Schlägt Oliver Höfinghoff (MdA, Piraten / Linke) auf israelische und palästinensische Queer-Aktivist*innen ein? [mit Videos]

24.07.2016, Lesezeit 3 Min.
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Beim Berliner CSD haben Queer-Aktivist*innen gegen die Rede des israelischen Botschafters protestiert. Israel-Fans haben die Aktivist*innen mit Fahnenstangen angegriffen. War darunter ein Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses?

Der Christopher Street Day (CSD) in Berlin steht seit Jahren und Jahrzehnten in der Kritik: Es sei kein kämpferischer Demonstrationszug mehr, sondern nur eine Plattform für Konzerne und Regierungen, um sich als besonders fortschrittlich zu inszenieren. Deswegen gibt es auch eine alternative Demo.

Besonders erfolgreich mit der LGBTI*-Imagepflege ist die israelische Regierung. Mit endlos vielen Regenbogen-Fahnen will sie davon ablenken, dass sie seit fast 50 Jahren die palästinensischen Gebiete unter militärischer Besatzung hält. „Pinkwashing“ nennen das Kritiker*innen.

Dagegen haben Aktivist*innen der Gruppe Berlin Against Pinkwashing nun zum zweiten Mal protestiert, nachdem sie schon eine Petition veröffentlicht hatten. Heute morgen stellten sie sich an den Rand des Aufzugs. Als der israelische Botschafter zu sprechen anfing, antworteten sie mit Sprechchören: „No pride in CSD – until Palestine is free.“ Auf ihren Schildern stand in Regenbogen-Farben:“Queers Against Apartheid“.

„Sobald wir unsere Schilder hoch hielten, wurden wir von hinten mit Stangen angegriffen“ berichtet Majd, Queer-Aktivist aus Palästina, im Gespräch mit KGK. Die Angreifer*innen riefen: „Lang lebe Israel!“ Menschen wurden geschubst und zu Boden geworfen. Die Szene wurde auf Video aufgenommen:

Nach etwa einer Minute kam die Berliner Polizei und hatte die Anti-Pinkwashing-Aktivist*innen umzingelt. Sie wurden gezwungen, den CSD zu verlassen, und in eine Seitengasse gedrängt.

LGBTI*-Rechte in Israel

„Der Staat Israel gibt investiert zehnmal mehr in Pinkwashing-Kampagnen als in den Schutz der Rechte von Queer-Menschen“ sagt Dikla gegenüber KGK. Israel werde als Schwulenparadies dargestellt. „Aber ein Paradies für wen genau? Für reiche schwule Männer? Trans-Menschen werden gleichzeitig auf offener Straße angegriffen.“

Der Monat Juli war besonders schwer für LGBTI*-Menschen in Israel: Rabbiner, die vom Staat unterstützt werden, bezeichnen LGBTI*-Menschen als „pervers“ und „krank“. Die Pride Parade in Be’er Scheva wurde von der Polizei untersagt, weil sie „religiöse Gefühle tief verletzen“ könnte.

Deswegen war Dikla nicht einverstanden, dass der Botschafter dieses Landes und seiner rechten Regierung beim CSD gefeiert wird: „Als Queer-Mensch, der in Tel Aviv aufgewachsen ist, möchte ich nicht, dass diese Propaganda in meinem Namen verbreitet wird.“

Ein MdA?

Bemerkenswert ist, dass diese Queer-Aktivist*innen aus Israel und Palästina von weißen, deutschen Hetero-Cis-Männern angegriffen werden, die ihnen Antisemitismus vorwerfen. Einer von ihnen ist allem Anschein nach Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin, der zur Fraktion der Piratenpartei gehört, aber vor kurzem Mitglied der Partei „Die Linke“ geworden ist: Oliver Höfinghoff.

„Ich habe ganz bestimmt niemanden über das Verbale hinaus angegriffen“, schrieb Höfinghoff auf Facebook, mehrere Stunden nachdem das Video veröffentlicht wurde. „Aber geschimpft habe ich ganz bestimmt.“ Auf dem Videomaterial ist jedoch unverkennbar, dass er nicht nur schimpft, sondern mit einer Fahnenstange auf Menschen einschlägt.

Zumindest ist es eine Person, die Höfinghoff nicht nur erstaunlich ähnlich sieht, sondern auch den gleichen Hut, das gleiche Hemd und die gleiche Brille trägt, die Höfinghoff in einem Twitter-Post vom gleichen Tag trug. Auf Nachfragen zum Videomaterial hat er bisher nicht geantwortet. Er spricht auch von „antisemitischen Parolen“, konnte auf Twitter jedoch bisher keine Parole nennen. Ein weiteres Video, das ihn bei der Aktion zeigt, steht auf YouTube:

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