umFAIRteilen-Demonstration in Berlin

02.10.2012, Lesezeit 4 Min.
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Am Samstag, den 29. September, zogen 3.000 Menschen vom Potsdamer Platz zum Roten Rathaus. Ein breites Bündnis von politischen und sozialen Organisationen hatte bundesweit mit den Forderungen von Vermögenssteuern und -abgaben mobilisiert. Dem Aufruf sind bis zu 40.000 Menschen in verschiedenen Städten der BRD gefolgt. In Berlin gab es auch einen anti-kapitalistischen Block unter dem Motto „Kapitalismus fairsenken!“ mit circa 300 TeilnehmerInnen und eigenem Lautsprecherwagen.

An der Spitze der Demo marschierten allerdings die SPD und die Grünen. Ihre Beteiligung war äußerst zynisch, richtete sich die Demo doch gegen die Folgen der einstigen rot-grünen Regierung, zum Beispiel Hartz IV. Obendrein war es sicherlich ein Grund für die geringe Demobeteiligung – neben dem Startpunkt bereits um 11.30 Uhr – dass dieser Protest gegen Sozialabbau auf manche eher wie Wahlkampf für Parteien wirkte, die selbst gern Sozialabbau betreiben würden.

Von Seiten der Gewerkschaften, die offiziell den Demoaufruf unterstützten, wurden augenscheinlich nur FunktionärInnen mobilisiert. Diese zurückhaltende Politik der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsbürokratie spricht Bände. Besonders in Zeiten der Krise wird die Sozialpartnerschaft der bürokratischen Gewerkschaftsführungen so zur reaktionären Blockade der lohnabhängigen Bevölkerung im Interesse der herrschenden Klasse.

Die Anwesenheit eines anti-kapitalistischen Blocks war sehr zu begrüßen, weil es politisch notwendig war. Auch RIO, die Revolutionäre Internationalistische Organisation, unterstützte diesen Block. Mit bis zu 300 TeilnehmerInnen fiel er jedoch sehr klein aus. Das ist ein strategischer Fehler von den nicht anwesenden Teilen der radikalen Linken in Berlin, wie zum Beispiel der eigentlich klassenkämpferisch ausgerichteten FAU. Wie die letzten großen Streiks von ver.di und IG Metall gezeigt haben, können die rituellen Mobilisierungen der reformistischen Gewerkschaften (im Sinne eines systemerhaltenden „Dampfablassens“) in Zeiten der Krise in große Demo- und Streikbeteiligungen umschlagen. Dies müssen sich AntikapitalistInnen zu nütze machen, indem die kämpferischen Stimmungen vorangetrieben werden, um die reformistischen Führungen der lohnabhängigen Klasse, Sozialdemokratie und Gewerkschaftsbürokratie, aus der Bewegung zu verjagen und eine ideologische Radikalisierung voranzutreiben. Wir dürfen nicht neben der realen Bewegung stehen und auf eine automatische Radikalisierung warten.

Die Redebeiträge aus dem antikapitalistischen Lautsprecherwagen waren insgesamt gelungen. Es wurde versucht, die umFAIRteilen-Forderungen aufzugreifen und zu radikalisieren. Zu diesem Zweck hätte die Kritik an SPD, Grünen und vor allem der überhaupt nicht angesprochenen Gewerkschaftsbürokratie jedoch konkreter gestaltet werden können. Wenn wir verhindern wollen, dass die KapitalistInnen und ihre Parteien sowie die Gewerkschaftsbürokratien die lohnabhängige Bevölkerung für die Krise zahlen lassen, müssen wir die Frage der Führung der lohnabhängigen Bevölkerung direkt stellen. Anstatt die Forderungen nach Vermögenssteuern und -abgaben bloß als Illusionen in das kapitalistische System zu kritisieren, muss dazu aufgerufen werden, die bürokratischen Gewerkschaftsführungen auf die kämpferische Durchsetzung dieser Forderungen mit Streiks, und Betriebsbesetzungen zu verpflichten. Gleichzeitig muss die Notwendigkeit klassenkämpferischer und basisdemokratischer Strömungen in den Gewerkschaften propagiert werden. So können den momentanen Gewerkschaftsführungen echte alternativen gegenübergestellt werden um die Gewerkschaften in arbeiterInnen-demokratische Kampforgane der lohnabhängigen Bevölkerung zurückzuverwandeln. Das heißt natürlich nicht, dass dann darauf verzichtet werden dürfte, weiterhin die Grenzen und Widersprüche der reformistischen Forderungen des Umfairteilen-Bündnisses aufzuzeigen.

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