Eine neue Phase des Kampfes

13.03.2014, Lesezeit 5 Min.
1

// SchülerInnen und Studierende streikten am 13. Februar für die Rechte der Geflüchteten //

Der aktuelle Kampf der Geflüchteten geht nun schon seit mehr als zwei Jahren. Radikal brachen sie die Residenzpflicht, organisierten Protestmärsche durch die BRD, traten in Hungerstreiks und besetzten öffentliche Plätze.

Dabei suchten sie immer wieder die breite Unterstützung der Bevölkerung und besonders der unterdrückten und ausgebeuteten Sektoren. Nachdem Hamburger SchülerInnen Geflüchtete der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ in ihrer Turnhalle unterbringen wollten und der Innensenator der SPD dies verbot, entstand die Idee eines Schulstreiks für die Refugees. Am 12. Dezember gingen in Hamburg 5.000 SchülerInnen auf die Straße und setzten ein klares Zeichen der Solidarität, das die Bewegung deutlich stärkte.

Auch in Berlin formierte sich auf Initiative der Jugendgruppen RedBrain und Revolution ein breites Bündnis von Jugendorganisationen, politischen und gewerkschaftlichen Gruppen und unorganisierten SchülerInnen, um einen Schul- und Unistreik für die Geflüchteten zu organisieren. Der direkte Anlass waren die Drohungen durch den Innensenator Frank Henkel (CDU), der das Protestcamp der Geflüchteten am Oranienplatz gewaltsam räumen lassen wollte. Schnell weitete sich das Bündnis aus: Es wurden Streikkomitees an mehr als einem Dutzend Schulen und der Freien und der Humboldt-Universität gegründet, die insgesamt bis zu 200 AktivistInnen gruppierten. An vielen Schulen wurde Geld gesammelt, Theaterstücke von SchülerInnen aufgeführt und Vollversammlungen mit Refugee-AktivistInnen zur Mobilisierung abgehalten. An den Universitäten fanden Teach-Ins statt. Diese Aktivität an der Basis bildete die Grundlage für die Massivität des Streiks.

Es wurde ein Brief an die LehrerInnen geschrieben, in dem sie darum gebeten wurden, keine Strafen zu verhängen und Exkursionen zum Streik zu organisieren. Auch wenn einige LehrerInnen diese Initiative aufgriffen, müssen wir das Bündnis der Lehrenden und Lernenden noch vertiefen, um auch die Führung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unter Druck zu setzen. Sie sollen nicht nur Erklärungen verfassen, sondern die SchülerInnen effektiv vor Repression schützen und eine bundesweite Kampagne an allen Universitäten und Schulen vorantreiben.

Am 13. Februar fanden in vielen Berliner Bezirken Aktionen statt – SchülerInnen gingen durch die Klassen, organisierten Kundgebungen vor den Schulen oder liefen in Zubringerdemonstrationen von hunderten SchülerInnen zum Startpunkt der Demo. Zur Höchstzeit liefen bis zu 4.000 SchülerInnen und Studierende gemeinsam mit Geflüchteten durch die Innenstadt und riefen: „Say it loud, say it clear: Refugees are welcome here!“ Am Oranienplatz angekommen wurden sie euphorisch von den Geflüchteten in Empfang genommen, von denen viele auch schon auf der Demo selbst oder auf Infoveranstaltungen im Vorfeld präsent waren.

Die Polizei wartete mit mehreren Hundertschaften auf die SchülerInnen, verteilte Platzverbote und griff in die Demonstration ein. Am Ende der Demonstration kam es zu sieben Festnahmen von einem Refugee und mehreren minderjährigen SchülerInnen. Das Auftreten der Polizei diente dazu, ein weiteres Mal den Protest der Geflüchteten zu kriminalisieren und ein deutliches Zeichen an die SchülerInnen zu senden, womit sie bei kommenden Aktionen zu rechnen haben. Dem Aufruf zu einer bundesweiten Aktion folgten AktivistInnen aus München, Duisburg, Düsseldorf, Bremen und Stuttgart.

Der Streik hat einiges bewegt: Er hat gezeigt, wie wirksam eine breite Bewegung sein kann, in der SchülerInnen und Studierenden mit ihren Methode – dem Bestreiken des Unterrichtes – die Forderungen der Geflüchteten unterstützen können. Und er hat eine neue Generation von SchülerInnen an die politische Aktivität herangeführt.

Neu ist die Ausweitung des Kampfes auf Strukturen des alltäglichen Lebens der Jugend und anderer gesellschaftlicher Sektoren – das verhindert, dass die Bewegung wieder in individualistische Bahnen gelenkt wird. Die Erfahrungen der letzten Kämpfe der Geflüchteten haben gezeigt, dass weder die demokratischen Forderungen individuell gelöst, noch die Hintergründe des Rassismus und der Flucht so bekämpft werden können. Stattdessen bedarf es einer breiten Bewegung, die zur Zeit von der kämpferischen Jugend angeführt wird.

Doch auch die ArbeiterInnen müssen sich mit ihren Methoden am Kampf ihrer Klassengeschwister beteiligen: Schließlich sind die Geflüchteten ArbeiterInnen, denen der Verkauf ihrer Arbeitskraft verboten wird, oder sie arbeiten zu miserablen Bedingungen ohne Rechte und für die geringsten Löhne. Gleichzeitig wird die rassistische Hetze zur Spaltung der ArbeiterInnenklasse und zur Ausweitung der Prekarisierung benutzt. Nur eine klassenkämpferische Strömung in den Gewerkschaften, die ihre bürokratischen Führungen unter Druck setzt, ermöglicht es, den Kampf gegen den imperialistischen Hauptfeind aufzunehmen, der für die Lebensbedingungen der Geflüchteten und der ArbeiterInnenklasse insgesamt verantwortlich ist.

Auch wenn Teile der Linkspartei die Geflüchteten unterstützen, müssen sie ihre gesamten Möglichkeiten ausnutzen: Die Parlamentssitze müssen in den Dienst der Geflüchteten gestellt werden, die Mobilisierungen müssen aktiv vorangetrieben werden, durch Spenden müssen die existierenden Strukturen unterstützt werden. Doch bisher macht sich die Linkspartei in Ländern, in denen sie eine Regierungsverantwortung besitzt, politisch für Abschiebung von Tausenden Geflüchteten verantwortlich.

In den kommenden Monaten wird die bundesweite Koordinierung von zentraler Bedeutung sein. Die Streikkomitees an Schulen und Universitäten sind dabei von zentraler Bedeutung, um die Solidaritätskampagne kontinuierlich weiterzuführen und den Druck durch die Mobilisierung aufrechtzuerhalten. Es werden verschiedene Aktionen stattfinden und es wird ein großer Schul- und Unistreik Ende Mai geplant.

Mehr zum Thema