Was gibt´s zu Weihnachten bei Amazon? Streiks!

23.11.2015, Lesezeit 4 Min.
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Beschäftigte des Online-Versandhändlers Amazon streiken am 20.12.2013 vor dem Logistik-Zentrum in Leipzig (Sachsen). Ziel des Ausstandes ist ein Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels. Foto: Hendrik Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Das Weihnachtsgeschäft läuft bei Amazon schon jetzt auf Hochtouren. Der Konzern erhofft sich wieder Riesenprofite – zu Lasten der Beschäftigten. Doch die fangen inmitten der Hochsaison wieder an, sich zu wehren.

Weihnachtszeit ist Streikzeit bei Amazon: Pünktlich zur profitabelsten Zeit des Jahres für den multinationalen Konzern stehen auch die Zeichen bei den Beschäftigten wieder auf Streik. Am vergangenen Donnerstag, den 19. November, hatte die Gewerkschaft ver.di zum Ausstand am Standort in Leipzig aufgerufen. In Koblenz begann in der Nacht zum heutigen Montag sogar eine bis Donnerstag angekündigte Arbeitsniederlegung. Weitere Standorte werden in den nächsten Tagen und Wochen sicherlich folgen.

Hintergrund des Arbeitskampfes ist, dass sich der multinationale Konzern seit Jahren weigert, mit den Beschäftigten einen Tarifvertrag im Einzelhandel abzuschließen. Bisher entlohnt Amazon in Anlehnung an den Tarif im Bereich der Logistik – der viel niedriger liegt.

Zusätzlich zu dem schon seit über zweieinhalb Jahren laufenden Konflikt gibt es weitere Fronten, an denen sich Beschäftigte von Amazon gegen die arbeiter*innenfeindlichen Maßnahmen des Betriebs wehren. Vor Gericht klagen ehemalige Betriebsratsmitglieder auf Wiedereinstellung in den Betrieb.

Die Konzernspitze jedoch weigert sich, die Gewerkschaft ver.di überhaupt als berechtigte Interessenvertretung der Beschäftigten anzuerkennen. Ein blanker Skandal, ist doch die Organisationsfreiheit in einer Gewerkschaft sogar in Art. 9 GG festgeschrieben. Aber das interessiert diesen Konzern – der vom deutschen Staat hofiert wird und kaum Steuern entrichtet – kaum. Es ist nur folgerichtig, „dass es weitere Streiks geben wird, solange sich Amazon Tarifverhandlungen verweigert“, so die Verdi-Sprecherin Eva Völpel in Berlin.

Ein vielversprechender Auftakt

Die Weihnachtssaison ist für Amazon traditionell die Hochsaison. Die Vorbereitungen hierfür beginnen schon Monate früher: Ab August stellen die Geschäftsführungen der Standorte tausende neue Beschäftigte ein, „um die Kernbelegschaft zu unterstützen“, in Leipzig beispielsweise 1400 Arbeiter*innen. Natürlich nur befristet. Auch in den letzten Jahren hatte die Konzernleitung etliche Beschäftigte vor Weihnachten angestellt, bloß um sie danach wieder auf die Straße zu setzen. Zynischerweise wird den Beschäftigten häufig noch versprochen, dass sie mit nur genügendem Elan Chancen auf eine Weiterbeschäftigung hätten. Es ist die gleiche Politik, die vor einem Jahr mit über 1000 Beschäftigten in Brieselang bei Berlin gefahren wurde – es liegt an der Gewerkschaft, eine solche Niederlage dieses Jahr zu vermeiden.

Es ist daher ein gutes Zeichen, dass fünf Wochen vor Weihnachten zu Streiks aufgerufen wurde. In Leipzig wurde jedoch nur die Frühschicht bestreikt und nach Angaben der Gewerkschaft beteiligten sich über 250 Arbeiter*innen. Insgesamt arbeiten nun am Standort Leipzig aber rund 2700 Beschäftigte – für die Streikbeteiligung ist also noch reichlich Luft nach oben. Der angekündigte fünftägige Ausstand in Koblenz muss ein Fanal für eine größere Offensive sein.

Um den Streiks nicht nur auf demselben Niveau fortzuführen, sondern auch auszudehnen, ist a) eine bessere gewerkschaftliche Organisierung notwendig, welches Aufgabe einer aktiven Gewerkschaft ist und b) eine Radikalisierung der Streikmethoden unabdingbar. Letzteres bedeutet unter anderem, dass der Streik unmittelbar in den nächsten Wochen auf möglichst viele Standorte erweitert werden muss. Dabei dürfen die Streiks nicht auf einzelne Schichten beschränkt bleiben, denn das Netz von Amazon ist in Deutschland und Europa (besonders Polen) mittlerweile so eng gesponnen, dass der Konzern den (Teil-)Ausfall einzelner Schichten locker wegstecken kann. Die Ausdehnung der Streiks sowohl quantitativ als auch qualitativ ist also keine bloße Frage der Methodik, sondern eine Notwendigkeit um der Beschäftigten willen.

30 Tage bleiben bis „Heiligabend“. Das ist die Zeit, die den Tausenden von prekär Beschäftigten bei Amazon noch bleiben, um eine neuerliche Niederlage wie letztes Jahr abzuwenden. Gelingen kann dies nur, wenn der Auftakt in Leipzig und Koblenz fortgeführt und Mobilisierung in allen Standorten exponentiell gesteigert werden. Es bleibt nicht mehr viel Zeit!

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