„Wir treten für eine antiimperialistische Perspektive ein“

05.03.2016, Lesezeit 4 Min.
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Die Jugendlichen planen am 27. April einen bundesweiten Aktionstag gegen Rassismus und Krieg. München nimmt daran ebenfalls teil. Ein Interview mit Marco Blechschmidt (20), Student an der LMU München und Aktivist von Waffen der Kritik München, über die Perspektiven des Jugend gegen Rassismus.

Am 24. Februar hat sich München dem bundesweiten Aktionsbündnis Jugend gegen Rassismus offiziell angeschlossen. Wie sieht die Dynamik in München aus?

Wir beobachten gerade Ansätze einer antirassistischen Jugendbewegung. Von der Beteiligung am Auftakttreffen waren wir positiv überrascht. Es hat sich eine Vielzahl von Organisationen des linken Spektrums beteiligt. Aber es waren auch schon unabhängige Schüler*innen anwesend, die sehr motiviert waren, etwas auf die Beine zu stellen. Schon vor dem Auftakttreffen hatten wir von Waffen der Kritik mit einigen anderen beteiligten Gruppen gemeinsam gegen die Sicherheitskonferenz demonstriert. Das war ein wichtiges erstes Erlebnis. Es ist also durchaus Potenzial vorhanden. Wenn wir damit gut arbeiten und unsere Ziele gut erklären, kann sich eine gewisse Dynamik entwickeln.

Wie bereitet ihr euch auf den 27. April vor?

Unser Fokus liegt jetzt darauf, Komitees an Schulen und Universitäten zu formieren. Diese sollen Orte sein, an denen Interessierte Inhalte und Aktionsformen diskutieren können und dabei wichtige Erfahrungen der Selbstorganisierung sammeln. Für WdK bedeutet das zum einen den Aufbau einer solchen Struktur vor allem an der LMU, wo viele von uns studieren. Die Semesterferien erleichtern das zwar nicht gerade. Wir haben aber zum letztjährigen Protest gegen den G7-Gipfel bereits sehr positive Erfahrungen in dieser Hinsicht sammeln können.

Zum anderen unterstützen wir Schüler*innen, die an ihren Schulen aktiv werden wollen zum Beispiel mit Flyeraktionen. Ob es einen Streik in München geben wird, ist noch nicht abschließend geklärt und hängt von unseren Bündnispartner*innen ab. Wir sprechen uns klar dafür aus und sind auch optimistisch, dass wir das schaffen können.

Was wollt ihr mit diesem Aktionsbündnis erreichen?

Angesichts der reaktionären Stimmung in Deutschland und Europa ist es dringend nötig, dass die Jugend zu kämpfen beginnt und zwar gegen rassistischen Vorstöße sowohl von der Regierung als auch von Rechten auf der Straße. Statt nur in kleinen Gruppen Aufmärsche zu blockieren, versuchen wir mit dem Bündnis breitere Schichten von Jugendlichen für den antirassistischen Aktivismus zu gewinnen und eine wirkliche Aktionseinheit zu schaffen. Was wir dabei vermeiden wollen, ist es, als Stellvertreter*innen für die Unterdrückten aufzutreten. Deswegen bemühen wir uns sehr um die Zusammenarbeit mit migrantischen Gruppen und Geflüchtetenorganisationen.

Welche Erfahrungen habt ihr bisher an den Schulen und Universitäten gemacht?

Die Forderungen, die das Bündnis erhebt, wie die Enteignung leerstehenden Wohnraums oder die Organisierung von Selbstverteidigung, sind relativ weitreichend. Damit stellen sie eine gewisse Herausforderung für die Jugend dar. Die Erfahrungen bestärken uns aber in der Annahme, dass es fatal wäre, eine Verwässerung zuzulassen aus der Angst, Menschen abzuschrecken. Das Gegenteil ist der Fall. Wir sehen, dass viele Jugendliche dafür offen sind, mit uns über diese Fragen zu diskutieren. Denn es sind Fragen, die sie selbst oder Menschen in ihrem Umfeld betreffen. Und wenn die Frage aufkommt, wer das bezahlen soll, sagen wir in aller Klarheit: diejenigen, die für Krieg und Krise verantwortlich sind und daran gut verdienen, die Kapitalist*innen.

Wie soll der Antirassismus aus deiner Sicht aussehen?

Wir treten für eine antiimperialistische Perspektive ein, die auch und vor allem den deutschen Staat konfrontiert. Der 27. April bietet uns die Möglichkeit, dafür eine gewisse Öffentlichkeit zu bekommen. Illusorisch wäre jedoch zu glauben, dass ein einmaliges Event, egal wie groß, allein die Wende im antirassistischen Kampf sein kann, geschweige denn dem Rassismus ein Ende bereitet. Wir müssen daher alles dafür tun, um die entstehenden Strukturen über den Aktionstag hinaus zu bewahren und in den folgenden Kämpfen auszubauen. Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass wir auf die Verschmelzung der Jugend- mit der Geflüchtetenbewegung, aber auch der Frauen- und Arbeiter*innenbewegung hinarbeiten. Nur ein solches Kampfbündnis besitzt die Macht, Ausbeutung und Unterdrückung in allen ihren Formen zu beseitigen.

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