„Aktionstag gegen Online-Hetze“: Interview mit einem Geschädigten der Polizeikampagne
Felix wurde am "Aktionstag gegen Online-Hetze" Geschädigter einer bundesweiten Kampagne der Polizei mit mehreren Hausdurchsuchungen. Wir durften mit ihm dazu ein kurzes Interview führen.

Was ist gestern morgen passiert?
Ich wurde gestern morgen von der Polizei, und meinem Vater, da ich bei meinen Eltern wohne, aufgeweckt. Sie haben mir dann gesagt, dass es diesen Fall mit zwei ermordeten Polizist:innen gab und sie dem deshalb bundesweit nachgehen und meine Wohnung als Beschuldigter durchsucht wird.
Was wird dir vorgeworfen?
Ich habe, laut der Polizei, einen Tweet geliked, der damit wohl in Verbindung stehe und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener sei. Der besagte Tweet: „Schweigeminute für bullen? […] Ich trauere wenn unschuldige sterben, nicht wenn die killer selber mal dran glauben müssen.“ Gefunden haben die anwesenden Polizisten den Tweet, und somit auch Like, nicht. Ich kann mich auch nicht daran erinnern und kenne den Account, von dem der Tweet stammt, nicht.
Cool, die Polizei kam jetzt wegen einem angeblichen like hier an und hat mein Handy mitgenommen.
Denke nicht, dass man sich darauf vorbereiten kann, falls man auch betroffen ist. Aber Vorsicht!Vielleicht mal Tweets löschen bei denen sich so'n Richter auf die Füße getreten fühlt pic.twitter.com/V0K7J6t3Nm
— lixi🗿 (@unfollowdreamy) June 20, 2022
Sind dir bei der Hausdurchsuchung irgendwelche Dinge am Verhalten der Polizist:innen aufgefallen?
Aufgefallen ist mir nichts, außer dass Pistolen für so eine Durchsuchung schon sehr hart sind, aber dass ist ja leider die Norm. Sie haben mein Handy genommen, explizit nach dem Tweet und Like gesucht, nichts gefunden, es aber zur genaueren Untersuchung mitgenommen. Dazu haben sie auch ein Ladekabel verlangt, was wiederum komisch ist.
Was vielleicht noch erwähnenswert ist: Sie haben gefragt, ob sich auf meinem PC etwas illegales befindet und ob sie den durchsuchen müssen. Ich habe das natürlich verneint und dann war das gegessen. Das wirkte auf mich jetzt nicht gerade professionell.
Wie fühlst du dich in dem Wissen, dass Rechtsterroristen wie die Attentäter von Hanau und Halle monatelang im Internet ihre Gewaltphantasien konsequenzlos ausleben durften und deine Wohnung durchsucht wird, wegen eines angeblichen Likes?
Ich fühle mich ehrlich gesagt nicht anders als sonst. Mir war klar, dass dieser Staat und somit auch die Polizei nicht nur blind auf dem Rechten Auge sind, sondern diese nicht selten noch unterstützen.
Das ist offensichtlich scheiße, aber deshalb versuche ich mich auch politisch zu engagieren. Gerade, dass zurzeit wegen des Kriegs in der Ukraine fast täglich schwarze Sonnen gepostet werden und Rechte ach so ironisch das N-Wort schreiben können, ein angeblicher Like aber wichtiger ist, zeigt, welches Interesse die staatlichen Institutionen haben.
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