Technikmuseum: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

07.10.2017, Lesezeit 4 Min.
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Am Berliner Technikmuseum hat die Ungleichheit ein Ende: Beschäftigte einer Tochterfirma erhalten bald Tariflöhne, genauso wie die Stammbelegschaft.

Nach zehn Jahren hat die Ungleichheit ein Ende. Noch wird eine Hälfte der Belegschaft im Technikmuseum nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) bezahlt. Die andere Hälfte ist über eine 100prozentige Tochterfirma angestellt und verdient fast 40 Prozent weniger für die gleiche Arbeit.

Am Mittwoch gab die Gewerkschaft ver.di bekannt, dass diese Spaltung bald überwunden wird. Mit einem Tarifabschluss werden die 170 Beschäftigten der „T&M GmbH“, Tochterfirma des Museums, rückwirkend zum 1. Januar 2017 eine Lohnerhöhung um ein Viertel erhalten – von 10 auf 13 Euro die Stunde. Zum 1. Januar 2018 wird dann der TV-L für alle Mitarbeiter*innen am Museum eingeführt.

Der Kampf für Gleichheit hat eine lange Vorgeschichte. 2003 wurde die T&M gegründet – verschiedenste Berliner Landesunternehmen haben in der Zeit Tochterfirmen gegründet, um Tarifverträge zu unterlaufen und Niedriglöhne einzuführen. 2007 begannen die T&M-Kolleg*innen, sich gegen befristete Verträge zu wehren und sich bei ver.di zu organisieren. Seit 2008 haben sie einen eigenen Betriebsrat und konnten viele Entfristungen durchsetzen.

Bei der Tarifrunde im Juni letzten Jahres hofften sie auf einen Durchbruch. Zweimal traten sie in den Warnstreik. Die Besucher*innenbetreuung beteiligte sich zu 100 Prozent an den Ausständen, weshalb das Museum jeweils für zwei Stunden geschlossen wurde. Doch der Museumsvorstand um Dirk Böndel lehnte den TV-L ab. Stattdessen gab es eine geringfügige Lohnerhöhung auf 10 Euro die Stunde – und dazu eine Einmalzahlung von 10.000 Euro. Es ging scheinbar ums Prinzip: „Die von uns geforderten Lohnsteigerungen hätten nur einen Bruchteil gekostet“, sagte Betriebsratsvorsitzender Salim Bellachia damals, etwas verwundert. Eine Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder stimmte damals für die Annahme.

Nun diese plötzliche Kehrtwende. Im Frühjahr teilte die Geschäftsführung mit, dass der TV-L doch eingeführt wird. Kein Warnstreik war nötig. Die Belegschaft ist noch verwunderter: „Warum der Senat von sich aus den Tarifvertrag einführen will, den sie uns ja 2016 noch mit Händen und Geldscheinen verwehrt haben, ist unklar“, heißt es aus Kreisen der Gewerkschaftsmitglieder.

Hat das mit dem Regierungswechsel zu tun? Letztes Jahr hatte Michael Müller (SPD), Oberbürgermeister und damals noch Kultursenator, den Vorsitz des Stiftungsrates vom Museum inne. Nun hat Klaus Lederer (Linke) diesen Posten. Das Museum plant gerade einen Neubau für rund 20 Millionen Euro. Wie hätte es ausgesehen, wenn die Beschäftigten bei der Grundsteinlegung in einen Streik getreten wären?

Die Situation am Technikmuseum ist alles andere als eine Ausnahme – ähnliche Konstruktionen gibt es zum Beispiel an den Krankenhäusern Charité und Vivantes.
In verschiedenen Berliner Landesunternehmen führen die Beschäftigten einen „Aufstand der Töchter“. Für die Beschäftigten der Charité Facility Management (CFM) hat Müller die Einführung eines Stundenlohns von 11 Euro die Stunde versprochen sowie eine „Orientierung“ an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, aber „nicht von heute auf morgen“.

Letztes Jahr konnten die ausgegliederten Kolleg*innen des Botanischen Gartens die Angleichung an den TV-L erkämpfen. Und gleich wurde auch die Auflösung der entsprechende Tochterfirma verkündet – denn wozu soll eine Tochterfirma dienen, wenn dort gleiche Löhne gezahlt werden?

Vielleicht geht es mit dem Abschluss am Technikmuseum auch darum, eine gut organisierte und kämpferische Belegschaft zu befrieden, damit es nicht zu einem gemeinsamen „Aufstand“ mit den Krankenhäusern kommen könnte. Die Einführung von Tariflöhnen am Technikmuseum wird laut den Beschäftigten etwas mehr als eine Million Euro im Jahr kosten – Peanuts im Vergleich zu den Kosten bei einer Wiedereingliederung der CFM. Dennoch haben die Kolleg*innen am Technikmuseum ein wichtiges Signal gesetzt – solche Forderungen können sehr wohl von heute auf morgen erfüllt werden.

Dieser Artikel in der Tageszeitung neues deutschland.

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