präsentierte ein präsidiales Mega-Dekret mit der Bezeichnung „DNU 70/23″, mit dem mehrere hundert Gesetze gestrichen, teilweise aufgehoben oder geändert werden. Viele dieser Gesetze spiegeln Rechte wider, die nicht nur von der Arbeiter:innenklasse erkämpft wurden (das Dekret führt eine Arbeitsreform ein, die das Streikrecht, Tarifverträge und andere historische Errungenschaften angreift und die Geldstrafen für Verstöße der Bosse gegen die Arbeitsgesetze aufhebt), sondern ist auch ein Angriff auf die Mittelschicht (Aufhebung der Obergrenzen für Krankenversicherungsprämien und für Kreditkartenzinsen), die indigenen Völker (Aufhebung des Landgesetzes) und das argentinische Volk im Allgemeinen (Aufhebung des Mietgesetzes und der Gesetze, die unter anderem den Handel regeln). Jede der Bestimmungen des Dekrets dient einem Sektor des Kapitals, der davon profitiert, weshalb die großen Wirtschaftsverbände es offen unterstützen.

Besonders skandalös ist dabei, dass das Dekret, welches am 29. Dezember offiziell in Kraft trat, diese enorme Anzahl von Gesetzen ohne Debatte und Zustimmung im Kongress aufhebt. Das bedeutet eine Änderung des politischen Regimes und entmachtet den Kongress noch weiter , als es im präsidentiellen Regime Argentiniens bereits jetzt schon der Fall ist. Aus diesem Grund halten viele Jurist:innen das Gesetz für völlig verfassungswidrig. Es gibt nur sehr wenige Präzedenzfälle für einen solchen Staatsstreich in bürgerlich-demokratischen Regimen. Einzig eine Kommission, die aus wenigen Mitgliedern aus beiden Kammern des Kongresses besteht, hat zehn Tage nach In-Kraft-Treten Zeit, eine Stellungnahme abzugeben, die in beiden Kammern behandelt werden muss. Für die Aufhebung eines DNU-Dekrets ist jedoch erforderlich, dass beide Kammern es ablehnen, ansonsten bleibt es in Kraft. Einen ersten Rückschlag musste Milei aber in dieser Woche bereits hinnehmen: Das oberste Arbeitsgericht setzte ein Kapitel des DNU 70/23, welches sich mit der Arbeitsreform befasst, vorläufig aus. Indes hat die Regierung bereits Berufung gegen die Entscheidung angekündigt. Die gerichtliche Auseinandersetzung hat also gerade erst begonnen, aber die Niederlage der Reform und des gesamten massenfeindlichen Pakets wird auf der Straße entschieden. Auch deshalb, da das Dekret wie erwähnt noch viele andere Maßnahmen beinhaltet, die das Gericht nicht in Frage gestellt hat. Weiter Bestand haben  die Aufhebung des Mietgesetzes und des Bodengesetzes, die Liberalisierung der Preise, die sich in Geschäften und Tankstellen brutal bemerkbar macht, Angriffe auf demokratische Rechte und andere.

Zwei weitere Maßnahmen vervollständigten die bonapartistische Offensive der Regierung: Erstens ein repressives Protokoll der „Sicherheitsministerin“ Bullrich vom 14. Dezember, das schlichtweg verbietet, auf Straßen zu demonstrieren. Proteste, so friedlich sie auch sein mögen, dürfen nur noch auf Plätzen oder „auf dem Bürgersteig“ stattfinden. Die ersten Tests verlor die Ministerin jedoch, da sowohl bei den Protesten am 20. Dezember, als auch seitdem immer wieder spontane Proteste und Lärmdemonstrationen („cacerolazos“) auf der Straße stattfanden. Die zweite Maßnahme ist  das sogenannte „Omnibusgesetz“ (das seinen Namen dadurch erhält, dass es viele Gesetze auf einmal verändert), das der Kongress in außerordentlichen Sitzungen im Januar behandeln soll. Das Gesetz fügt den bisherigen Befugnissen der Exekutive eine außerordentliche „Delegation von Befugnissen“ hinzu, mit der die Regierung bis Ende 2025 praktisch am Kongress vorbei regieren könnte, sowie eine Änderung des Systems zur Wahl der Abgeordneten, die das Verhältniswahlrecht (und damit die Minderheitenvertretung) abschaffen würde. Sollte dieser Plan durchgesetzt werden, wäre der Bonapartismus in vollem Gange.

Es gibt zahlreiche Spekulationen über den „Plan“ der Regierung: ob es sich wirklich um einen „Alles-oder-Nichts“-Plan handelt (Milei selbst drohte mit der Einberufung einer Volksabstimmung, falls der Kongress das Dekret oder das Omnibusgesetz ablehnt) oder ob er damit rechnet, dass die „wesentlichsten“ Teile zusätzlich zu den seit dem „Caputazo“ umgesetzten wirtschaftlichen Maßnahmen bestehen bleiben.

In jedem Fall können wir das „Caputazo“, das repressive Protokoll, das Dekret DNU 70/23 und das Omnibusgesetz als einen „schwachen bonapartistischen Versuch“ der Regierung definieren, die organische Krise von rechts zu lösen. Das heißt zum Einen, die Regierung Milei will sich „bonapartistisch“ über die Fraktionen der herrschenden Klasse und die ausgebeuteten und unterdrückten Klassen stellen, um eine Lösung für die Krise zu finden, die aber die Interessen der herrschenden Klasse verteidigt. Denn nicht umsonst wird Milei vom internationalen Finanzkapital, der argentinischen Großbourgeoisie und der repressiven Macht des Staates unterstützt (zusätzlich zur Unterstützung des Trump’schen Flügels des US-Imperialismus und der zionistischen Rechten). Dafür will sich die Regierung die institutionellen Vermittlungsmechanismen (Parlament und staatliche Vermittlungsinstanzen zwischen den Klassen) unterordnen und härtere repressive Methoden durchsetzen. Zum Anderen ist die Regierung jedoch noch „schwach“, weil sie sehr wenig eigene institutionelle Macht außerhalb des Präsidentenamtes besitzt (sie ist in beiden Kongresskammern in der Minderheit und stellt keine:n Provinzgouverneur:in). Im Unterschied zum ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro kann sich Milei auch (noch) nicht auf bedeutende Fraktionen des Militärs stützen, das seine historische Krise noch nicht überwunden hat (Niederlage auf den Malwinen und Erinnerung an die Verbrechen der Militärdiktatur). Ebenso ist es der Regierung bisher nicht gelungen, ihr Wahlgewicht in eine Mobilisierung auf der Straße umzuwandeln.

Erste Proteste von unten und Brüche in der bürgerlichen Front

Die Gesamtsituation hat die sozialen Unruhen und die Kritik an der Regierung verstärkt. Erste Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Meinung ist, dass sich das Land „in die falsche Richtung“ entwickelt, und die Zustimmungswerte für die Regierung sind nur wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt gesunken. Nach den ersten Protesten am 20. Dezember und folgenden spontanen „cacerolazos“ musste die Gewerkschaftszentrale CGT für Mittwoch, den 27. Dezember, zu einer Kundgebung vor dem Obersten Gericht mobilisieren. Obwohl dies so organisiert war, dass die Gewerkschaftsführungen häufig nur einzelne Delegierte aus den Betrieben mobilisiert haben, und wo das repressive Protokoll von Bullrich bis ins Lächerliche eingehalten wurde (der Verkehr fand auf fast menschenleeren Straßen statt), übertraf der Protest die Erwartungen der Organisator:innen und brachte während der Arbeitszeit 20.000 Menschen zusammen. Im Anschluss sah sich die CGT-Bürokratie gezwungen, für den 24. Januar zu einem landesweiten Streik mit Mobilisierung aufzurufen. Nach ersten Schätzungen könnten mehr als eine Million Menschen daran teilnehmen. In jedem Fall ist dieser Aufruf für den 24. Januar eine Antwort auf diesen Stimmungswandel in weiten Teilen der Arbeiter:innenklasse sowie auf die Spaltungen, die in der bürgerlichen Front selbst zu beobachten sind (siehe unten) und für die die CGT-Bürokratie sehr „empfänglich“ ist.

Wir setzen darauf, dass der Streik mit Mobilisierung am 24. Januar diese Wut und Unzufriedenheit von Millionen von Menschen, die von Inflation, Rezession und dem Verlust von Rechten betroffen sind, auf der Straße zum Ausdruck bringen und beginnen wird, die Energien der sozialen Kräfte freizusetzen, die die Pläne der Regierung zurückschlagen können.

In diesem „Klassenkrieg“ gibt es noch nicht sehr organisierte Lager. Während auf der Seite der „Geschädigten“ die Gewerkschaftsführungen bereit sind, sich bei der ersten Gelegenheit aus dem Kampf zurückzuziehen, um „etwas“ auszuhandeln, gibt es auf der Seite der Regierung und der Bosse viele Lücken. Ihre Maßnahmen kommen eindeutig dem internationalen Finanzkapital und dem Großkapital insgesamt zugute, was die harten Angriffe auf die Arbeiter:innen und die Massen betrifft. Aber im Omnibusgesetz gibt es auch spezifische Vorteile für den internationalen Finanz-, Bergbau- und Erdölsektor, während andere Teile der Wirtschaft geschädigt werden: eine Erhöhung der Steuern auf die Automobilindustrie und landwirtschaftliche Sektoren, Änderungen in der Verwaltung der Erdölindustrie, Öffnung der Importe und Zölle auf die Zucker- und Zitronenindustrie, usw..

Das Gefährlichste für die Interessen der Werktätigen ist, dass das Omnibusgesetz reaktionäre Verhandlungen im Kongress eröffnet, um diesen oder jenen Artikel, der einen bestimmten Wirtschaftssektor betrifft, zu ändern, während viele andere Artikel bestehen bleiben und das DNU 70/23 bestätigt wird, das zahlreiche Rechte und historische Errungenschaften hinwegfegt, und die Einkommen von Lohnabhängigen und Selbstständigen mit der Inflation verflüssigt werden. Nicht nur ein Teil der Koalition, die Milei unterstützt, sondern auch die CGT-Bürokratie und die peronistischen Gouverneur:innen spielen dieses Spiel mit. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, einen unabhängigen Pol zu schaffen, der den aktiven Streik vom 24. Januar nutzt, um sich den Plänen dieser Sektoren entgegenzustellen, die eine etwas „gemäßigtere“, weiterhin brutale Anpassung aushandeln wollen, die einen reaktionären Ausweg darstellen würde. Der Streik muss der erste Schritt zu einer Gegenoffensive sein, die den „Kettensägenplan“ von Milei als Ganzes besiegt: kein DNU, keine Gesetze, keine Anpassungen, keine Entlassungen oder Preiserhöhungen gegen die arbeitende Bevölkerung, kein repressives Protokoll.

Der Streik mit Mobilisierung am 24. Januar und die Strategie der CGT

Die Regierung startete eine Kampagne mit dem Slogan „Ich streike nicht“, während die regierungsfreundlichen Medien die CGT des „Rekords“ beschuldigten, 19 Tage nach dem Amtsantritt der neuen Regierung einen nationalen Streik ausgerufen zu haben, nachdem in den vier Jahren der peronistischen Vorgängerregierung kein einziger Streik stattgefunden hatte. In diesen Jahren hat der regierende Peronismus alle Versprechen gebrochen, die er gemacht hat, um das Desaster der Macri-Regierung rückgängig zu machen, insbesondere den Rückgang der Löhne und Renten um mehr als 20 Prozent. Dagegen hat die Front der Linken und der Arbeiter:innen (FIT-U), zu der auch unsere Schwesterorganisation, die PTS, gehört, die Gewerkschaftsbürokratie der CGT, die CTAs und die regierungsfreundlichen sozialen Organisationen (UTEP, CCC, Evita) für ihre Komplizenschaft mit der dem IWF unterstellten Regierung von Alberto, Cristina und Massa immer scharf kritisiert. Wir waren vom ersten Moment an bei jedem Kampf dabei, wie in Guernica und allen Konflikten jener Jahre, während die regierungsfreundlichen Anführer:innen sie in Ruhe ließen.

Die Gewerkschaftsbürokratie ihrerseits hat bereits erklärt, dass die Absicht des Streiks für sie darin besteht, dass „die Politik“ (d.h. der Peronismus und die anderen parlamentarischen Kräfte der Bosse) „das Kommando übernimmt“, was es diesen Kräften überlässt, den Plan des IWF umzusetzen und die Tür für den Verzicht auf weitere Rechte und Errungenschaften zu öffnen. Die peronistischen Gewerkschaftsführer:innen sind dieselben, die unter Carlos Menem in den 90er Jahren die Privatisierungs- und Flexibilisierungsgesetze akzeptiert haben, um im Gegenzug die Verwaltung der Sozialversicherung und von Unternehmen wie der ART und der AFJP (private Renten) zu erhalten. Die meisten von ihnen sind eher Geschäftsleute als Gewerkschafter:innen.

Wir haben nicht das geringste Vertrauen in diese Bürokratie. Wir rufen dazu auf, den aktiven Streik am 24. Januar selbst in die Hand zu nehmen, nicht nur, um ihn wirklich massiv zu machen, sondern auch, um unser Recht auf Mobilisierung zu verteidigen, das repressive Protokoll von Bullrich und Milei mit Straßen- und Straßenblockaden zu brechen, die mit der Mobilisierung von Hunderttausenden durchgesetzt werden, und ein unabhängiges Programm und eine unabhängige Organisation aufzustellen. Wir setzen darauf, dass bei der Mobilisierung am 24. Januar ein massiver, unabhängiger Pol der kämpferischen Sektoren und der Linken zum Ausdruck kommen wird.

Mit der CGT und den sozialen Organisationen, die Teil der peronistischen Regierung waren, können wir „gemeinsam schlagen“ und die Aufhebung des DNU 70/23 und des Omnibusgesetzes zu fordern, aber wir „marschieren getrennt“, weil wir wissen, dass ihre Strategie darin besteht, „etwas“ (für sie) auszuhandeln und den Großteil des Angriffs vorbeiziehen zu lassen. Aus diesem Grund schlagen wir eine unabhängige Organisierung und ein unabhängiges Programm vor, um in allen Instanzen zu debattieren, die entstehen.

Den aktiven Streik am 24. Januar in die eigenen Hände nehmen

Wie man sieht, besteht die größte Gefahr für die Arbeiter:innenklasse darin, dass jede Tendenz zum Widerstand von den Gewerkschaftsführungen und den „sozialen“ Bürokratien gelenkt und kontrolliert wird, die sich darauf spezialisiert haben, Kämpfe im Austausch für einige Teilzugeständnisse zu verraten, und oft nicht einmal das. Trotzdem sind die zentralen Bataillone der registrierten Arbeiter:innen in den Gewerkschaften organisiert, so wie ein (kleiner) Teil der informellen und prekären Arbeiter:innen in den sozialen Bewegungen oder Arbeitslosenorganisationen organisiert ist. Aus diesem Grund schlagen wir vor, Forderungen an diese Führungen zu stellen, wie den Aufruf zu einem nationalen Streik und einen Kampfplan. Gleichzeitig muss die Wut gegen die Gewerkschaftsbürokratie in die Organisierung innerhalb jedes Betriebs kanalisiert werden, um die Betriebsräte und Delegiertengremien herauszufordern, sowie in den Impuls in jedem Kampf für Instanzen der Selbstorganisation und Koordination mit anderen Sektoren. Es ist notwendig, die Tendenzen zur Selbstorganisation aktiv zu fördern, um eine Kraft zu entwickeln, die von unten ein Programm aufstellt, um die Kapitalist:innen für die Krise zahlen zu lassen, die Kampfmaßnahmen zu vertiefen, die notwendige Selbstverteidigung gegen staatliche oder parastaatliche Repression zu organisieren und die Manöver oder den Verrat der bürokratischen Gewerkschafts- und „sozialen“ Führungen zu verhindern.

In verschiedenen Städten und Gemeinden werden bereits Nachbarschaftsversammlungen einberufen. In den Betrieben werden die Anführer:innen der bürokratischen Gewerkschaften sicherlich von sich aus keine Beratungen oder Versammlungen einberufen. Bestenfalls werden sie ihre Delegierten versammeln und Busse einsetzen. Aber der Aufruf zu einem Streik mit Mobilisierung verlangt, dass eine breite Diskussion an der Basis der Arbeiter:innenklasse eröffnet wird, die sich seit Jahren an keinem Kräftemessen beteiligt hat, und noch weniger an einer Massenmobilisierung gegen eine repressive Regierung. Wir fordern Versammlungen in allen Betrieben.

In jeder Gemeinde, in jeder Zone, in jedem Viertel können wir die gemeinsame Vorbereitung zwischen gewerkschaftlich organisierten und prekär Beschäftigten, Angestellten und Arbeitslosen, Studierenden, Selbstständigen und allen Geschädigten der arbeitenden Bevölkerung organisieren. In jeder Gewerkschaft schlagen wir vor, die Türen für die anderen Sektoren zu öffnen und Koordinierungssitzungen, offene Versammlungen oder Koordinierungsgremien einzuberufen. In einigen Provinzen gibt es Zusammenschlüsse von Arbeiter:innen unterschiedlicher Sektoren (wie in Jujuy), die zu Versammlungen oder offenen Versammlungen aufrufen sollten, unter Beteiligung aller politischen Kräfte, die die Arbeiter:innen verteidigen, und unabhängig von den Sektoren der Bosse. Es wird bei diesen Versammlungen auch Gewerkschaftsführer:innen geben, die sich als Peronist:innen oder sogar als Anhänger:innen der bürgerlichen Radikalen Partei bezeichnen, was logisch ist, wenn es sich um eine wirkliche Massenbewegung handelt. Aber das darf nicht damit verwechselt werden, dass man den eigenen Parteien der Bosse wie der peronistischen PJ das Recht gibt, zu solchen Versammlungen aufzurufen. Es sind Regierungsparteien, die den Staat im Dienste der Bosse verwaltet haben, auch wenn sie jetzt in der Opposition sind.

Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Wut in den Gebieten der Großstädte zu organisieren, vor allem im Großraum Buenos Aires, wo es sehr große Sektoren informeller Arbeit mit wenig gewerkschaftlicher Organisierung gibt. Dort ist es der Rechten gelungen, Fuß zu fassen, aber gerade diese Sektoren sind von den Sparmaßnahmen am stärksten betroffen. Die Arbeitslosen-Organisationen können eine sehr positive Rolle spielen, wenn sie offene und gemeinsame Versammlungen der verschiedenen politischen Strömungen zusammen mit Gewerkschafts-, Studierenden- und politischen Organisationen vorantreiben.

Es ist ebenfalls notwendig, die Frauenbewegung aufzurufen, um zu zeigen, wie das Omnibusgesetz und die gesamte Politik der Regierung darauf abzielen, die Errungenschaften dieser mächtigen Bewegung, die in jahrelangen Kämpfen errungen wurden, in Frage zu stellen, während Mädchen und junge Frauen zwischen 14 und 29 Jahren die Armutsstatistiken anführen. Die Jugend ist aufgerufen, sich trotz der Universitäts- und Schulferien gegen diesen erneuten Angriff auf die Arbeitsbedingungen, auf die öffentliche Bildung, auf die kostenlose Universität (das Omnibusgesetz führt Studiengebühren für ausländische Studenten ein) aufzulehnen. Die Jugendlichen beginnen bereits, sich in verschiedenen Städten des Landes zu organisieren, um an der Seite der Arbeiter:innen und der Massensektoren zu mobilisieren. Die bereits bestehenden kulturellen Bewegungen können in der Hitze eines massiven Kampfes auf der Straße ihre ganze Kreativität entfalten, wie sie es in ihrem Leben noch nie erlebt haben.

In jeder Versammlung muss ein Programm diskutiert werden, das mit der Forderung „Nieder mit dem DNU und jedem Gesetz gegen die arbeitenden Menschen“ beginnt, um den Weg für reaktionäre Verhandlungen zu versperren. Zu den zentralen Forderungen, die darauf aufbauen, gehört ebenfalls: Für eine dringende Erhöhung der Löhne, der Renten und der Einkommen der Selbstständigen, damit sie angesichts der Inflation nicht verlieren. Nein zu den Preiserhöhungen. Nein zu  Entlassungen von Leiharbeiter:innen im Staat oder in jedem Unternehmen, das schließt oder Arbeiter:innen entlässt. Für die Wiedereinstellung des Stammpersonals und die Besetzung und Inbetriebnahme aller Fabriken, die geschlossen oder deren Belegschaften  entlassen werden, nach dem Beispiel von Zanon und Madygraf (die Teil der Kampfbewegungen sind). Angesichts der Preiserhöhungen braucht es einen sofortigen Preisstopp und die Öffnung der Geschäftsbücher der großen Lebensmittelkonzerne, damit die Bevölkerung ihre fabelhaften Gewinne sehen kann. Enteignung aller Unternehmen, die mit dem Hunger des Volkes spekulieren, unter der Kontrolle der Arbeiter:innen. Das Großkapital soll für die Krise zahlen. Nein zur Zahlung der Auslandsschulden und raus mit dem IWF.

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