Ruft die junge Welt zur Wahl einer imperialistischen Kriegstreiberin auf?
Die Kommunistische Partei der USA (CPUSA) unterstützt Hillary Clinton bei den US-Präsidentschaftswahlen am Dienstag. Die junge Welt schreibt, sie sei "das kleinere Übel".
Die linke Tageszeitung junge Welt ist eine der wenigen Massenmedien, die zu fast allen Themen eine konsequent antimilitaristische Haltung zeigt. Umso schockierender ist es, dass die jW am vergangenen Montag auf Seite 3 den Artikel „Für das kleinere Übel“ veröffentlichte. Dieser argumentiert für die Wahl von Hillary Clinton zur US-Präsidentin.
Der Artikel berichtet wohlwollend über die Wahlempfehlung der stalinistischen CPUSA – der „Schwesterpartei“ der DKP und ihrer Jugendorganisation SDAJ – für die Kriegstreiberin. Dabei schreibt die jW selbst, eine Präsidentschaft von Clinton sei „Garantin für weitere US-geführte Kriege“. Doch aufgrund des US-amerikanischen Wahlsystems, das Kandidat*innen kleinerer Parteien oder Unabhängigen faktisch keine Chance bietet, sei die Wahl Clintons die einzige realistische Option.
Das Problem an diesem „Realismus“ ist, dass er unweigerlich den reaktionären Charakter einer Clinton-Präsidentschaft relativiert. Im Artikel werden Hoffnungen geschürt, dass die Clinton-Plattform progressive Forderungen für Unterdrückte durchsetzen könnte, beispielsweise „bezüglich der Bekämpfung der weitverbreiteten Polizeigewalt gegen Schwarze und Latinos“. Vergessen wird dabei, dass unter dem aktuellen Präsidenten Barack Obama, der ebenfalls Clintons Partei angehört, die Polizeigewalt gegen Minderheiten zugenommen hat und drei Millionen Menschen abgeschoben wurde.
Niemand bestreitet, dass Trump „eine direkte Bedrohung für die Demokratie darstellt“, wie der Vorsitzende der CPUSA in dem Artikel sagt. Doch die Wahl des „kleineren Übels“ suggeriert, dass es möglich sei, die Demokratische Partei zu einem Kurswechsel zu bewegen. Am deutlichsten wird das durch Aussagen wie diese:
Nach der Wahl gehe es für die verschiedenen fortschrittlichen Bewegungen darum, Clinton weiterhin unter Druck zu setzen und sie auch außenpolitisch zu einem Kurswechsel zu bewegen. Gegenüber Clinton könne man in dieser Hinsicht deutlich wirksamer Druck aufbauen als gegenüber Trump.
Das ist pures Wunschdenken, welches nicht nur die passivierende Wirkung unterschlägt, die beispielsweise die Obama-Administration auf die sozialen Bewegungen hatte – die deshalb letztlich deutlich weniger Druck aufbauen konnten als auf die Bush-Regierung. Aber vor allem wird damit die Notwendigkeit des Aufbaus einer von beiden Kandidat*innen der Bourgeoisie unabhängigen Partei auf später verschoben. Dabei ist die USA heute – nach den Erfahrungen der „Black Lives Matter“-Bewegung und Kampagnen wie der „15NOW“-Mindestlohn-Kampagne – mehr als je zuvor in den letzten zwei Jahrzehnten in einer Legitimationskrise, die linksradikale Kräfte nutzen müssen, anstelle davon, für das „kleinere Übel“ zu werben.