dritte Konferenz der Reihe „Erneuerung durch Streik“, versammelten sich Aktivist*innen aus Arbeitskämpfen, linke Gewerkschafter*innen und Unterstützer*innen von 30. September bis zum 2. Oktober in Frankfurt. Der Chefredakteur der Klasse gegen Klasse, Stefan Schneider, hat ebenfalls an der Konferenz teilgenommen und Interviews geführt. " /> dritte Konferenz der Reihe „Erneuerung durch Streik“, versammelten sich Aktivist*innen aus Arbeitskämpfen, linke Gewerkschafter*innen und Unterstützer*innen von 30. September bis zum 2. Oktober in Frankfurt. Der Chefredakteur der Klasse gegen Klasse, Stefan Schneider, hat ebenfalls an der Konferenz teilgenommen und Interviews geführt. " />

„Solidarität ist ja keine Einbahnstraße“ – Stimmen von der Streikkonferenz

05.10.2016, Lesezeit 5 Min.
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Ausgehend von dem Aufruf der Rosa-Luxemburg-Stiftung für die dritte Konferenz der Reihe „Erneuerung durch Streik“, versammelten sich Aktivist*innen aus Arbeitskämpfen, linke Gewerkschafter*innen und Unterstützer*innen von 30. September bis zum 2. Oktober in Frankfurt. Der Chefredakteur der Klasse gegen Klasse, Stefan Schneider, hat ebenfalls an der Konferenz teilgenommen und Interviews geführt.

Ronald Tamm, Botanischer Garten FU Berlin

Ronald, was ist dein Eindruck von der Konferenz?

Bis jetzt war sie sehr aufschlussreich, aber viele Sachen sind mir ehrlich gesagt nicht praktisch genug. Man kann hier aber auch viele gute Sachen machen: Man kann sich vernetzen, was ja gerade auch in unserem Arbeitskampf im Botanischen Garten sehr wichtig war, und man kann verschiedene Meinungen dazu hören, wie Gewerkschaften an Arbeitskämpfe herangehen sollten.

Gibt es Dinge, die du dir darüber hinaus noch gewünscht hättest für die Konferenz?

Hier geht es eigentlich immer nur darum, dass man Mitglieder gewinnt und man mit denen arbeiten soll. Dabei lassen sie aber diejenigen, die gar nicht mehr im Prozess drin sind, vollkommen hinten runter fallen. Also wie kann ich das verhindern, dass überhaupt erst über Leiharbeit und Werkverträge so viel Druck auf die Strukturen und Löhne entsteht? Wie komm ich an die Leute heran, die scheinselbständig arbeiten oder als Honorarkräfte?

Diese Perspektive fehlt mir hier ein bisschen. Es geht immer um die großen Massen, darum, wie man Betriebe mit mehr als hundert Leuten mobilisieren kann.

Ihr habt bei euch im Botanischen Garten auch dieses Problem des Outsourcing und der Spaltung der Beschäftigten gehabt. Trotzdem habt ihr den Kampf um einen Tarifvertrag gewonnen, auch wenn es natürlich immer weiter geht. Was ist die Message, die du den Leuten hier mitgibst, wenn du von deinem Kampf erzählst?

Unser Kampf hat ja ziemlich lange gedauert, da heißt es immer dran bleiben, hartnäckig bleiben. Und wenn man so klein ist wie wir: Verbündete suchen, denn allein schafft man das nicht. Da muss man immer dran bleiben, die Solidarität ist ja keine Einbahnstraße, sondern muss auch wieder zurückgehen.

Und wenn man erstmal dabei ist, dann kriegt man mit, dass man nicht der einzige schlimme Fall ist, sondern dass das System hat. Als ich damals bei unserer „Elite-Universität“ angefangen habe, hat mich das zutiefst getroffen, was da mit den Menschen gemacht wird.

Also, man muss dran bleiben, weil es sonst sinnlos ist. Denn auch wenn wir jetzt vielleicht für zwei, drei Jahre Ruhe haben, weil wir unseren Kampf erfolgreich beendet haben, weiß ich, dass die Angriffe woanders weitergehen und auch auf uns zurückkommen werden. Und dann stehen wir da wie vorher.

Jasper, Streiksoli-Bündnis Leipzig

Jasper, warum bist du hier?

Es ist immer cool, wenn Leute zusammenkommen und Austausch haben. Es gibt auch ein spannendes inhaltliches Angebot, das viele Bereiche abdeckt, die für mich und unsere Gruppe spannend und wichtig sind. Außerdem sind wir auch so ein bisschen als Gruppe hier und werden am Sonntag noch einen Austausch über Streiksoli-Arbeit machen.

Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die ihr in den letzten Jahren in der Streiksoliarbeit insgesamt, aber auch hier auf der Konferenz gemacht habt?

Es gibt auf jeden Fall mehr Leute als früher – erstaunlicherweise auch immer neue Leute –, die sich in diesem Feld zwischen linken Gewerkschafter*innen, streiksolidarischen Aktivist*innen und aktiven Beschäftigten bewegen. Das ergänzt unsere eigene Soliarbeit und wir können gut zusammenarbeiten, was natürlich ein gutes Gefühl ist. Das motiviert, den eigenen Kampf weiterzuführen.

Auf der anderen Seite ist das auch ein super Erfahrungsaustausch, derstreiksolidarische Akteur*innen in verschiedenen Branchen vernetzt.

Wolfgang Wendt, Busfahrer bei der BVG und Mitglied der Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv

Was war dein Gesamteindruck von der Konferenz?

Der Gesamteindruck war im Großen und Ganzen sehr vorwärtsweisend. Es gibt in einigen Bereichen gute Fortschritte: Die Basis beginnt, eigene Forderungen zu entwickeln. Jedoch sind dies nur wenige Ausnahmen. In den einzelnen Arbeitsgruppen bei der Konferenz ist noch kein Vorwärtskommen in Sicht gewesen, bezogen auf eine lebhaftere und zeitlich ausgedehntere Diskussion.

Warum bist du auf die Konferenz gefahren? Welche Diskussionen will ver.di aktiv anstoßen?

Ich bin nun zum dritten Mal zur Streikkonferenz hier. Es geht im Allgemeinen immer noch nur um Vernetzungen einzelner Regionen oder Branchen. Ein viel wichtigerer Punkt wäre, einen Schritt nach vorn zu kommen. Dies wäre unter anderem eine breitere Diskussion, in den einzelnen Branchen, hin zur Bildung von Basisgruppen, die eigenständig agieren und handeln können. So wäre auch in der Folgezeit eine bessere Vernetzung einzelner Basisgruppen möglich, mit dem Ziel, das Stellvertreterdenken zurück zu drängen. Ich habe am Sonntag in der AG 18 „ …..langsamer Aufbau von Gewerkschaftsstrukturen?“ versucht unseren bisherigen Werdegang von ver.di aktiv darzustellen, wurde jedoch vom Moderator zeitlich ausgebremst.

Das ist die dritte „Erneuerung durch Streik“-Konferenz, an der du teilnimmst. Gibt es Raum für diese Diskussionen? Was wäre darüber hinaus nötig?

Die Zeit für Diskussionen ist zu kurz, wie schon in den vorhergehenden Konferenzen. Wenn eine Arbeitsgruppe zwei Stunden dauert, muss die Diskussionszeit mindestens 50 – 70 Minuten betragen.

Wichtig wäre auch ein erweitertes Plenum, wo sich Aktive aus einzelnen Betrieben so vorstellen, dass sie sich für „Neue“ auf attraktivere Weise darstellen können.

Einen weiteren Punkt, den ich hier erwähnen möchte ist, dass es gut gewesen wäre, wenn sich Vertreter*innen einzelner Infostände hätten vorstellen können.

Nötig ist nun für die Zukunft, dass wir unsere Wertevorstellung von einer antibürokratischen Gewerkschaft bei sich jeder bietenden Gelegenheit vorantreiben sollten.

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