Trumps Konflikte mit dem „tiefen Staat“

17.02.2017, Lesezeit 5 Min.
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Michael Flynn, der Nationale Sicherheitsbeauftragte von Donald Trump, musste diese Woche zurücktreten. Hinter dem Skandal verbergen sich Konflikte innerhalb des „tiefen Staates“ und die Schwäche des Trump’schen Bonapartismus.

Seit der vergangenen Woche stand Michal Flynn aufgrund seiner Gespräche über Staatsangelegenheiten mit dem russischen Botschafter der USA, Sergey Kislyak, in der Kritik. Er hatte mit Kislyak telefoniert, bevor Trump zum Präsidenten vereidigt wurde. Nach den von der Washington Post zuerst veröffentlichten Informationen fanden die Telefongespräche im Dezember statt, als Flynn noch ein „normaler Bürger“ und Obama Präsident der Vereinigten Staaten war. In den Gesprächen soll es um eine Strategie gegangen sein, um den internationalen Saktionen gegen Russland die Legitimität zu entziehen. Diese lasten seit der Krim-Annexion auf Russland, die zu einem Krieg geringer Intensität in der Donbass-Region zwischen pro-russischen Milizen und den Truppen der pro-westlichen Regierung der Ukraine führte.

Der Auslöser des Skandals, der mit dem Rücktritt von Flynn endete, waren Falschaussagen gegenüber dem Rest des Kabinetts: Er hatte anfangs verneint, dass diese Themen besprochen wurden. Doch als Aufnahmen des Gesprächs veröffentlicht wurden, gab Flynn zu, „unbeabsichtigt“ niemanden geringeres als Vizepräsident Pence belogen zu haben. Die Entlassung stand schon am Wochenende fest, als das Weiße Haus aufhörte, Flynn zu beschützen.

Hinter dem Flynn-Skandal lässt sich der lange Arm der Fraktionen des „tiefen Staats“ erkennen. Flynn war während des zweiten Mandats von Obama zwischen 2012 und 2014 Direktor des Verteidigungsnachrichtendienstes (DIA). 2013 veröffentlichte die DIA gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Joint Chief of Staff, General Martin Dempsey, einen Bericht über Syrien, der die offizielle Linie von Obama kritisierte, die den Sturz des Assad-Regimes als Bedingung für jegliche Verhandlungen ansah. Da die USA keine Bodentruppen einsetzen wollten, mussten sie, um dieses Ziel zu erreichen, „die gemäßigten Rebellen bewaffnen“. Dies wurde als verdeckte Operation durch die CIA durchgeführt, in Abstimmung mit den US-amerikanischen Verbündeten Katar, Saudi-Arabien und der Türkei.

Laut der Einschätzung des DIA gab es keine „gemäßigten Rebellen“, weshalb die US-Politik zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Situation in Libyen nach dem Sturz von Ghaddafi führen würde. Dort führten die imperialistischen Bombardements zu einem gescheiterten Staat, der von islamistischen Milizen umkämpft wird und schon einen US-Botschafter das Leben kostete.

Doch der größte Skandal war nicht die Konfrontation zwischen dem Pentagon auf der einen Seite und der CIA und dem US-Außenministerium (das während des NATO-Einsatzes in Libyen von Hillary Clinton angeführt wurde) auf der anderen Seite, sondern dass später herauskam, dass die Militärs ihre eigene Linie selbst durchgeführt und de facto die offizielle Politik von Obama sowie die Anstrengungen und Geschäfte der CIA boykottiert hatten.

Laut dem Journalisten Seymour Hersh, der seine Legitimität durch die Bekanntmachung des My Lai-Massakers während des Vietnam-Kriegs gewann, gaben Flynn und das Pentagon zu, indirekt geheimdienstliche Militärinformationen mit Russland und dem Assad-Regime über die Lokalisierung von oppositionellen Milizen, die mit Al Quaida und dem Islamischen Staat verbunden sind, geteilt zu haben.

Am Ende dieser Auseinandersetzungen ging General Dempsey in den Ruhestand und General J. Dunford übernahm seinen Platz, der mit der Regierungslinie und dem Außenministerium übereinstimmte.

Abgesehen von einigen Verschwörungstheorien führten diese Rivalitäten innerhalb des „tiefen Staats“ schon zu Krisen unterschiedlichen Ausmaßes, wie die mit Hilfe der CIA veröffentlichten Ordner über Trumps Lebensstil, die Veröffentlichungen der Mails von Hillary Clinton und der Demokratischen Partei, aus denen erkennbar wurde, wie sie den „demokratischen Sozialisten“ Bernie Sanders bekämpfte, oder die russischen Hackerangriffe, die angeblich Trump bei der Wahl geholfen haben.

Hinter der Krise mit Flynn im Zentrum steht der offene Konflikt um die russlandfreundliche Ausrichtung von Trump. Es ist noch nicht klar, ob es sich dabei um eine kurzfristige Linie handelt, um beispielsweise die syrische Krise zu beenden, oder ob es ein größerer Schwenk weg von der feindlichen Politik, die die republikanischen und demokratischen Regierungen der letzten Jahrzehnte gegenüber Russland hatten, sein wird. Ein solcher Schwenk könnte zum Ziel haben, Russland von dem de facto-Block mit China zu trennen, zu dem diese aggressive Politik geführt hat, um so stärker gegen China vorzugehen.

Der chaotische Beginn der Präsidentschaft Trumps drückt die tiefen Spaltungen innerhalb der herrschenden Klasse und dem US-amerikanischen Staatsapparat aus. Trumps Niederlage im Falle des Einreisebanns für Muslim*innen und Geflüchtete gegen die Justiz und eine von den großen Unternehmen des Silicon Valley angeführte breite Allianz, und das Hin-und-Her des ersten Monats aus „trial and error“ zeigen, dass Trump ein schwacher Bonaparte ist. Die Spaltungen in den Höhen des Regimes sind eine Vorbedingung für den Anstieg des Klassenkampfes und die sich wiederbelebende Einheit der Arbeiter*innen mit den Ausgebeuteten und Unterdrückten – den prekären Jugendlichen, den Frauen, den Immigrant*innen, der afroamerikanischen Community – unter einer proletarischen, antikapitalistischen und antiimperialistischen Perspektive.

Dieser Artikel bei La Izquierda Diario

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