Vom Iran zum Botanischen Garten: Erfolgreicher Workshop-Nachmittag beim TV-Stud-Streik an der FU

23.01.2018, Lesezeit 4 Min.
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Am Nachmittag des ersten Streiktags der zweiten Streikwoche veranstalteten die Streikenden an der FU Berlin zahlreiche Workshops. Das Programm war voll, die Stimmung kämpferisch.

“Unser Kampf gegen Prekarisierung zeigt, dass eine andere Welt möglich ist”, stellte eine Studierende in einem Workshop beim Streik der Studentischen Beschäftigten an der FU Berlin heute fest. Nach einer morgendlichen Streikversammlung und während ein Teil der Streikenden einen Solidaritätsbesuch beim Warnstreik der IG Metall machten, kamen einige Streikende und Unterstützer*innen zu einer ersten Workshop-Phase zusammen. Während in einem anderen Raum über die Frage von Feminismus und „Consent“ gesprochen wurden, diskutierten die Beschäftigten im Mensa-Foyer über den Zusammenhang von Prekarisierung, Rechtsruck und Sexismus.

Sie stellten dabei fest, dass Prekarisierung ein Prozess ist, der schlechte Löhne, befristete Verträge und unsichere Arbeitsbedingungen für einen immer weiter wachsenden Teil der Bevölkerung bedeutet. Prekarisierung führt aber auch zu allgemeiner Unsicherheit und Angst vor mehr Unsicherheit in vielen anderen Lebensbereichen, selbst für die, die noch nicht direkt betroffen sind. Auf diesem Nährboden wirken Spaltungsversuche von rechten Kräften – sei es in der AfD oder in den bürgerlichen Parteien – und von Chef*innen besonders gut. Menschen, die eigentlich unter der Prekarisierung durch Gesetze wie Hartz IV und unter der Ausbeutung durch ihre Chef*innen leiden, wenden sich gegen Menschen, die noch mehr unterdrückt werden, wie Geflüchtete, Migrant*innen und Frauen. Gerade deshalb ist der Kampf gegen Prekarisierung so wichtig, denn er zeigt, dass alle arbeitenden Menschen gemeinsame Interessen haben.

Nun wieder gemeinsam mit den Streikenden der Soli-Delegation ging es weiter mit einem Workshop über die Proteste im Iran. Zwei iranische Aktivist*innen, die selber aufgrund ihrer Aktivität in der Studierendenbewegung das Land verlassen mussten, stellten die verschiedenen Strömungen in diesem Konflikt und die ökonomischen und politischen Hintergründe der Proteste dar. So kam es beispielsweise seit dem Sommer in verschiedenen Landesteilen immer wieder zu Streiks. Sie waren eine Reaktion auf die Privatisierungen und den Abbau von Arbeitsrechten, die die Regierung im Zuge des Atom-Deals durchführte – gerade auch im Interesse der europäischen Imperialismen, nicht zuletzt Deutschlands. In Zeiten der krassen Repression schafften es die Arbeiter*innen in den vergangenen Wochen, Widerstand zu leisten und Kerne der Organisierung zu errichten. Dazu kommen die Proteste der Studierendenbewegung, die aktiv die Einheit mit den Arbeiter*innen sucht und soziale Forderungen in den Vordergrund stellt. Auf all dies wurde mit heftiger Repression reagiert, gerade auch Studierende waren betroffen, trotzdem gingen die Proteste und Streiks weiter, wenn auch noch nicht explizit miteinander koordiniert. Ein held*innenhafter Widerstand von unten. Wie der Referent sagte: „Wir können viel von diesem Kampf lernen.“ Denn wenn die Arbeiter*innen es schaffen, unter diesen Bedingungen zu kämpfen, können wir sehen, dass auch wir es uns trauen können, noch radikaler zu werden.

Gleichzeitig fand ein Workshop zu anderen Formen prekärer Arbeit im Wissenschaftsbetrieb statt. Ruben Schenzle, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU und Aktivist vom „Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft“, stellte gemeinsam mit einem Lehrbeauftragten die Situation des akademischen Mittelbaus dar, die von Kettenbefristung und einer fast schon feudalen Abhängigkeit von den Professor*innen geprägt ist. Dabei wurde neben dem Kampf gegen die prekären Arbeitsverhältnisse auch die Notwendigkeit einer grundlegenden Umstrukturierung und Demokratisierung der Hochschulen diskutiert.

Zum Abschluss des Tages stellten Beschäftigte des Botanischen Gartens gemeinsam mit anderen gewerkschaftlich Aktiven ein Buch über ihren Kampf vor. Sie betonten dabei, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten, denn nur so kann ein Kampf gewonnen werden. Sie berichteten auch, wie wichtig es war, dass sie sich nicht von der Uni-Leitung haben in die Ecke treiben lassen, sondern dass sie aktiv Öffentlichkeit hergestellt haben, Allianzen beispielsweise mit Studierenden gesucht haben und auch die politisch Verantwortlichen unter Druck gesetzt haben. „Es ist wichtig, von Menschen wie euch zu hören. Denn es ist etwas ganz anderen, wenn dir jemand sagt, ‚ihr müsst zusammenhalten‘, dann schafft ihr das, der Erfahrung beim Streiken hat und weiß wovon er spricht.“, sagte ein studentischer Beschäftigter zu den Kämpfer*innen aus dem Botanischen Garten.

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