Solidarität ist mehr als Hilfe!

07.11.2015, Lesezeit 5 Min.
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Angeblich war es der „Sommer der Solidarität“: Für die Hunderttausenden Geflüchteten, die in den letzten Monaten Deutschland erreicht haben, gab es eine große Welle der Hilfsbereitschaft. Menschen spenden Essen, Trinken, Kleidung, Deutschunterricht…

Doch der Sommer währte nur kurz: Der Diskurs der „Willkommenskultur“ wich der Verschärfung der Asylgesetze. Die Regierung erleichterte Abschiebungen. Währenddessen entwickeln sich Pegida und Co. immer stärker zu einer protofaschistischen Bewegung mit Massencharakter. Gewaltsame Angriffe auf Geflüchtete und Unterkünfte häufen sich.

Angesichts der Zahl der Geflüchteten geben sich staatliche Stellen betont „überfordert“. Kann das sein? Die Bundesrepublik ist ohne größere Mühe in der Lage, ferne Länder wie Afghanistan zu bombardieren und militärisch zu besetzen. Die Bereitstellung von Unterkünften, medizinischer Versorgung, Zugang zu Bildung und Arbeit – das sollte wirklich zu viel sein?

Ein erheblicher Teil dieses „Aufwands“ besteht darin, bürokratische Hürden zu überspringen – die der Staat selbst geschaffen hat und problemlos überwinden könnte, indem zum Beispiel die langwierigen Asylverfahren zugunsten offener Grenzen abgeschafft werden würden. Teilweise stecken auch zynische Pläne rassistischer Poltiker*innen dahinter, die Bilder von chaotischen Unterkünften nutzen, um nationalistische Hetze zu betreiben.

Der deutsche Staat verweigert Hunderttausenden die humanitären Leistungen, zu denen er nach seinen eigenen Gesetzen verpflichtet wäre. Die Solidaritätsbewegung darf sich nicht darauf beschränken, diese Lücke zu schließen. Wir müssen politisch agieren, um den Staat zu zwingen, für die Geflüchteten zu sorgen.

Die niedrigen Löhne für Geflüchtete, die zur Diskussion stehen, sollen die Löhne von allen senken. Die Unterbringung von Geflüchteten in Turnhallen soll nur davon ablenken, dass es dank Privatisierungen ohnehin überall an Wohnungen für Arbeiter*innen und Jugendliche mangelt. An Stelle davon, uns chauvinistisch blenden zu lassen, müssen wir gemeinsam für würdige Bedingungen für alle kämpfen.

Unsere Antwort ist ganz einfach: Mit Waffenexporten, Militärinterventionen und der Ausplünderung der „dritten Welt“ verdient das deutsche Kapital – und treibt damit Menschen in die Flucht. Jetzt muss das Kapital für die Kosten aufkommen!

Wir als Revolutionär*innen organisieren konkrete Solidarität mit den Geflüchteten, aber diese Solidarität richtet sich gegen die Kapitalist*innen und ihren Staat. Dazu schlagen wir ein Programm des politischen Kampfes vor, damit das Kapital die Kosten der Krise tragen muss:

Wohnen

  • Für die Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen statt Lagern!
  • Für die Enteignung von leerstehendem Wohnraum, durch Komitees aus Geflüchteten, Arbeiter*innen und Jugendlichen!
  • Für den Bau von öffentlichem Wohnraum unter Kontrolle von Mieter*innen und Arbeiter*innen, finanziert durch die Enteignung der Immobilienhaie!
  • Keine Profitmacherei mit der Unterbringung der Geflüchteten!
  • Arbeiten

  • Uneingeschränktes Arbeitsrecht für Migrant*innen! Freier Zugang zu Schule, Studium und Ausbildung!
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Keine Überausbeutung von Geflüchteten!
  • Reduzierung der Arbeitszeit, bei vollem Lohn, um sicherzustellen, dass es genug Arbeit für alle gibt!
  • Keine rassistische Spaltung dulden! Die Arbeiter*innenklasse ist eine und kennt keine Grenzen!
  • Gewerkschaften

  • Geflüchtete sind auch Lohnabhängige, deswegen müssen die Gewerkschaften sie organisieren!
  • Mit den Kampfmitteln der Arbeiter*innenbewegung für die Rechte der Geflüchteten eintreten – so können Pilot*innen und Flugbegleiter*innen Abschiebungen praktisch stoppen.
  • Geflüchtete brauchen keine Almosen, sie brauchen politischen Druck für ihre Rechte, wie sie bei der Besetzung des DGB-Hauses letztes Jahr in Berlin formuliert haben.
  • Rechten Terror stoppen!

  • Für breite Massenmobilisierungen gegen den rassistischen Mob!
  • Kein Vertrauen in die Polizei, die Antifaschist*innen jagt, während sie Verständnis für die „besorgten Bürger*innen“ zeigt.
  • Stattdessen die selbstorganisierte Selbstverteidigung gegen Nazis durch Geflüchtete, Arbeiter*innen und Jugendliche!
  • Die Regierung bekämpfen!

  • Für einen vollständigen Abschiebestopp! Für offene Grenzen!
  • Gegen jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr! Diese imperialistischen Interventionen treiben erst Menschen in die Flucht.
  • Für Versammlungen an Schulen, Universitäten und Betrieben, um die Situation zu diskutieren und Maßnahmen zu organisieren, um die Lebensbedingungen von allen zu verbessern!
  • Gegen den Kapitalismus!

  • Die Nationalstaaten mit ihren Grenzen stellen ein Hindernis für die Entwicklung der Produktivkräfte dar. Der Kapitalismus muss zerschlagen werden zugunsten der demokratischen Kontrolle der Produktion durch alle Menschen. Ohne die Widersprüche zwischen den Kapitalblöcken würde es auch keine Kriege und keine Flucht geben.
  • Für eine weltweite sozialistische Räterepublik ohne Grenzen!
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