Unbefristeter Streik bei VOITH in Sonthofen! – „Voith kann gehen, wir bleiben hier!“

23.04.2020, Lesezeit 4 Min.
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Während weltweit Arbeiter*innen in Kurzarbeit getrieben werden, haben sich die Arbeiter*innen von Voith in Sonthofen mit 98% für den unbefristeten Streik entschieden. Sie wollen ihre Arbeitsplätze verteidigen!

Fotos by Benjamin Liss

Streikbeginn in Sonthofen

Tag 1. Seit 10 Uhr in der Früh steht die Produktion im Sonthofener VOITH-Werk still . Mit Masken, Fahnen und in roten T-Shirts verlassen hunderte Arbeiter*innen ihre Arbeitsplätze und versammeln sich vor den Werkstoren. Das Motto: „Voith kann gehen, wir bleiben hier!“. Sie kämpfen um einen Produktionsstandort mit 500-jähriger Geschichte.

Nach der Ur-Abstimmung unter den Beschäftigten beschloss am Montag der IG Metall-Bundesvorstand in Frankfurt, dass in Sonthofen die Arbeit niedergelegt werden soll. Der schwäbische Technologiekonzern ist der größte Arbeitgeber in Sonthofen. Etwa 500 Mitarbeiter produzieren hier Turbogetriebe, Membrankupplungen und Rotordrehvorrichtungen. Laut IG Metall ist das Werk gut ausgelastet, das Unternehmen will seine Produktion jedoch an größeren Standorten konzentrieren.

Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, äußerte sich auf der Webseite der IG-Metall dazu: „Die Voith-Beschäftigten haben das Vertrauen in ihr Management komplett verloren. Die Identifikation der Menschen mit ihrem Werk mit einer 500-jährigen Tradition ist riesengroß. Deshalb werden die Beschäftigten entschlossen und solidarisch um ihre Arbeitsplätze kämpfen. Die ganze Region und die gesamte IG Metall stehen hinter der Belegschaft.“

Fotos by Benjamin Liss

Bayern im Zentrum der Umstrukturierung

Die geplante Werksschließung in Sonthofen steht in einer seit Herbst letzten Jahres aufgekommenen Kontinuität einer regelrechten Welle an Entlassungen und Standortschließungen in Bayern. Landesweit schließen Werke mit hunderten Mitarbeiter*innen, ganze Kommunen werden so vor vollendete Tatsachen gestellt. Für viele Arbeiter*innen in den peripheren Regionen Bayerns bedeuten die Werksschließungen den kompletten Zusammenbruch der Lebensplanung. Kredite können nicht mehr bezahlt werden, ein Umzug kommt für die Meisten nicht in Frage. Dem über Jahre und Jahrzehnte aufgebauten sozialen Umfeld droht der Zusammenbruch. Doch so etwas juckt die Eigentümer*innen natürlich nicht.

In Sonthofen kündigte stattdessen die Konzernleitung, vor drei Wochen, sogar noch den langjährigen Werksleiter Andreas Lingg, was zu wütenden Protesten unter den Kolleg*innen führte. Er hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie zuletzt gegenüber der Konzernleitung in Fragen des Gesundheitsschutzes im Werk für die Belegschaft stark gemacht. So kam die ekelhafte Dreistigkeit des Unternehmens zum Vorschein, was die heutige Kampfmoral wohl aber nur noch zusätzlich beflügelte.

Diese Kampfmoral bestätigte auch Carlos Gil, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall im Allgäu: „Die Türen für Gespräche mit dem Management über den Erhalt des Werkes stehen bei uns weiter offen. Doch wir werden so lange streiken, wie es nötig ist, um unsere Ziele zu erreichen. Wir kämpfen hier um unsere Hütte, die seit 500 Jahren am Standort in Sonthofen steht. Die Beschäftigten sind stolze Getriebebauer und stolze Gewerkschafter. Und mit dem gleichen Stolz, wie sie Getriebe baut, steht die Mannschaft auch vor den Werkstoren, um ihre Hütte zu schützen.“

Nun gilt es, geschlossen das Werk zu verteidigen, landes- und bundesweit Solidarität zu organisieren. Gerade zu Zeiten der Corona-Krise, in der die Bosse Millionen an Euros per Sofortmaßnahmen aus den Steuern der Arbeiter*innen geschenkt kriegen, sind Kämpfe wie dieser richtungsweisend und notwendig. Die Corona-Krise und die Krise der Automobilindustrie sowie ihrer Zulieferbetriebe sind die Folgen eines jahrzehntelangen Missmanagements, das nicht die Arbeiter*innen, sondern die Gier der Eigentümer*innen nach noch mehr Profit zu verantworten hat. Lassen wir sie dafür bezahlen!

Stimmen der Beschäftigten

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