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Warum ist der Kapitalismus für die globale Erwärmung verantwortlich?

16.07.2019, Lesezeit 9 Min.
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Die globale Erwärmung liegt nicht in der Verantwortung des Menschen im Allgemeinen, sondern in der Art und Weise, wie die Produktion auf dem Planeten organisiert ist, das heißt in der Verantwortung des Kapitalismus im Allgemeinen und der Kapitalist*innen im Besonderen. Ein Debattenbeitrag unserer Schwesterseite aus Mexiko von Farid Reyes.

Vor kurzem wurde in Kuwait eine Temperatur von 63 Grad Celsius registriert, ein beispielloses Ereignis. Einige Tage später verbreitete sich die Nachricht, dass Alaska die höchste Temperatur seit mehr als 100 Jahren erreicht hat. Weiterhin kam es in Mexiko zu einem der schlimmsten Waldbrände, die es je gab, was zusammen mit den Schadstoffemissionen erneut zu sehr hohen Ozonwerten führte. Daraufhin wurde im Tal von Mexiko und in mehreren anderen Städten der Klimanotstand erklärt.

Es besteht kein Zweifel, dass die globale Erwärmung immer mehr Tausende von Menschen betrifft und tendenziell Millionen betreffen wird. In Netzwerken und Nachrichtensendern zirkulieren ständig Nachrichten und Bilder über die Folgen dieses durch das Industriezeitalter verursachten Klimawandels: Eisbären auf der Suche nach Nahrung im Müll, schmelzende Gletscher, Kälte- und Hitzewellen in verschiedenen Teilen der Erde, Artensterben, Versäuerung der Ozeane, Klimaflucht und weitere Katastrophen.

Wissenschaftler*innen sind sich einig, dass was wir heute erleben nur der Beginn einer großen Klimakrise ist, die die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten treffen wird, und dass, wenn keine Sofortmaßnahmen ergriffen werden, um den Trend aufzuhalten oder umzukehren, die Folgen der globalen Erwärmung katastrophal sein werden.

In diesem Szenario weisen Stimmen aus allen Bereichen der Gesellschaft auf die Notwendigkeit zu handeln hin. Wir haben gesehen, wie junge Menschen mit der Bewegung #FridaysforFuture und anderen Initiativen, die die Besorgnis von Millionen Menschen über den Klimawandel zum Ausdruck bringen, an vorderster Front im Kampf für eine Zukunft stehen. Um das Problem anzugreifen, ist es jedoch notwendig, seinen Ursprung und den der globalen Erwärmung zu verstehen. Der Ursprung liegt in der kapitalistischen Produktionsweise.

Kapitalistischer Profit und Umweltzerstörung

Die Zyklen der Steigerung des Kapitalwerts prallen direkt mit den Zyklen der Natur zusammen. Ein Unternehmer versucht, seinen Gewinn in kürzester Zeit zu maximieren, um auf dem Markt zu konkurrieren, indem er mehr Vermögen ansammelt, das es ihm ermöglicht, wieder zu investieren und im Vergleich zu anderen Unternehmern besser auf dem Markt positioniert zu sein. In diesem Zyklus wird das Kapital aufgewertet. Das heißt, dass mit dem investierten Kapital (eingesetzt beim Kauf von Rohstoffen und Maschinen sowie bei den Löhnen an die Arbeiter*innen) ein größerer Betrag dadurch erzielt wird, dass der*dem Arbeiter*in nicht der Gesamtwert, den sie*er produziert, gezahlt wird, sondern nur ein Teil dessen, was sie*er in Form von Löhnen produziert.

Diese Aufwertung des Kapitals muss in kürzester Zeit und mit möglichst geringen Kosten erfolgen. Aus diesem Grund beuten die Unternehmer*innen die Ressourcen übermäßig aus, sei es Land mit ausgedehnten Viehzucht- oder Monokulturplantagen, Tagebaue, Meere mit intensiver Fischerei, unter anderem auch mit Formen der Überausbeutung, sodass der natürliche Zyklus mit der Regeneration nicht nachkommt. Mit anderen Worten, angesichts der oben genannten kapitalistischen Rationalität sind die Ressourcen erschöpft, das Land kann seine Nährstoffe nicht regenerieren und Fische können sich nicht wieder vermehren.

Zwar ist die Gesamtheit der kapitalistischen Wirtschaftsweise – unter anderem die Kunststoffproduktion, die riesigen Industrieabfälle, die Verschmutzung von Flüssen, Waldrodung, irrationale Wassernutzung und vieles mehr – umweltschädlich. Jedoch ist das, was am meisten für die globale Erwärmung verantwortliche Treibhausgase erzeugt die Nutzung fossiler Brennstoffe, in erster Linie Erdöl und Gas.

Kapitalistische Irrationalität versus Zukunft für die Menschheit

Wie erklärt es sich, dass trotz der Warnungen von Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt über die vor uns liegende Zukunft keine ernsthaften Schritte zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen unternehmen? Die einzige Antwort ist, dass es kapitalistische Interessen in Privilegien wie Luxusgüter gibt, die einige Wenige auf Kosten der Ausbeutung von Millionen und der Zerstörung der Umwelt erhalten.

Wir können zum Beispiel die so genannten „Lobbys“ von Sektoren des Großbürgertums, die Politiker*innen aller Länder ihre Pläne aufzwingen, an erster Stelle nennen. Die Eigentümer*innen der Automobilhersteller und der Ölgesellschaften, die von einer Handvoll transnationaler Unternehmen kontrolliert werden, verteidigen ihre Interessen hartnäckig. Es liegt im Interesse dieser großen Geschäftsleute, dass Öl weiterhin als Hauptbrennstoff in der Industrie verwendet wird.

Wenn man sich fragt, warum, anstatt zweite Stockwerke für Autos zu bauen, nicht einfach weniger umweltschädliche öffentliche Verkehrsmittel gebaut werden, liegt die Antwort in der Macht der Kapitalist*innen der Automobilbranche sowie mit ihnen verbundener Branchen. Für die Umweltzerstörung sind jedoch nicht nur die direkt mit der Gewinnung von Brennstoffen verbundenen Branchen verantwortlich, sondern die gesamte kapitalistische Produktion.

Denn in der kapitalistischen Gesellschaft wird die Selbsterfüllung im Konsum von Gütern erreicht; Die Kapitalist*innen propagieren den Konsum, welcher grenzenlos sein muss. Ein Arbeiter kann ein anstrengendes Leben mit langen Arbeitstagen und niedrigem Lohn führen, aber dank Krediten kann er sich ein Handy kaufen, mit dem er sein Elend teilweise vergessen kann. Auf diese Weise erklärt der Markt, dass das Wichtigste sei, eine immer größere Anzahl an Waren zu erhalten, während der soziale Aufstieg an der Fähigkeit des Einzelnen gemessen wird, einen größeren Konsum zu erreichen.

Dazu kommen noch Aspekte wie die „geplante Obsoleszenz“, was bedeutet, dass Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt einprogrammiert und ohne Notwendigkeit aufhören zu funktionieren, so dass neue gekauft werden müssen. Die ganze Logik des Kapitals ist hauptverantwortlich für die Erschöpfung der Rohstoffe.

Donald Trump, Bolsonaro und die Rechte drücken das Gaspedal in Richtung Barbarei

Tag für Tag gibt es neue alarmierende Nachrichten über das Voranschreiten der globalen Erwärmung. Und doch verspottet Trump den Klimawandel und Bolsonaro erlaubt kapitalistischen Unternehmen, den Amazonas noch intensiver zu zerstören. Es fehlt nicht an fatalistischen Positionen und Prognosen zum Klimawandel, die von Überbevölkerung sprechen oder dass es sowieso schon zu spät sei, noch etwas dagegen zu tun.

Marx hatte geschrieben, dass das Kapital seine Krisen zu überwinden versucht, indem es die beiden Hauptquellen des Reichtums übermäßig ausbeutet: die menschliche Arbeitskraft und die Natur. Die Anführer*innen der extremen Rechten, die an die Macht kommen, beschleunigen mit diesen Mitteln auf völlig unverantwortliche Weise die ökologischen Katastrophe.

Es ist klar, dass die Reichen sich nicht um den Klimawandel kümmern. Ob es sich um Wassermangel, Dürren oder Hurrikans handelt, sie werden weiterhin luxuriös in komfortablen Gegenden leben, mit privaten Wäldern oder künstlichen Seen und ohne sich um den Tod von Millionen Menschen zu sorgen. Aber natürlich nur, wenn sich die Arbeiter*innenklasse und ihre Verbündeten nicht erheben. Und es sind die am stärksten marginalisierten und unterdrückten Sektoren, die die Folgen der globalen Erwärmung am direktesten zu spüren bekommen werden, wie es bei der Wasserknappheit in verschiedenen Städten Südafrikas der Fall ist, bei den Kältetoten auf den Straßen Argentiniens oder bei Atemwegserkrankungen durch Luftverschmutzung in der Mongolei.

Eine rationale Wirtschaftsplanung kann uns retten

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu verstehen, dass die globale Erwärmung nicht in der Verantwortung des Menschen im Allgemeinen liegt, sondern in der Art und Weise, wie die Produktion auf dem Planeten organisiert ist, das heißt in der Verantwortung des Kapitalismus im Allgemeinen und der Kapitalist*innen im Besonderen.

Jede individuelle Initiative oder Anstrengung (wie Wassersparen oder Mülltrennung) ist nützlich, aber sie sind machtlos angesichts der Größe der Katastrophe, die uns bedroht. Auf der anderen Seite muss die revolutionäre Linke diskutieren und Übergangsmaßnahmen vorschlagen, um von einer verschmutzenden und zerstörerischen kapitalistischen Wirtschaft zu einer Wirtschaft zu gelangen, die weder zerstörerisch noch umweltschädlich ist und die auf das Wohlergehen künftiger Generationen einen Wert legt.

Die enormen Fortschritte in Wissenschaft und Technologie lassen uns glauben, dass eine andere Form der sozialen Organisation und Produktion möglich ist. Wenn man versucht zu produzieren, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen und nicht den Profit der Kapitalist*innen zu garantieren, kann man Rohstoffgewinnung und Produktion rational neu organisieren, die Umweltverschmutzung reduzieren und den Konsum auf langlebige Güter ausrichten.

Der rational geplante Güter- und Personentransport kann öffentlichen Verkehr gegenüber dem Privatwagen priorisieren. Darüber hinaus können schnelle Fortschritte bei der Verwendung von Kraftstoffen erzielt werden, die weniger schädlich für die Umwelt sind, sei es Solar-, Geothermie- oder Windenergie. Die Erhaltung von Wäldern und Reservaten sollte mit der höchsten Hierarchie erfolgen, ebenso wie die Pflege der Fauna.

Um diese Wirtschaft zu erreichen, müssten Arbeiter*innen die Industrie – vor allem die Energiewirtschaft – mit Unterstützung von Wissenschaftler*innen und Techniker*innen öffentlicher Universitäten demokratisch kontrollieren. Das sollte stattfinden im Rahmen eines gemeinsamen Plans, in dem die notwendigen Ressourcen für diese Transformation bereitgestellt werden.

Die Menschheit muss sich nicht mit der verheerenden Zukunft abfinden, die der Kapitalismus uns verspricht. Es gibt einen Ausweg, und es geht darum, die Gesellschaft auf eine andere Weise zu organisieren. Eine Gesellschaft aufzubauen, die das Leben in den Mittelpunkt stellt und nicht den Profit – eine sozialistische Gesellschaft.

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