Vorbereitung auf den 8. März: 60 Menschen diskutieren über Streiks und feministische Kämpfe

08.03.2023, Lesezeit 7 Min.
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Foto: Ayrin Giorgia (KGK)

Kurz vor dem 8. März diskutierten 60 Menschen bei einer feministischen Veranstaltung über die Zusammenführung der Kämpfe gegen Krieg, Inflation und für die Rechte von Frauen und Queers. Kommt am 8. März mit Brot und Rosen auf die Straße!

Am Samstag kamen rund 60 Menschen zur feministischen Veranstaltung “Vom Streik zur Frauenbefreiung: Welchen Weg für den feministischen Kampf?” von Brot und Rosen. Fünf Arbeiter:innen aus verschiedenen Bereichen des Care-Sektors gaben einen Einblick, mit welchen Problemen und Herausforderungen sie täglich in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben und stellten Forderungen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen auf. Denn gerade in den Bereichen Gesundheit, Erziehung, Soziales und Bildung werden schon immer überdurchschnittlich viele Gelder gekürzt. Schlechte Arbeits- und Organisierungsbedingungen durch Outsourcing oder Personalmangel sind an der Tagesordnung. Allein vier von fünf der Arbeiter:innen, die auf der Veranstaltung sprachen, sind von Outsourcing betroffen.

Gleichzeitig bezogen sich die Sprecher:innen in ihren Beiträgen auf die derzeitige Krise, die historische Aufrüstung der Bundeswehr, die zunehmende Militarisierung Deutschlands und den Krieg. Kein Wunder, schließlich sieht beispielsweise „Kriegsminister“ Pistorius die geforderten Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst als Hindernis für den Ausbau des deutschen Militärs – auch wenn er nach Kritik versuchte, diese Aussage zu relativieren. Die Sprechenden nahmen diesen und weitere Angriffe auf Gewerkschaften sowie das Streikrecht auch zum Anlass zu betonen, wie eine Antwort der Arbeiter:innen auf Inflation und Krise aussehen muss, warum es politische Streiks braucht und wie Kämpfe für eine solche Position in Gewerkschaften aussehen können.


Hier könnt ihr die gesamte Veranstaltung ansehen.

Lea, Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe, sprach über die historische Rolle, die von Arbeiterinnen angestoßene Streiks für ein besseres Leben für alle bringen können, und bezog sich auf die Streiks der Textilarbeiterinnen in Petrograd. Sie gingen am 8. März 1917 gegen Krieg und Krise auf die Straße, bevor sich ihre Streiks ausweiteten und zum Funken wurden, der das Feuer der Russischen Revolution entzündete. Eine Revolution, die schließlich zu grundlegenden Veränderungen und Verbesserungen für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten führte und gleichzeitig ein Beispiel für einen Weg aus dem Krieg ist, „der keine Unterordnung unter eine der beiden Parteien bedeutet: ein Weg der Ausgebeuteten und Unterdrückten für eine ganz andere Welt.“ Des Weiteren betonte sie, welche Angriffe auf die Arbeiter:innen und ihre Organisierungsmöglichkeiten gerade im Care-Bereich von Arbeit stattfinden, nämlich Outsourcing, Prekarisierung und schlechte Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig aber auch, wie die Gewerkschaftsbürokratie als Vermittler:in der Kapitalist:innen eine effektive Organisierung und politische Streiks gegen die Angriffe verhindert, obwohl diese gerade zur jetzigen Zeit eine wirkliche Perspektive auf Krieg und Krise bieten könnten.

Freddy, Erzieher:in in einem Mutter-Kind-Heim, sprach über den Zusammenhang von Sexismus und Kapitalismus und erklärte, warum wir eine Vergesellschaftung von Hausarbeit brauchen, um die materielle Lage von Frauen und Queers grundlegend zu verändern. Damit könnten Personen, denen im patriarchalen Kapitalismus eine Doppelbelastung von Haus- und Lohnarbeit aufgehalst wird, mehr Zeit für sich und auch politische Organisierung haben. Aktuell wird der Großteil der Haus- und Sorgearbeit im Privaten von Frauen und Queers durchgeführt. Um das zu ändern, brauchen wir kostengünstige und dennoch qualitativ hochwertige Kantinen und Wäschereien, die von den Beschäftigten selbst verwaltet werden. Ebenso betriebseigene Erziehungsanstalten wie Kitas und Schulen, mit guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.

Anika, Handwerkerin bei Vivantes, betonte in ihrem Input, dass die „Leitlinien der feministischen Außenpolitik“ von Außenministerin Baerboxk im Kern neoliberal sind und den Interessen der Mehrheit der weiblichen und queeren Bevölkerung entgegensteht. In Baerbocks Papier wird ein staatstragender Feminismus vorgestellt, in dem die historische Aufrüstung Deutschlands gegen die Lohnerhöhungen, für die Anika und ihre Kolleg:innen gerade kämpfen, ausgespielt wird. Des Weiteren sprach Anika sich gegen die Spaltungsmechanismen in ihrem Betrieb aus. Zum einen die Spaltung von Seiten der Arbeitgeber:innen, die durch Outsourcing aufrechterhalten wird. Zum anderen die ideologische Spaltung zwischen Beschäftigten, beispielsweise durch Rassismus oder Queerfeindlichkeit. Aufgrund dessen bietet auch Alice Alice Schwarzers transfeindlicher Feminismus für sie als Beschäftigte keine Perspektive.

Inés, die Schulsozialarbeiterin in Neukölln ist, prangerte in ihrem Beitrag das 100-Milliarden-Sondervermögen an. Während für die Aufrüstung des Militärs Geld da sei, kürze die vermeintlich linke Berliner Koalition Geld für den Bildungshaushalt. Auch berichtete sie von einer zunehmenden Rekrutierung von Schüler:innen durch das Militär. Besonders perfide sei die Darstellung der Bundeswehr als sicherer Arbeitgeber. Im Falle der Mittelschule, in der sie arbeitet, sei es doppelt heuchlerisch, da hier besonders migrantische Jugendliche zur Schule gehen. Diese wünschen sich natürlich einen sicheren Job, da ihre Eltern durch strukturellen Rassismus in prekäre Arbeitsbedingungen gedrängt werden. Doch die Bundeswehr sei besonders für migrantische Jugendliche kein sicherer Arbeitgeber, weil sie von rechten Strukturen durchzogen ist. Sie beendete ihren Beitrag mit einer Kritik an Sahra Wagenknecht und sprach sich für eine dritte Position aus, die sich antiimperialistisch und antimilitaristisch ausdrücken muss.

Nach den Beiträgen der Sprecher:innen fasste Lea die zentralen Punkte nochmal zusammen und argumentierte, um diese Kämpfe zu gewinnen, müsse man in den Massenorganisationen der Arbeiter:innenklasse, den Gewerkschaften, arbeiten. Doch es braucht auch einen Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie, die kein Interesse an Arbeitskämpfen hat, die über ihre sogenannte “Sozialpartnerschaft” mit dem Kapital hinausgehen. Innerhalb der Gewerkschaften brauchen wir einen revolutionären Flügel, der für einen politischen Streik kämpfen muss und die Gewerkschaften wieder in die Rolle einer kämpferischen Organisation bringt. Das muss mit einem klaren politischen Programm geschehen, dass sich gegen den Reformismus stellt und betont, dass nur die Einheit der Arbeiter:innenklasse, die multethnisch, queer und migrantisch ist, den Kapitalismus stürzen kann.

Der feministische Kampftag am 8. März steht in der besten Tradition der Arbeiter:innen und feministischen Sozialist:innen, die den Kampf gegen die Unterdrückung und gegen das Kapital miteinander verbanden und dafür auf die Straße gingen. Heute ist dieser Tag notwendiger denn je, denn Frauen und Queers werden weiterhin in allen Teilen der Welt unterdrückt, ausgebeutet und ermordet. Unter der hohen Inflation und des Krieges in der Ukraine leidet die Mehrheit der Bevölkerung. Während 100 Milliarden Euro Sondervermögen für das Militär bereitgestellt werden, wird betont, dass man kein Geld für die öffentliche Daseinsversorgung habe. Deshalb gehen wir an diesem Mittwoch nicht nur in Berlin, sondern in vielen anderen Städten Deutschlands auf die Straße, um gegen den Krieg, die Aufrüstung und Baerbocks antifeministische Außenpolitik zu demonstrieren. Wir kämpfen für politische Streiks, für bessere Bildung, ein bedarfsorientiertes Gesundheitssystem und für die freie körperliche Selbstbestimmung aller Menschen.

In Berlin treffen wir uns um 13 Uhr am Invalidenpark unter dem Motto “Feministisch, solidarisch, gewerkschaftlich”.

In München findet um 9 Uhr der GEW-Streik am Karl-Stützel-Platz und der Ver.di-Streik um 11 Uhr am Karlsplatz statt. Um 17 Uhr wird unter dem Motto “Der Kreißsaal bleibt” am Marienplatz demonstriert.

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