USA und IWF gegen deutsche und chinesische Exportüberschüsse

26.04.2017, Lesezeit 4 Min.
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Auf der IWF-Frühjahrstagung kritisierten US-Finanzminister Steven Mnuchin und IWF-Chefin Christine Lagarde scharf die deutschen Exportüberschüsse. Hinter der US-amerikansichen Kritik und der Protektionismus-Drohung steckt aber noch mehr, nämlich die Trump'sche Mission, China nicht zur tatsächlichen Konkurrenz werden zu lassen.

Deutsche Exportüberschüsse – schon lange werden sie immer wieder kritisiert, während deutsche Politiker*innen und bürgerliche Medien sie verteidigen und abfeiern. Mit der Wahl Donald Trumps erreichte dieser Konflikt ein neues Ausmaß. Dies zeigte sich erst letzte Woche bei der IWF-Frühjahrstagung in Washington. Dort kritisierte US-Finanzminister Steven Mnuchin hohe Exportüberschüsse und ließ sich nicht dazu bewegen, sich prinzipiell gegen Protektionismus auszusprechen.

Auch IWF-Chefin Christine Lagarde kritisierte die deutsche Haltung. Sie forderte Wolfgang Schäuble auf, mehr Geld auszugeben und den Binnenkonsum zu stärken. Selbst der neue Star der EU, Emmanuel Macron, hatte noch vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen, aus der er als Sieger hervorging, die deutsche Exportposition kritisiert.

Das alles ist keineswegs neu: Seit einigen Jahren schon wird Deutschland aus den USA und Frankreich kritisiert. Anders als zuvor geht dies nun aber mit der mächtigen Drohung des Protektionismus einher. Gleichzeitig wurden in den letzten Monaten die kritischen Stimmen auch in der bürgerlichen Presse in Deutschland immer lauter.

Die Niedrigzinspolitik der EZB

Wolfgang Schäuble wehrte sich gegen die Kritik und verwies darauf, dass die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank mitverantwortlich wäre – und Deutschland immer wieder auf eine Anhebung der Zinsen dränge. Dies lehnt die EZB derzeit allerdings ab und kündigte nur an, sein Anleihekaufprogramm zurückzufahren. Damit bleibt der Euro weiterhin billig und Exporte aus Deutschland attraktiv.

Dabei geht es ihm allerdings nicht tatsächlich um einen Abbau der Handelsbilanzüberschüsse, sondern um die Profite von Unternehmen und Banken. Eine Kehrseite des Handelsungleichgewichts ist nämlich die Tatsache, dass deutsche Unternehmen ihre Gewinne nicht in Deutschland investieren (oder gar die Löhne erhöhen!), sondern sie stattdessen anlegen. Sie sind im vergangenen Jahrzehnt zu Netto-Sparern geworden. Niedrige Zinsen belasten ihre Profite insofern sie die Gewinne ihrer Finanzabteilungen, die in der Vergangenheit immer wichtiger wurden, schwächen. Und auch die Banken leiden, da bei der Kreditvergabe ihre Gewinnmargen sinken. Der deutsche Staat, inzwischen ebenso Netto-Sparer, profitiert im Vergleich zu anderen Euro-Ländern dabei relativ wenig von der Möglichkeit sich billig zu refinanzieren. In geringem Umfang könnten Zinserhöhungen dem deutschen Kapital also tatsächlich von Nutzen sein.

Und im Hintergrund: China

Bei den Attacken auf Exportüberschüsse geht es aber nicht nur gegen Deutschland. Auch China ist im Kreuzfeuer. Denn für die US-Regierung besteht immer auch die Gefahr, Deutschland in einen (ökonomischen) Block mit China zu drängen: Angesichts der Tatsache, dass die deutsche Wirtschaft immer mehr Geschäfte mit und in China macht und China von deutschen Politiker*innen in den letzten Monaten verstärkt für seine Verteidigung des Freihandels gelobt wurde, ist das eine durchaus reale Gefahr. Darum kommen aus den USA bei aller Kritik auch immer wieder Zeichen der Annäherung an die EU und damit an Deutschland, den zuletzt unumstrittenen Anführer.

Denn auch wenn die chinesische Wirtschaft sich in den letzten Monaten deutlich erholt hat, häufen sich dort auch die Risiken, vor allem in Form von verstärkter Kreditvergabe. Wenn sie es geschickt anstellen, existiert für die USA unter Trump also eine günstige Gelegenheit, einen potentiellen Konkurrenten rechtzeitig auszuschalten. „Kicking away the ladder“ (Die Leiter wegtreten) mit umgekehrten Vorzeichen also: Damit beschrieben bürgerliche Ökonom*innen die imperialistische Politik, die mithilfe von internationalen Organisationen abhängige Länder in den Freihandel zwang, um sie besser auszubeuten und ihnen keine Möglichkeit zu geben, konkurrenzfähig mit imperialistischen Konzernen zu werden. Nun soll umgekehrt die Drohung des Protektionismus neue Konkurrenten eindämmen.

Die Beziehung zu China ist letztlich die Linse, durch die die oft widersprüchlichen Positionierungen der Trump-Administration zu betrachten sind.

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