SPD: Umfragetief und schon wieder ein gebrochenes Versprechen

27.01.2018, Lesezeit 4 Min.
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Am heutigen Freitag begannen in Berlin die Koalitionsverhandlungen zwischen Spitzenvertreter*innen von Union und SPD. Die SPD rutscht derweil in Umfragen weiter ab. Und Martin Schulz kippt wohl schon wieder um.

Große Überraschungen waren vom heutigen Auftakt der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD nicht zu erwarten. Zwar hatten SPD-Vertreter*innen kleine Nachbesserungen im Vergleich zum Sondierungspapier angekündigt, um den „Zwergenaufstand“ auf dem Sonderparteitag abzumildern. Fraktionschefin Andrea Nahles tönte gar, die SPD werde verhandeln, „bis es quietscht“. Angesichts der Schwäche der SPD, der Unnachgiebigkeit ihrer konservativen Verhandlungspartner*innen und der Regelmäßigkeit des sozialdemokratischen Wortbruchs war diesem Gerede aber kaum Glauben zu schenken.

Nun gab es am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen doch Nennenswertes – nur sicherlich nicht im Sinn der SPD. Zuerst die Fakten: Heute morgen ging es im Berliner Konrad-Adenauer-Haus, der Zentrale der CDU, los. Es trafen dort Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz zusammen. Koordiniert werden nun die 18 Arbeitsgruppen von einer sogenannten „Kleinen Runde“, in die die Parteien ihre Spitzenvertreter*innen entsenden. Eine Einigung soll es bis zum 4. Februar, also binnen zehn Tagen, geben.

Das Betteln um Zugeständnisse

Nachverhandeln will die SPD vor allem drei Punkte: Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen, den Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz und die Gesundheitspolitik.
Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung war schon ein Projekt der SPD in der vergangenen Legislaturperiode. Passiert ist nichts. Und auch dieses Mal fand das Thema nicht den Weg in die Sondierungspapiere. Das Thema hatte vor allem der wichtige Landesverband Nordrhein-Westfalen wieder aufgeworfen.

Für Geflüchtete waren die Ergebnisse der Sondierung ein Schlag ins Gesicht, sogar die berüchtigte Obergrenze peilen die künftigen Koalitionär*innen an. Ein umstrittener Punkt war aber die Regelung für den Nachzug von Familien solcher Geflüchteter, die subsidiären Schutz zugestanden bekommen. Eine verhandelte Härtefallregelung sieht maximal 1000 Angehörige vor, die pro Monat aus humanitären Gründen nach Deutschland kommen dürfen. Wie die SPD sich eine neue Regelung vorstellt, ist noch unklar. Dass die CSU auf dem Feld der Migrationspolitik Zugeständnisse macht, kann ohnehin als ausgeschlossen gelten.

Das große Schlagwort Bürgerversicherung, also die Abschaffung der Zweiteilung des Gesundheitssystems in private und gesetzliche Krankenversicherungen, ist längst passé. Nun will die SPD aber mindestens „das Ende der Zwei-Klassen-Medizin einleiten“, wie es im Leitantrag vom vergangenen Sonntag steht. Das soll durch eine gerechte Honorarordnung und die Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte erreicht werden. Umsetzung und Implikationen davon sind aber ebenfalls nicht geklärt.

Miese Umfragewerte und das Schachern um die Posten

Die Vertreter*innen der Unionsparteien gaben bisher keinen Anlass zu der Annahme, dass sich in diesen Fragen etwas bewegen würde. Und die Verhandlungsbasis der SPD hat sich ebenfalls weiter verschlechtert. Während die Union im ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimap unverändert bei 33 Prozent liegt, rutscht die SPD erstmals unter die 20-Prozent-Marke. 19 Prozent erreicht die Sozialdemokratie noch, liegt damit sieben Prozentpunkte vor der AfD. Auch in den Koalitionsverhandlungen trauten die Befragten der SPD wenig zu. 58 Prozent gaben an, die SPD werde nur wenige, 14 Prozent, sie werde keine Forderungen durchsetzen können. Dass sie alle oder viele Forderungen durchsetzen wird, erwartet ein Viertel der Befragten.

Dann wäre da noch der nächste Umfaller von Martin Schulz. Während er im Wahlkampf noch behauptete, dass ein Eintritt in ein Kabinett unter Merkel für ihn nicht infrage komme, will der SPD-Vorsitzende nun wohl doch einen Posten abstauben. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ habe Schulz parteiinternen Aufrufen zum Verzicht auf ein Ministeramt widersprochen. Gehandelt werden wohl das Außen- und das Finanzministerium. Eine wirkliche Überraschung ist das aber auch nicht.

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