Antisoziale Impfpflicht tritt in Kraft, während die Regierung sonstige Schutzmaßnahmen aufhebt

16.03.2022, Lesezeit 4 Min.
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Foto: MB.Photostock / shutterstock.com

In Deutschland steigen die Infektionszahlen auf neue Höchstwerte mit einer Inzidenz von 1607,1 (Stand 16.3.2022). Innerhalb von 24 Stunden wurden 269 neue Todesfälle verzeichnet, wobei man davon ausgeht, dass die tatsächlichen Gesamtzahlen deutlich höher liegen, da viele Infektionen unerkannt bleiben. Dennoch sollen am 20. März die meisten schärferen Maßnahmen aufgehoben werden.

Da das Infektionsschutzgesetz am 19. März ausläuft, wird der Bundestag in den kommenden Tagen einen neuen Entwurf vorstellen, der nur noch grundlegende “Basisschutzmaßnahmen” auf Bundesebene festlegen soll. Diese schließen eine Maskenpflicht im Zugverkehr, Pflegeheimen, Kliniken und Flugzeugen ein – aber nicht mehr an Arbeitsplätzen, in Schulen und Universitäten.

Mit einer sogenannten “Hotspot-Regelung” sollen unter bestimmten Bedingungen härtere Maßnahmen länderübergreifend wieder möglich sein. Viele Länder haben allerdings jetzt schon angekündigt, am 20. März nicht alle Maßnahmen vollständig aufzuheben. Der Berliner Senat hat beispielsweise eine Verlängerung bis 1. April beschlossen.

Während die Kliniken seit Jahren, und besonders seit Beginn der Pandemie, von einer enormen Belastung sprechen und nicht genug Geld für das Gesundheitswesen, eine richtige Impfkampagne, sicheren Schulunterricht usw., da war, werden nun 100 Milliarden Euro in Aufrüstung gehen. Und all das auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung, der Studierenden, der Schüler:innen und Rentner:innen.

Obwohl die Situation in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen weiter schwierig ist und die Infektionszahlen täglich Höchstwerte erreichen, sollen nun viele Maßnahmen aufgehoben werden. Aber das ist noch nicht genug: Zusätzlich soll ab dem 16. März eine Teilimpflicht in Kliniken, Pflege- und Erziehungseinrichtungen durchgesetzt werden. Die Bereiche, die seit Jahren totgespart werden und unter extremen Personalmangel leiden, sollen nun auf Teile ihres Personals verzichten. Schon wieder werden nun in der x-ten Welle die Folgen einer katastrophalen Corona-Politik der alten und neuen Bundesregierung auf die arbeitende Bevölkerung abgewälzt.

Dass eine sofortige Umsetzung der Teilimpflicht die Lage im Gesundheits- und Pflegesystem, aber auch des Sozial- und Erziehungsdienstes eher verschärfen würde, hat man aber auch schon gecheckt, weshalb die verschiedenen Bundesländer auf unterschiedlichste Verfahren setzen, die sich teilweise Monate ziehen werden.

Wir lehnen eine solche Impfpflicht weiterhin ab. Sie soll nur verschleiern, dass die neoliberale Kürzungspolitik im Gesundheitssystem und die Aufrechterhaltung der nicht-essenziellen Produktion für die Profite von Großkonzernen und -aktionär:innen zu jedem Preis für die anhaltende Pandemie verantwortlich ist. Die Bundesregierung ist dabei gescheitert, Millionen Menschen vom Nutzen der Impfung zu überzeugen und droht Arbeiter:innen nun direkt mit Jobverlust und anderen Repressalien. Stattdessen müssen die Gewerkschaften endlich ordentliche Impfkampagnen in den Betrieben organisieren, weiterhin geduldige Aufklärung betreiben und Impfungen während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz möglich machen. Des Weiteren braucht es weiter die Möglichkeit flächendeckend kostenlose Schnelltests zu erhalten. Zwar gibt es noch kein fertiges Konzept für Tests nach dem 20. März, dennoch sieht es jetzt schon so aus, dass die Möglichkeiten wieder stark eingeschränkt werden sollen.

Stattdessen müssen die Beschäftigten, Schüler:innen und Studierenden selbst gemeinsam entscheiden, welche Infektionsschutzmaßnahmen auch nach dem 20. März aufrechterhalten werden sollen und über die Durchsetzung selbst entscheiden. Dafür könnten Betriebsversammlungen bzw. Vollversammlungen an Schulen und Universitäten einberufen werden, aus denen heraus gemeinsame Konzepte erarbeitet werden können. Auch wenn viele Verläufe aktuell milder verlaufen, als bei vorherigen Varianten, sterben weiterhin hunderte Menschen jeden Tag an Covid. Dazu kommt, dass die Auswirkungen von Long Covid weiterhin kaum erforscht sind, obwohl ca. zehn bis 15 Prozent der Erkrankten darunter leiden – wenn die Infektion weiter durchrauscht, werden das allein in Deutschland mehrere Million Menschen.

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