Zwei Wochen 2024: Es geht weiter mit rassistischer Polizeigewalt

16.01.2024, Lesezeit 4 Min.
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Symbolbild: Baki / Klasse Gegen Klasse

2024 fängt für die Polizei mit rassistischer Polizeigewalt an Silvester an und geht mit gleich zwei Polizeimorden weiter. Tatort: Wieder einmal NRW, wieder einmal Geflüchtetenunterkunft und wieder einmal in Gewahrsam.

Der 26-jährige Ibrahim Bary aus Guinea wurde in einem psychischen Ausnahmezustand durch mehrere Polizist:innen angegriffen, die dabei zwei Taser einsetzten. Das passierte am 6. Januar in einer Geflüchtetenunterkunft in Mülheim. Ibrahim wurde noch im Krankenwagen zu reanimieren versucht, starb aber später im Krankenhaus an den Folgen der Tasereinsätze.

Nur zwei Tage später kam bereits die nächste Meldung: Ein 28-jähriger Mann starb in Gewahrsam. Auch nach der Obduktion ist die genaue Todesursache unklar. Doch allein die Tatsache, dass ein weiterer Mensch in Gewahrsam sterben musste, macht deutlich, dass das Problem in der Repression durch die Polizei liegt – egal, ob sie nun aktiv oder passiv die Mörder:innen sind.

Es sind gerade einmal zwei Wochen im neuen Jahr vergangen und wir haben schon zwei Tote durch Polizeirepression zu zählen. Es wird immer und immer wieder klar – Oury Jalloh, Achidi John und alle anderen Opfer von Polizeirepression und massiver Polizeigewalt sind keine Einzelfälle. Direkte und indirekte Morde durch die Strukturen der Polizei haben System. Auch gestern auf der jährlichen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration in Berlin kam es zu massiver Repression durch die Polizei und mehrere Menschen im palästinasolidarischen Block wurden schwer verletzt, in einem Fall sogar lebensbedrohlich.

Statt auf reformistische Veränderungen der Polizeistrukturen zu hoffen, müssen wir diese Tode kontextualisieren, also die aktuelle Krisensituation und Regierungspolitik hinterfragen. Es ist eine Phase von Kürzungen in sozialen Sektoren und gleichzeitig Investitionen in Aufrüstung und massiven Rüstungsexporten. In der Obdachlosenhilfe beispielsweise war nie ausreichend Finanzierung da und trotzdem wird jedes Jahr mehr und mehr gekürzt. Dieses Geld wird auf der anderen Seite durch innere Militarisierung in die Polizei gesteckt, die diese Obdachlosen schikaniert, regelmäßig kriminalisiert und festnimmt.

Die Obdachlosenunterkünfte sind überfüllt, die Kältebusse kommen nicht hinterher und auch der finanzielle Druck wird größer. Dasselbe Spiel sehen wir auch an Schulen, wo Kids und Jugendliche in heruntergekommenen, überfüllten Klassenräumen unterrichtet werden – von Lehrer:innen, die größtenteils überarbeitet und ausgebrannt sind. Denn in der Bildung und im sozialen Sektor, wie beispielsweise auch bei Frauenhäusern oder Jugendeinrichtungen, und auch im Gesundheitssektor wird immer krasser gespart. Menschen die darunter leiden, werden kriminalisiert und erleben oft massive Polizeirepression. Wie im Falle der Jugendlichen, die auf der Sonnenallee leben und zur Schule gehen und wegen ihrer Palästinasolidarität dauerkriminalisiert werden oder dem Obdachlosen, der vor wenigen Monaten auf offener Straße von der Polizei erschossen wurde.

Für die Polizei Berlin wurde erst kürzlich ein Sonderpaket von 109 Millionen Euro beschlossen. Die Berliner Senatorin Iris Spranger (SPD) zielt seit Monaten darauf ab, die Polizei flächendeckend mit Tasern auszurüsten. Auch die Stimmen anderer Politiker:innen Berlins und in der Regierung, die eine besser ausgerüstete Polizei verlangen, werden immer lauter – nicht zuletzt seit den Repressionen gegen die pro-palästinensische Bewegung in Deutschland. Selbst die Linkspartei unterstützt die meisten dieser Vorhaben in verschiedenen Bundesländern, beispielsweise in Berlin und Bayern.

Hinzu kommt die rechte Politik, die von Linkspartei und Wagenknecht über die Ampel bis hin zur CDU und AfD aufgefahren wird. Die weitere Beschneidung des Ayslrechts auf europäischer Ebene, Abschiebeoffensiven in Deutschland oder die rassistische Silvesterdebatte befeuern all die Polizeimorde, mit denen wir dieses Jahr noch rechnen können.

All das macht uns vieles deutlich: Die Polizei braucht keine Reformen, sondern sie muss abgeschafft werden. Vollständig. Außerdem können wir uns nicht auf bürgerliche und reformistische Parteien verlassen, die immer mehr Geld in Polizei und Militär stecken werden, als in Bildung, Gesundheit und Soziales. Was wir in diesen Zeiten von enormem Rechtsruck und maximaler Aufrüstung brauchen, ist eine revolutionäre Partei, die den Stimmen der Unterdrückten, der Arbeiter:innen und allen Opfern von Polizeigewalt nicht nur eine Bühne gibt, sondern sie miteinander vereint. Nur gemeinsam können wir eine sozialistische Gesellschaft aufbauen, in der Diskriminierung nicht mehr Normalzustand ist und die Polizei nicht mehr existiert.

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