Schiffbruch des Neoreformismus

09.04.2015, Lesezeit 5 Min.
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// GRIECHENLAND: Vor zwei Monaten gewann Syriza die Wahlen in Griechenland. Sie versprach ein Ende der Sparpolitik. Doch nichts ist passiert. Und der Druck der Troika wird immer größer. //

In den Medien hat ein Wettlauf um die Prognose des griechischen Staatsbankrotts begonnen. Vor einigen Wochen wurde noch vermeldet, dass die Finanzen nur bis Ende Februar ausreichen sollten – jetzt gilt der 8. April als „Deadline“. Obwohl Athen bereits die rechtlichen Grundlagen geschaffen hat, um das Geld der Sozialkassen zu plündern, soll ihr das Geld ausgehen. Wie konnte die Regierung so in Bedrängnis geraten, nachdem sie noch bei Amtsantritt den endgültigen Bruch mit der Sparpolitik versprochen hatte?

Seit ihrer Wahl tut die Regierung um Alexis Tsipras und Giannis Varoufakis nichts anderes, als ihre Wahlversprechen zu brechen und wie ein Lakai des Imperialismus die Kredite und Zinsen so gefällig wie möglich zurückzuzahlen. Beispiele für gebrochene Wahlversprechen gibt es viele, zu den wichtigsten gehören die Nichtanhebung des Mindestlohnes sowie das vertragliche Festhalten an den bereits vorgenommenen Privatisierungen, wie im Fall des Hafens von Piräus. Am 20. März etwa zahlte sie der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Kreditrate von 350 Millionen Euro, am gleichen Tag folgte eine Zinszahlung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 110 Millionen Euro. Wen wundert es da, wenn der Regierung das Geld ausgeht?

Totale Kapitulation

Ebenso trat die Regierung an, um die scheinbar unermessliche Macht der korrupten OligarchInnen zu brechen. Dabei hatte der Finanzminister Varoufakis noch vollmundig angekündigt: „Wir zerschlagen das griechische Oligarchen-System“. Doch Woche für Woche werden mehr Zahlungen fällig. Sie waren und sind ein Mittel vor allem des deutschen Imperialismus, um die Kontrolle über die griechische Wirtschaft zu bewahren.

Die Troika mit Deutschland an der Spitze verfolgt ein übersichtliches Kalkül: Entweder Athen setzt die Bedingungen der „Hilfsprogramme“ weiter um und verspricht „Reformen“ in Form spottbilliger Privatisierungen – oder der Regierung wird kein Geld mehr geliehen. Damit könnte Athen auch pleite gehen und so die öffentlichen Zahlungen von Renten, Gehältern oder Pensionen einstellen. Die Regierung um Tsipras würde massiv an Vertrauen einbüßen. Doch dieses perfide Spiel klappt nur, weil Athen folgsam die Schulden zurückzahlt.

Die Tsipras-Regierung setzt damit das Programm der Kapitulation vor der Troika fort. Diese prüft wieder die Athener Staatsfinanzen. Leider spricht nicht viel dafür, dass die Linkspartei Syriza diesen verräterischen Kurs beenden wird: Schon in den nächsten Wochen stehen weitere Zahlungen in Höhe von mehreren Milliarden an und die griechische Regierung hat nichts besseres vor als die GläubigerInnen zu „beruhigen“.

Regierung ohne Lösung

Schon jetzt hat die griechische Regierung zu viele Gelegenheiten liegen lassen, um mit dem Spardiktat Berlins zu brechen. Besonders Alexis Tsipras gibt dieser Tage ein erbärmliches Bild ab. Nichts ist mehr vom Verbalradikalen zu sehen – er ist nun der „Staatsmann“, der aus Verzweiflung erst nach Berlin zur Abbitte reist, um sodann für etwaige Hilfe in den Kreml zu fliegen.

Die Regierung ist nur angetreten, um die griechischen Massen zu betrügen. Die Illusion, dass man mittels Verhandlungen mit der EU eine Auflockerung des Sparprogramms erreichen könnte, bröckelt – denn nicht einmal die kapitalistische Scheinlösung des Keynesianismus (Stärkung der Binnennachfrage) wird ihr erlaubt.

Damit bleibt nur eine realistische Alternative offen: Die Mobilisierung der Massen gegen das Sparprogramm, die Verstaatlichung der Banken und Schlüsselindustrien und die Besetzung und Übernahme der Fabriken unter ArbeiterInnenkontrolle weisen den Weg aus der Krise. Sämtliche Schulden müssen ersatzlos gestrichen werden, eine Entschädigung darf nicht gezahlt werden – stattdessen soll das Geld für Herstellung öffentlicher Versorgung, Wiedereinstellungen und öffentliche Lohnerhöhungen verwendet werden. Dazu müssen sich die ArbeiterInnen und Unterdrückten organisieren.

Antwort der Klasse

Eine schlagkräftige, unabhängige Organisation der ArbeiterInnenklasse wäre nötig, um dieses Programm umzusetzen. Sie hätte die Aufgabe, die Troika zu verjagen und eine ArbeiterInnenregierung zu errichten.

In Deutschland müssen Linke Widerstand gegen das deutsche Regime leisten. Denn anders als die Linkspartei immer wieder behauptet, ist die kapitalistische EU Ursache und nicht Lösung der Misere – sie muss zerschlagen werden. Die richtige Perspektive sind die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa. Die aktuelle Trennlinie der deutschen Linken vom Sozialchauvinismus muss die Streichung der Schulden sein. Es sind die Schulden der KapitalistInnen, nicht die Schulden der ArbeiterInnen.

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