AfD kriegt in Berlin nur ein Häuflein mobilisiert

26.10.2015, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

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// Beim Protest gegen Rassist*innen in Berlin werden strategische Grenzen sichtbar. Auf “Merkel muss weg” muss mit antirassistischer Massenmobilisierung für ein soziales Programm geantwortet werden. //

Pathetisch wehende Deutschlandfahnen, Bärgida-Stammpublikum und Pappschilder mit der Aufschrift “Asyl braucht Grenzen” – seit der ersten Demonstration der selbsternannten “Berliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes” nichts Neues. Doch am Samstag war etwas anders als sonst: Die rassistische Demonstration wurde organisiert von der Alternative für Deutschland (AfD), die sich gleich mit einem Transparent mit der inhaltsvollen Beschriftung “Wir sind die Guten” präsentierte.

Die AfD, die sich mittlerweile zum politischen Arm der PEGIDA-Bewegung entwickelt hat, führt gerade in verschiedenen deutschen Städten – mal mehr, mal weniger erfolgreich – eine Offensive durch. Bis zu einer geplanten Großkundgebung am 7. November will die AfD jeden Samstag durch Berlin marschieren. Für’s Erste folgten ihrem Ruf statt der angemeldeten 500 aber nur ungefähr 170 Patriot*innen.

Die antifaschistische Gegendemonstration, die vom S-Bahnhof Tiergarten bis zum Konrad-Adenauer-Haus führte, konnte zwar doppelt so viele Teilnehmer*innen mobilisieren, aber dem massiven Polizeiaufgebot nichts entgegensetzen. Die Polizei machte ein Herankommen an die AfD nahezu unmöglich. Die Route der Rassist*innen wurde rigoros abgeschirmt.

Als der AfD-Umzug, begleitet von mehreren Einsatzwagen der Polizei, am U-Bahnhof Wittenbergplatz ankam, änderte sich allerdings die Situation. Viele der Menschen, die dort unterwegs waren, zeigten sich empört von der offen zur Schau gestellten rechten Hetze, und machten dies durch Sprechchöre deutlich. Vor allem migrantische Jugendliche scheuten dabei auch keine Konfrontation, da sie genau wussten, dass diese Demonstration gegen sie gerichtet war. Zusätzlich wurden sie auch durch eine stolz getragene Israel-Fahne aufseiten der AfD provoziert, woraufhin einige der Jugendlichen “Freiheit für Palästina” riefen.

Revolutionäre Perspektive?

Die autonome Antifa konzentriert sich auf Mobilisierungen gegen Nazis und Rassist*innen, ohne eine eigene politische Perspektive aufzuzeigen. Die Grenzen einer solchen Strategie wurden allerdings im Laufe des Tages deutlich. Die Kosten der so genannten „Flüchtlingskrise“ haben die Arbeiter*innen zu tragen, während sich deutsche Unternehmen durch die Ausbeutung der Geflüchteten bereichern.

Die Ursache dessen ist ganz klar bei der deutschen Regierung und dem deutschen Kapital zu suchen. Leider ist es den meisten Linken anscheinend noch nicht aufgefallen, dass “Halt die Fresse” nicht die passende Antwort auf “Merkel muss weg” ist. Stattdessen muss ein revolutionärer Weg aufgezeigt werden, die Krise des Kapitals im Sinne der Arbeiter*innen – egal welcher Herkunft – zu lösen. Das bedeutet, bessere Löhne, mehr Arbeitsplätze und sozialen Wohnungsbau zu fordern, mit der Perspektive das bürgerliche System, sein Parlament, seine Eigentums- und Unterdrückungsverhältnisse zu zerschlagen. Für ein solches Programm müssen die Arbeiter*Innen mobilisiert werden. Dagegen könnte die AfD genau wie alle anderen bürgerlichen Parteien nichts machen.

Doch gerade wo es notwendig gewesen wäre, den Massen, den Arbeiter*innen, den Jugendlichen und Migrant*innen eine solche Perspektive zu geben, mit ihnen gemeinsame Erfahrungen zu machen und zu zeigen, wie sie sich gegen rassistische Angriffe verteidigen können, war die Berliner Linke nicht da. Lediglich vereinzelt diskutierten Aktivist*innen mit Interessierten oder erzählten den Jugendlichen vom kommenden Schulstreik am 19. November.

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