1. Mai: Zehntausende auf der Straße trotz Repression

06.05.2014, Lesezeit 5 Min.
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// Internationaler Kampftag im Zeichen der Einheit der ArbeiterInnenklasse //

Am 1. Mai war die ganze Innenstadt Berlins von Zehntausenden Menschen gefüllt. Auf der einen Seite waren die vielen Volksfeste, die den internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse, der seit 125 Jahren weltweit begangen wird, entpolitisieren wollen. Auf der anderen Seite waren zahlreiche mehr oder weniger kämpferische und massive Demonstrationen.

Um 10 Uhr begann die traditionelle Gewerkschaftsdemonstration, die durch die Innenstadt zu einem anschließenden Volksfest lief. Wie es zu erwarten war, dominierte die langweilige Routine der Gewerkschaftsbürokratie, die sich für ein „soziales Europa“ aussprach und nicht einmal ihren eigenen Apparat mobilisierte: Von den Hunderttausenden Gewerkschaftsmitgliedern in der Hauptstadt waren nur einige Tausende erschienen. Was vollkommen fehlte, war die Thematisierung des historischen Angriffes auf das Streikrecht, das die Große Koalition im Verbund mit dem Bund Deutscher Arbeitgeber (BDA) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) unter dem Namen „Tarifeinheit“ durchführt. Nur einzelne Gruppen, darunter die im Klassenkampf-Block vertretenen, verurteilten diese Beschneidung demokratischer ArbeiterInnenrechte.

Doch während in Berlin die Routine vorherrschte, war auf den Demonstrationen in München und Hamburg eine Opposition zu der Politik der Gewerkschaftsführung zu vernehmen. In München beteiligte sich RIO mit der SAV an einem anti-imperialistischen Block, der die Gewerkschaften aufforderte, den Kampf der Geflüchteten zu unterstützen und die Kapitulation der Linkspartei vor dem Auslandseinsatz der Bundeswehr im Mittelmeer verurteilte.

In Hamburg hatte der Apparat, gegen den Willen der Basis, die Teilnahme des verhassten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) in der ersten Reihe der Gewerkschaftsdemonstration durchgesetzt. Die SPD Hamburg hat sich in besonderem Maße für ihre unsoziale Politik bekannt gemacht, indem sie mit Gefahrengebieten, Polizeieinsätzen und rassistischen Kontrollen soziale Kämpfe wie den der Geflüchteten unterdrückt. Als GewerkschafterInnen mit einer Sitzblockade protestierten, wurde diese von der Polizei geräumt. Im Anschluss sollte ein Volksfest vor und im Gewerkschaftshaus stattfinden, doch da die BürokratInnen die Störung „ihrer“ Feier befürchteten, riefen sie die Polizei, die den Eingang zum Gewerkschaftshaus für linke GewerkschafterInnen blockierte. Erneut wird die reaktionäre Rolle der Gewerkschaftsbürokratie deutlich, die selbst am internationalen Tag der ArbeiterInnenklasse die Staatsgewalt zur Hilfe nimmt, um gegen ihre eigene Basis vorzugehen.

In Berlin gab es jedoch, wie in anderen Städten auch, ein Gegenprogramm. Im Mittelpunkt standen die kämpferischen Refugees am Oranienplatz. Seit gut drei Wochen befinden sich dort mehrere Geflüchtete im Hungerstreik und fordern unter anderem die Anerkennung der besetzten Schule in der Ohlauer Straße. In den Vortagen schwebte eine mögliche Räumung des Hungerstreiks in der Luft, damit das unpolitische „MyFest“ am Oranienplatz stattfinden konnte, doch diese wurde nicht durchgeführt. AktivistInnen von RIO waren nicht nur am Oranienplatz, sondern haben auch auf der Gewerkschaftsdemonstration die Unterstützung des Kampfes aller Geflüchteter durch die Organisationen der ArbeiterInnen gefordert. Das Bündnis Refugee Schul- und Unistreik organisierte mehrere Stände, wo T-Shirts und Essen verkauft wurde, um den March for Freedom, der am 17. Mai von Berlin aus losgeht, zu unterstützen.

Vor der revolutionären Demonstration um 18 Uhr gab es wie in den vorigen Jahren eine SpontanDemonstration, bei der mehr als 2.000 Menschen durch das MyFest zogen und gegen höhere Mieten und die Entpolitisierung des 1. Mai demonstrierten. Am Lausitzer Platz ging die revolutionäre Demonstration unter dem Motto „Gegen Krise, Krieg und Kapital“ los. In den ersten Reihen waren VertreterInnen von Kämpfen aus Griechenland, dem Spanischen Staat, der Türkei und Kurdistan in einem großen Internationalistischen Block, der von den Gruppen ARAB und NAO organisiert wurde, an dem sich auch RIO zusammen mit Waffen der Kritik, Red Brain und unabhängigen AktivistInnen beteiligte .

Mit mehr als 25.000 TeilnehmerInnen war diese Demonstration die größte der letzten 20 Jahren in Kreuzberg – und gleichzeitig die größte 1. Mai-Demonstration dieses Jahr in ganz Deutschland. Durch ein kämpferisches und diszipliniertes Auftreten der Spitze konnte die Demonstration trotz wiederholter Übergriffe der Polizei zu Ende geführt werden, um ein klares politisches Statement vor der SPD-Zentrale zu setzen. Dies ist ein großer Erfolg der revolutionären Linken und zeigt die Effektivität gut organisierter Ketten. Im Widerspruch zu dem, was die Polizei, die bürgerliche Presse und der Berliner Senat wieder einmal über die provozierenden „Chaoten“ und die deeskalierenden PolizistInnen sagte, war es die Polizei, die während der ganzen Demonstration besonders den ersten Block angriff, um ihn aufzuhalten und zu zerstreuen.

Die politische Situation vor den bevorstehenden Europawahlen, die von einer immer aggressiveren Außenpolitik des deutschen Imperialismus geprägt ist, macht eine klare anti-imperialistische Ausrichtung aller linken Organisation notwendig. Die Demonstrationen am 1. Mai zeigte in kleine Ansätze diese Richtung auf. Denn auch hundert Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges heißt es deshalb: Der Hauptfeind steht im eigenen Land.

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