Amazonas: Stoppen wir die räuberische Gier von Bolsonaro und den Kapitalist*innen

26.08.2019, Lesezeit 20 Min.
Übersetzung:
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Die Waldbrände im Amazonas führen zu Reaktionen von Menschen in aller Welt. Die revolutionäre Linke in Brasilien stellt sich klar gegen die von Bolsonaro und der Agrarindustrie geförderten Brände, stellt sich jedoch auch gegen die Imperialist*innen. Eine Stellungnahme der Bewegung Revolutionärer Arbeiter*innen (MRT) aus Brasilien.

Der Rauch, der vergangene Woche den Himmel von São Paulo, sowie einen Teil der Bundesstaaten Mato Grosso do Sul und Pará bedeckte, ließ es so aussehen, als würde es um 15 Uhr dunkel werden. Leider handelte es sich dabei nicht um ein Naturphänomen, sondern um brutale Realität. Diese Realität ist das Ergebnis einer Raubpolitik, die von Bolsonaro im Namen der Agrarwirtschaft und des Bergbaus betrieben wird und deren Ziel es ist, alles zu zerstören, was ihr im Weg steht.

Die Dunkelheit wurde durch die Ankunft einer Kaltfront verursacht, die Winde mit einer riesigen Masse an Materie brachte, die von Bränden an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul mit Paraguay und Bolivien stammten. Die Tatsache erlangte schnell internationale Bekanntheit und wurde zu einer Warnung vor dem Verfall der natürlichen Ressourcen und der Umweltzerstörung, die durch die Profitgier der Kapitalist*innen vorangetrieben wird.

Das Phänomen ist eine direkte Folge von Bolsonaros Entwaldungsinitiativen. Seine Reden und Maßnahmen zur Flexibilisierung des Umweltgesetzes befeuern die Großgrundbesitzer*innen, die vom Präsidenten angespornt den Amazonas in Flammen aufgehen lassen und ihren Landbesitz in der gesamten Region ausweiten. Es ist ein indirektes Ergebnis jahrelanger Politik, in denen alle Regierungen, von Fernando Henrique Cardoso aus den 90ern bis hin zu Lula und Dilma der PT (Arbeiter*innenpartei), der Agrarwirtschaft, die mehr und mehr Land für Weiden und Sojabohnen will, Milliarden gegeben haben.

Die Feuerspur, die selbst vom Weltraum aus sichtbar ist, begleitet die Expansion des Agrarsektors und hinterlässt eine Spur aus dem Blut von Ureinwohner*innen, Quilombolas, den Nachfahren entflohener Sklav*innen, und traditionellen Bevölkerungen und dezimiert die einheimische Flora und Fauna. Die Konfliktzonen im Land wachsen, während Bolsonaro den Landraub durch die Großgrundbesitzer*innen unterstützt und die Bewegungen, die für eine Agrarreform kämpfen, kriminalisiert. Er will sogar den Waffenbesitz auf dem Land freigeben, damit noch mehr Anführer*innen der Bewegung für das Recht auf Land ermordet werden.

Die gleichen absurden Lügen von Bolsonaro, die wir im Bezug auf den Brand hören, finden sich in seiner Leugnung des Mordes an einer indigenen Aktivistin bei einem Konflikts mit Minenbesitzer*innen; wir finden sie in der wachsenden Zahl von Dämmen, die vom Zusammenbruch bedroht sind, wir sehen sie in jedem Großbau, um den Raubbau zu befriedigen, wie es sie selbst im Herzen des Amazonas immer mehr gibt.

Die Brände wurden von den Grußgrundbesitzer*innen bewusst und kriminell organisiert: Es gab einen „Tag des Feuers“, der von Zeitungen im Südwesten des Bundesstaats Pará ausgerufen und beschworen wurde, wie sogar die wichtige bürgerliche Zeitung Folha de São Paulo berichtete. Die Region mit den meisten Bränden liegt an der Landstraße BR-163, die den Norden Mato Grosso mit den Häfen von Pará verbindet. Bolsonaro hatte die Asphaltierung gerade dieser Straße besonders beworben. Diese Infrastrukturpolitik erscheint in den Leitartikeln der Mainstream-Medien immer als eine der Errungenschaften der reaktionären Regierung.

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Satellitenfoto von Feuerausbrüchen auf der BR-163, einer Route für den Sojatransport zwischen den Städten von Tenente Portela (im Süden des Landes) und Santarém (am Amazonas).

Die Brandrodung steht im Einklang mit Aussagen von Bolsonaro, in denen er sagte, dass er selbst dies tun würde. Angesichts der Katastrophe jedoch warf er den NGOs vor, was die Agrarindustrie getan hatte.

Die Karte der Zerstörung durch das Feuer stimmt genau mit der Karte überein, wo der Sojabohnenanbau am weitesten fortgeschritten ist:

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Nach Angaben des brasilianischen Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE) stiegen die Brände im ganzen Land um 82 % an im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2018. Mehr als die Hälfte dieser Ausbrüche findet dazu noch im Amazonasgebiet statt. Der Bundesstaat Mato Grosso führt die Liste mit der höchsten Anzahl von Bränden an (19 % der Gesamtzahl). Hier nahmen die Brände im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 88 % zu. Nach Angaben des Instituts wird die hohe Zahl der Brände durch die fortschreitende Entwaldung vorangetrieben, die wiederum mit der Zunahme der Anbauflächen für Sojabohnen einhergeht.

Die Regierung von Bolsonaro versuchte, die Daten zu verbergen, indem sie den ehemaligen Direktor des INPE, Ricardo Galvão, als Reaktion auf die Veröffentlichung alarmierender Daten entließ. Die Situation wurde jedoch auch vom Referenzsatelliten AQUA_M-T aufgezeichnet, der von der NASA verwaltet wird. Diese veröffentlichte eine Studie, die besagt, dass die Anzahl der Brände von Januar bis August 2019 die höchste in den letzten fünf Jahren und doppelt so hoch sei wie die vom INPE veröffentlichten Daten. Demnach verlor der brasilianische Amazonas zwischen 2000 und 2017 mehr Wald als die gesamte Fläche Deutschlands.

Die Verbindung der Interessen der Agrarindustrie mit dem Obskurantismus der extremen Rechten

Die Ausrichtung von Bolsonaro auf die Agrarindustrie und die Bergbauunternehmen ist mehr als offensichtlich. Seit der Amtseinführung ergriff er unzählige mörderische Maßnahmen für die Umweltzerstörung und gegen die traditionelle Bevölkerung und die indigenen Völker. Um nur einige zu nennen: die Ernennung des (Anti-)Umweltministers Ricardo Salles, der wegen Verbrechen gegen die Umwelt angeklagt ist; der wahllosen Freisetzung potenziell krebserregender Pestizide (von denen einige in anderen Ländern verboten sind); der Änderung von 16 Artikeln des Forstgesetzbuches, die Lizenzen für die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, des Cerrado und des Atlantischen Regenwaldes „entbürokratisieren“; die Delegitimierung der alarmierenden Daten über die Abholzung durch die INPE, was zur Entlassung des Präsidenten Ricardo Galvão führte; die Revision von 334 Naturschutzgebieten; der Versuch, Umweltreserven auszulöschen; dazu kommt seine Absicht, den Kleinbergbau auf indigenem Land zu legalisieren; die Aussetzung von Umweltinspektionen ohne vorherige Ankündigung; die Kürzung der Interventionsmöglichkeit des Umweltinstituts IBAMA und die Erleichterung von Waffenbesitz für Grundeigentümer*innen.

Diese Politik der Umweltzerstörung entsteht durch ein Zusammentreffen aus unterschiedlichen Interessen. Auf der einen Seite steht die unbegrenzte Gier der Großgrundbesitzer*innen und auf der anderen die obskurantistische und reaktionäre Mentalität der extremen Rechten. Diese ignoriert jegliche wissenschaftlichen Erkenntnisse, leugnet die globale Erwärmung und behauptet sogar zum Teil, die Erde sei flach. Während seine Regierung Zerstörungsmaßnahmen durchführt, macht sich Bolsonaro über die Situation lustig, indem er Journalist*innen auf Fragen zur Umweltverschmutzung vorschlägt, dass sie „jeden zweiten Tag kacken sollen, damit es besser wird“; er sagte außerdem, dass Umweltbewusstsein etwas für „Veganer ist, die nur Gemüse essen“. Bolsonaro ist außerdem Teil einer der obskurantistischen Gruppe, die behauptet, dass die „These“ der globalen Erwärmung erfunden wurde, damit NGOs von den Kämpfen zur „Weltrettung“ profitieren können, und dass diese und nicht die Grundbesitzer*innen die Kriminellen wären.

In diesem Sinne ist der antiökologische Diskurs von Bolsonaro eine Erweiterung des Diskurses von Trump und der globalen extremen Rechten, der in gleicher Weise die globale Erwärmung ablehnt, Klimaabkommen bricht und die Umweltgesetzgebung zugunsten der US-amerikanischen Agrarindustrie und Industriegiganten überarbeitet.

Der Vormarsch der Agrargrenze zielt auf den Amazonas

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Die Waldbrände machten das Ausmaß der Umweltkatastrophe deutlich, das die Politik von Bolsonaro bereits hervorgerufen hat. Dennoch ist es notwendig, sich mit der die Geschichte der Ausweitung der Agrargrenze zu beschäftigen. Sie ist die Haupttriebkraft hinter dieser Verwüstung und nur mit ihr lässt sich das aktuelle Stadium der Umweltzerstörung verstehen.

Seit dem Beginn des Sojaanbaus in der Cerrado-Savanne hat sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche in den 1980er und 1990er Jahren rasch bis in den Mittleren Westen ausgedehnt. Der Anstieg der Rohstoffpreise in den 2000er Jahren verstärkte diesen Prozess nur. Nicht einmal die Weite des Mittleren Westens reichte aus, um den endlosen Appetit des brasilianischen Großgrundbesitzes zu stillen, der technologisch und finanziell vollständig mit dem Imperialismus und dem Finanzkapital verschmolzen ist, das in der brasilianischen Landschaft und vor allem an der Amazonasgrenze voranschreitet. Im Jahr 2003, als der Kandidat der Arbeiter*innenpartei PT, Lula, die Macht übernahm, befanden sich die großen Ländereien auf 214,8 Millionen Hektar. Zum Zeitpunkt der Amtsübergabe an seine Nachfolgerin Dilma Rousseff zählten die Großgrundbesitze mit 318 Millionen Hektar Land.

Angesichts der Erschöpfung des Bodens in der zentralen Region des Landes wandten sich die Augen der Grundbesitzer*innen auf die nördliche Region und den Amazonas, der zur neuen Grenze der Expansion wurde. So betrug die Sojaproduktion in der nördlichen Region 1990 nur 0,2 Tonnen, im Jahr 2013 stieg sie auf 3,3 Millionen Tonnen an. Bis 2018 produzierte allein der Bundesstaat Tocantins bereits 3,1 Millionen Tonnen Sojabohnen, und die nördliche Region erreichte bereits 5,9 Millionen Tonnen.

Während der PT-Regierungen unter Lula und Dilma Rousseff hatten die großen Agrarproduzent*innen prominente Sprecher*innen in den Ministerien, zum Beispiel mit der ehemaligen Präsidentin des Lobbyverbandes für Landwirtschaft CNA, Kátia Abreu als Landwirtschaftsministerin. Es existierten reichlich Anregungen zum Ausbau der Grundbesitze, mit der Verfügbarkeit enormer Finanzmittel, um die Rekordernten, die zur Versorgung der unersättlichen chinesischen Märkte bestimmt waren, weiter zu steigern. Während die Agrarwirtschaft 1984 12 % des BIP ausmachte und 1993 auf 6 % gesunken war, stieg sie während der PT-Regierungen stark an und erreichte 2015 23,5 % des BIP, den gleichen Prozentsatz wie 2017. Daher ist das Narrativ der PT, die sich von der Verantwortung für die alarmierende Eskalation der Verwüstung des Amazonas-Regenwaldes befreien will, falsch.

Ohne das Verständnis dieser Transformationen des Agrarsektors für die Dynamik der brasilianischen Wirtschaft – die auf die politische Ebene übergegangen sind – ist es unmöglich, die Ursprünge der (Anti-)Umweltpolitik der jetzigen Regierung zu lokalisieren. Diese neue Fraktion der grundbesitzenden Klasse, die aus dem Mittleren Westen und Paraná kommt, hat seit ihrem Bruch mit dem Projekt der Klassenversöhnung der PT eine wichtige Rolle bei der Akzeptanz des institutionellen Putsches 2016 gespielt und ist zu einem der Protagonisten der reaktionären Putschagenda geworden. Sie fanden in Bolsonaro einen Verbündeten für die harte Anwendung von Sozialkahlschlag und umweltfeindlicher Politik.

Die Unvereinbarkeit zwischen dem Kapitalismus und vermeintlichen „grünen“ Alternativen

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Die Wahl von Bolsonaro war der Triumph des bürgerlichen Projekts der Rückentwicklung des Landes. Wie die globale Bourgeoisie haben auch die brasilianischen Kapitalist*innen angesichts der „säkularen Stagnation“ kein Wachstumsprojekt zu bieten. Im globalen Kontext hat der senile Neoliberalismus, der auf dem Entzug von Rechten und der Überausbeutung von Arbeiter*innen beruht, keinerlei Wirkung mehr. In Brasilien bedeutet dieses Projekt angesichts unserer untergeordneten Position in der Teilung der globalen Arbeit als „Kornkammer der Welt“ neben der Intensivierung der menschlichen Ausbeutung auch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen und deren Zerstörung. Im Kontext des Handelskrieges und des harten nationalistischen Wettbewerbs zwischen den Ländern liegt der komparative Vorteil der brasilianischen Bourgeoisie in der hohen Produktivität der Landwirtschaft, die sie auf Kosten der Erweiterung der Grundbesitze in Richtung des Amazonas ausbauen will.

Die brasilianische Agrarindustrie will die neuen Exportmöglichkeiten nach China nutzen. China führte Zölle auf US-amerikanische Sojabohnen als Gegenmaßnahme auf die Erhebung von US-Zöllen auf chinesische Waren ein. Diese Zölle lassen die Preise der US-Sojabohnen in die Höhe schnellen. Als das US-Getreide teurer wurde, ersetzte China die Importe aus den USA durch Produkte aus Brasilien. Damit wurde Brasilien zum größten Exporteur von Sojabohnen nach China – und in die Welt. Im Jahr 2018, dem ersten Jahr des Handelskrieges, stiegen die brasilianischen Exporte nach China im Vergleich zu 2017 um 35 % und führten zu einer positiven Handelsbilanz für Brasilien von 30 Milliarden US-Dollar. Soja war der größte Nutznießer, mit zusätzlichen sieben Milliarden Dollar an Exporten nach China im Vergleich zu 2017. Es ist eine Monstrosität, dass der Amazonas durch den Profitgier der Kapitalist*innen zerstört wird, und durch Bolsonaro, der sie begünstigt.

In diesem Zusammenhang wird der Amazonas-Regenwald, ein einzigartiges Erbe der biologischen Vielfalt der Welt, zu einer weiteren Schauplatz für Streitigkeiten über kapitalistische geopolitische Interessen. Die Politik der Umweltzerstörung von Bolsonaro löste Reaktionen aus Deutschland und Norwegen aus, die sich durch die Kürzung des milliardenschweren Amazonasfonds auswirkten, der Programme zur Überwachung und Bekämpfung der Entwaldung finanziert. Frankreich und Irland erklärten ihr Interesse, dass Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur zu stoppen und Macron machte die Amazonas-Brände zu einem Thema auf dem G7-Gipfel in Biarritz. Dieses reaktionäre Treffen der imperialistischen Führungen, an dem die Regierungen der sieben reichsten Länder der Welt teilnehmen, versammelt diejenigen, die am meisten von Entwaldung und Agrobusiness profitieren und die die Rechte der unterdrückten Völker und Arbeiter*innen angreifen und Raubkriege in Afrika und dem Nahen Osten fördern.

Die Heuchelei des europäischen „grünen Imperialismus“ ist endlos. Das Getreide-Agrargeschäft in Brasilien wird vollständig von imperialistischen tradern kartellisiert, die den Vertrieb von transgenem Saatgut, Pestiziden, Düngemitteln, Silos, Logistik und dann deren Vermarktung dominieren. Die vier Handelsfirmen, die das Land dominieren, sind die US-amerikanischen Cargill und ADM, die französische Dreyfuss und die niederländische Bungee. Diese vier Unternehmen besitzen allein 80 % des Sojahandels in Mato Grosso, stehen aber in zunehmendem Wettbewerb mit der chinesischen COFCA, der russischen Sodrujestevo, der japanischen Mitsui und der Amaggi-Gruppe von Blairo Maggi, dem ehemaligen Gouverneur von Mato Grosso. Diese imperialistischen Unternehmen verkaufen Saatgut von Unternehmen mit europäischem Kapital, wie z.B. die deutsche BayerCropScience, die das US-amerikanische Unternehmen Monsanto übernommen hat. Selbst der vermeintlich ökologische norwegische Kapitalismus profitiert von der brasilianischen Verwüstung, das größte Düngemittelunternehmen der Welt, das norwegische Staatsunternehmen Yara, hat mehr als 25% seines Weltumsatzes auf dem brasilianischen Markt.

Bolsonaro spricht von der Verteidigung der nationalen Autonomie, eine Heuchelei für eine Person, die als Vasall des US-Imperialismus agiert und am selben Tag die Privatisierung von 17 staatlichen Unternehmen ankündigt. Bolsonaro sagt, dass sich seine Regierung nicht den Auflagen der EU-Länder beugen wird, „indigene Ländereien abzugrenzen“ und die Anwesenheit ausländischer NGOs zu akzeptieren.

Dieser Skandal und dieses Verbrechen ereignet sich mitten in der lateinamerikanischen Klimawoche in Salvador, im Nordosten des Landes, in der der Umweltminister ausgebuht wurde, aber auch während den Vereinbarungen der UNO-Klimakonferenz (COP), zu deren erklärten Zielen die Kontrolle der Luftverschmutzung gehört und die den imperialistischen Ländern dienen, andere Technologien, Waren und Dienstleistungen anzubieten, um die Verschmutzungen durch ihre Unternehmen wie Yaras oder Bayer-Monsanto abzumildern und daraus noch mehr Profit zu schlagen.

Die barbarischen Formen der kapitalistischen Akkumulation im Amazonasgebiet und in der Cerrado-Savanne nehmen mit Bolsonaro eine viel brennendere und gewalttätigere Form an, obwohl sie bereits unter den PT-Regierungen stattfand. In beiden Fällen richtete sie sich an den imperialistischen Profit. Ähnlich katastrophal wie die Barbarei des Kapitalismus im Amazonas ist das Fracking zur Produktion billigen Erdgases in Australien und den Vereinigten Staaten, das ganze Flüsse entflammbar und Leitungswasser lebensgefährlich macht. Genauso wie die endlosen Smogwolken in China und Indien ist der Sonnenuntergang um 15.00 Uhr in São Paulo nur der Beginn von weiteren Epidemien und Katastrophen, von der dystopischen Zukunft, die der Kapitalismus uns aufzwingt, wenn wir ihn nicht stoppen.

Angesichts der imperialistischen Heuchelei, der ungezügelten Barbarei der Agrarwirtschaft und des Bergbaus im Land, ist die völlige Unfähigkeit, die Fortsetzung dieser Verwüstung im Kapitalismus zu verhindern, mehr als offensichtlich. Wieder einmal sind es die Sektoren der Jugend, die diese katastrophale Perspektive, die der Kapitalismus ihnen auferlegt, deutlicher spüren und und sich dagegen wehren. In verschiedenen Teilen der Welt sind junge Menschen die Protagonist*innen zahlreicher Demonstrationen gegen den durch Umweltzerstörungen verursachten Klimawandel, wie z.B. „Fridays Fot Future“ in Europa. In Brasilien stehen junge Menschen auch an vorderster Front bei der Infragestellung der verheerenden Politik von Bolsonaro. Es bedarf eines antikapitalistischen Programms und einer antikapitalistischen Strategie auf der Seite der Arbeiter*innenklasse, damit diese junge Generation für ihre Zukunft kämpfen kann.

Es ist notwendig, die sofortige Aussetzung aller milliardenschweren Subventionen an die Grundbesitzer*innen und die sofortige Verwendung des Geldes für die Bekämpfung von Bränden, für Aufforstung und Naturschutz durchzusetzen. Eine radikale Agrarreform ist notwendig, um die Großgrundbesitze im Land abzubauen, Land an diejenigen zu verteilen, die dort arbeiten wollen, die Autonomie und Vollständigkeit der indigenen und quilombolanischen Ländereien zu garantieren. Die kleinen Grundstücke in den Städten sowie die kleinen Landbesitzer*innen auf dem Land müssen beschützt werden und die großen Bauernhöfe und Fabriken unter die Kontrolle derer gestellt werden, die dort arbeiten. Angesichts der Milliarden von Dollar, die jährlich in Sojabohnen, Mais und Fleisch auf Kosten der Umwelt- und Menschenzerstörung exportiert werden, ist es notwendig, eine Kampagne für die entschädignungslose Verstaatlichung aller Handelsfirmen und ihrer milliardenschweren finanziellen, logistischen und technologischen Ressourcen zu starten. Der staatliche Besitz dieser Unternehmen würde ein staatliches Monopol auf den Sojahandel bedeuten, sodass dieser Reichtum nicht nur einer Handvoll Imperialist*innen und Grundbesitzer*innen dienen kann. Ein staatliches Unternehmen, das von den Arbeiter*innen kontrolliert wird, würde den Einsatz der modernsten Technologien, die heute für Profit und Verwüstung verwendet werden, für die menschliche Entwicklung und andere Stoffwechselvorgänge ermöglichen in Harmonie mit der Natur und allen traditionellen und indigenen Völkern. Diese Ressourcen unter der Kontrolle der Arbeiter*innen zu stellen würden es ermöglichen, zusammen mit Wissenschaftler*innen und Bevölkerungsgruppen der Region Forschungsinstitute zu schaffen, um neue Beziehungen zwischen den Menschen uter sich und der Natur zu verwirklichen.

Ein solches antikapitalistisches Arbeiter*innenprogramm wäre ein mächtiger Hebel, damit die Arbeiter*innen den Kampf für eine radikale Agrarreform in ihre Hände nehmen, zusammen mit den Bäuer*innen, den Quilombolas und indigenen Völkern, um dieses koloniale und sklavenhalterische Erbe des Großgrundbesitzes zu beseitigen und allen, die auf dem Land arbeiten wollen, Land, Kredit und Technologie anzubieten.

Die gegenwärtige Phase der kapitalistischen Entwicklung bekräftigt den Widerspruch zwischen der inneren Dynamik des Akkumulationsprozesses und dem Aufbau nachhaltiger Alternativen; sie erzeugt aber auch die technischen Möglichkeiten und das soziale Subjekt, das es überwinden kann: die Arbeiter*innen. Die technologische Entwicklung wird heute noch immer dem Ausbau der räuberischen Nutzung von Ressourcen untergeordnet. Der Wettbewerb zwischen den Nationen verwandelt den Umweltdiskurs in Demagogie, so dass die entwickelten Nationen, die die größten Verschmutzer der Welt sind, das Wachstum der Entwicklungsländer mit Nachhaltigkeitszielen einschränken.

Die Veränderung dieser Realität benötigt einen radikalen Wandel in der Gesellschaft, in der wir leben. Es gibt keinen möglichen historischen Ausgleich zwischen einer auf Gewinn ausgerichteten Produktion – deren unerbittliche Dynamik die Anhäufung von Kapital ist – und irgendetwas Ähnlichem wie der rationellen und umweltgerechten Nutzung natürlicher Ressourcen. Nur der Aufbau einer Gesellschaft, die von den Klauen des Kapitals befreit ist und somit auf der Grundlage frei assoziierter Produzent*innen wird dazu in der Lage sein, die räuberische Ausbeutung der Natur, die Umweltkrise und das soziale Elend, dem wir ausgesetzt sind, zu überwinden.

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