Red Brain Nr. 2: Auf zum Schulstreik!

07.06.2011, Lesezeit 9 Min.
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Red Brain ist eine linke, antikapitalistische SchülerInnenzeitung, die von einer unabhängigen SchülerInnengruppe (in Zusammenarbeit mit RIO) am John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte her­aus­gegeben wird. Die Ausgabe gibt es als PDF, die einzelnen Artikel gibt es unten:

Diesen Donnerstag (9. Juni), 12.30 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz

Es ist mal wieder soweit: Schulstreik!

Die Gewerkschaft der LehrerInnen (GEW) ruft zur Demonstration gegen die Überlastung der LehrerInnen an Berliner Schulen auf. Diesmal schließen sich die SchülerInnen an. Zusammen gehen wir gegen die schlechten Bedingungen an den Schulen auf die Straße. Bei den Schulstreiks der letzten Jahre sind die gemeinsamen Demos nicht wirklich gelungen – diesmal sollten wir die Chance nutzen, um ein klares Zeichen zu setzten!

Beim letzten LehrerInnenstreik im April sind 6.000 LehrerInnen trotz enormer Drohungen vom Bildungssenator Zöllner auf die Straße gegangen. Jetzt sollten wir diesen Erfolg fortsetzten. Gegen die Versuche der Schulleitung, des Senats oder mancher LehrerInnen, uns vom Streiken und Demonstrieren abzuhalten, solltet Ihr Euch daran erinnern, dass im Grundgesetz sehr weit vorne die Meinungs- und Versammlungsfreiheit festgeschrieben sind.

An unserer Schule haben sich in den letzten Wochen SchülerInnen zum Streikkomitee getroffen. Diese SchülerInnen treffen sich am Donnerstag, den 9.Juni, in der Pause um 11:20 Uhr vor der Schule, um gemeinsam zur Demo am Rosa Luxemburg Platz zu gehen.

Kommt und schließt euch ihnen an, um gemeinsam Druck für bessere Bildung zu machen! Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen: Lasst uns zusammen für bessere Bildung auf die Straße gehen!

Eure Red Brain-Redaktion

Für wen ist das Schulsystem da?

Kennst du das nicht auch? Früh um 7 Uhr klingelt Dein Wecker und Du quälst Dich in die Schule, um dann 8 Stunden lang in überfüllten Klassen und mit überforderten LehrerInnen dem Leistungsdruck standzuhalten. Du musst dir sofort jedes Thema merken und am Besten für immer im Kopf behalten. Wer zurück bleibt, hat halt Pech gehabt.

Nach der Schule geht der Stress weiter mit Hausaufgaben machen oder für Tests und Arbeiten büffeln. Das ist ja auch notwendig, um nicht „später Hartz 4 zu bekommen“, wie Dir die LehrerInnen immerzu einreden wollen. Dann wird auch noch zusätzlich der Leistungsdruck erhöht und die Abiturzeit von 13 auf 12 Jahre verkürzt. Herzlichen Dank auch!

Wie das Wort Schulpflicht schon sagt, ist es eine Pflichtveranstaltung, die bei den meisten Widerwillen, Stress und Frust hervorruft. Meist bleibt wenig Zeit für die Weiterbildung eigener Talente oder Interessen. Stattdessen setzen wir uns mit Themen auseinander, die wir uns nicht ausgesucht haben. Obwohl wir angeblich zu mündigen BürgerInnen erzogen werden, macht uns die Schule unmündig.

Gegliedertes Schulsystem

Die Konkurrenz um Jobs, Studienplätze und Noten verschärft sich immer weiter.

An Sekundarschulen hat fast keine/r mehr eine gute Perspektive, da unser Schulsystem so aufgebaut ist, dass ein Aufstieg von einer Sekundarschule (7-10 Klasse, MSA) zu einem Gymnasium oder zu einer Universität sehr schwierig ist. Den SchülerInnen mit einem MSA bleibt dann häufig nur übrig, im späterem Leben als billig LohnarbeiterInnen ausgebeutet zu werden.

Dies ist alles nur möglich, weil wir in Berlin nach der 4. Klasse bzw. der 6. Klasse in Sekundarschulen oder Gymnasien aufgeteilt werden. Dabei sind die SchülerInnen zwischen 8 und 12 Jahre alt und haben deswegen noch kein Mitentscheidungsrecht. Das Ergebnis dieser Teilung ist oft vom Einkommen der Familie abhängig. Die Zahlen der PISA-Studie belegen, dass die soziale Schicht und die Frage, ob ein Kind Migrationshintergrund hat, entscheidenden Einfluss auf die Bildung haben.

Bildung im Kapitalismus

Auch in unserer Schule sehen wir, dass die Schulpolitik zu Lasten von SchülerInnen und LehrerInnen geht. Und wer profitiert am Ende davon?

Im Bildungssystem mischen sich immer mehr Konzerne ein: Sie gründen Privatschulen und sind durch „Sponsoring“ auch an staatlichen Schulen dabei.

Doch das Problem geht tiefer. Denn das Bildungssystem ist nicht von der Gesellschaft zu trennen. Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft, in der die große Mehrheit arbeitet, um Profite für eine kleine Minderheit zu schaffen.

Der Kapitalismus braucht deswegen Lernfabriken, in denen wir auf den Arbeitsmarkt „vorbereitet“ werden – was nichts anderes heißt, als dass wir zu unterwürfigen ArbeiterInnen geformt werden. Dazu werden wir von klein auf zu Leistungs- und Konkurrenzdenken erzogen. Das ist auch der Grund, warum das gegliederte Schulsystem selektiert.

Wir sollen den Stoff auswendig lernen und am Besten niemals etwas hinterfragen, so dass wir uns auch keine kritische Meinung zu diversen Themen bilden können. Denn LehrerInnen sind vom Staat vertraglich dazu verpflichtet, sich an den Lehrplan zu halten, der ihnen von oben vorgegeben wird, und alle an der „ kurzen Leine“ zu halten, die sich dagegen aussprechen.

Deswegen sollte Kritik am Schulsystem immer eine Kritik am kapitalistischen System sein. Und wir sollten uns selbst bilden, damit wir einen Beitrag zur Überwindung dieses System leisten können.

DDR = Kommunismus?

Seit einiger Zeit liegt es mir auf dem Herzen, diesen Text zu schreiben, weil mich das Thema sehr ankotzt. Ich schätze mal, es handelt sich hier um staatliche Propaganda in der Schule und im allgemeinem Sprachgebrauch.

Und zwar war die DDR kein „Kommunismus“, wie es so oft behauptet wird. Wenn ich das dann sage, heißt es: Ja, aber sie war kommunistisch ausgelegt. Auch diese These ist falsch.

Kommunismus ist eine Gesellschaftsform frei von Klassen, Staat und Eigentum – also auch frei von Diktatur. Die Deutsche Demokratische Republik war, wenn überhaupt, sozialistisch ausgelegt: Offiziell hat die ArbeiterInnenklasse über die anderen Klassen geherrscht. Die DDR war aber stalinistisch, da die Macht nicht durch Räte, die von den ArbeiterInnen frei gewählt wurden, ausgeübt wurde und die Unternehmen nicht von ArbeiterInnen geleitet wurden. Die ArbeiterInnen verfügten nicht über notwendige demokratische Freiheiten, um in den wichtigen Fragen entscheiden zu können.

Ich will mit diesem Artikel nicht die Diktatur der DDR schützen, sondern den Begriff des Kommunismus. Es wäre fast schon eine Beleidigung des Kommunismus, ihn mit der Gesellschaftsform der DDR gleichzusetzen.

Naziaufmarsch in Kreuzberg

Am 14. Mai marschierten über 100 Neo-Nazis in Kreuzberg auf. Empfangen wurden sie von 400 GegendemonstrantInnen. Eine heiße Situation, sollte man meinen. Die anwesenden PolizistInnen sahen dies jedoch anders. So meinten sie dann auch einfach wegsehen zu können, als Dutzende Nazis austickten und PassantInnen sowie GegendemonstrantInnen angriffen. Bilanz: Über 30 Verletzte.

Die Polizei hielt minutenlang die Füße still. Immerhin gab es im Anschluss an die zwanglose Prügeltirade ja noch ein paar Verhaftungen. Zumindest bis Sonntag-Mittag. Dann war auch das letzte Braunhemd wieder auf freiem Fuß.

John Lennon = Revolutionär?

Natürlich kennt jedeR von Euch John Lennon als Sänger der Beatles. Viele wissen auch, dass er ein sehr politischer Mensch war.

Aber nur wenige von Euch werden wissen, dass Lennon jahrelang vom MI5 (britischer Geheimdienst) und FBI (US-amerikanische Bundespolizei) ausspioniert wurde. Im Hauptquartier des FBI wurden 10 Ordner über John Lennon gesammelt.

Nachdem Lennon in die USA zog, beauftragte der damalige US Präsident Nixon das FBI, John Lennon und auch Yoko Ono auszuspionieren, um einen Grund zu finden, Lennon aus den USA abzuschieben. So verfolgte das FBI die beiden unter anderem in irischen Bars in New York, wo für die linke Unabhängigkeitsbewegung IRA (Irish Republic Army) Geld gesammelt wurde.

In den Unterlagen des FBI finden sich unter anderem Dokumente, die angeblich beweisen, dass John Lennon z.B. 46.000 Pfund an verschiedene linke Gruppen und Parteien zahlte, unter anderem an die trotzkistische Organisation „Workers’ Revolutionary Party“ und an das marxistische Magazin „Red Mole“.

Lennon wurde auch auf diversen Demonstrationen und Kundgebungen ausspioniert, wo seine Liedtexte, die er dort sang, Wort für Wort von FBI-Spionen mitgeschrieben wurden.

In den Dokumenten steht auch, dass er auf einer Londoner Kundgebung für die IRA ein Schild hoch hielt, auf dem zu lesen war: „Sieg für die IRA über den britischen Imperialismus“.

Nach dem Bloody Sunday in Nordirland, wo 14 Menschen auf einer Demonstration von der britischen Armee erschossen wurden, proklamierte Lennon: „Wenn es eine Wahl zwischen der IRA und der britischen Armee gibt, dann bin ich auf Seiten der IRA“.

Deswegen finde ich, dass wir John Lennon nicht nur als Sänger und Namensgeber unserer Schule, sondern auch als revolutionären Linken sehen sollten.

Zitat des Monats…

Lerne das Einfachste! Für die,

Deren Zeit gekommen ist,

Ist es nie zu spät!

Lerne das ABC, es genügt nicht, aber

Lerne es! Laß es dich nicht verdrießen!

Fang an! Du mußt alles wissen!

Du mußt die Führung übernehmen. (…)

Scheue dich nicht, zu fragen, Genosse!

Laß dir nichts einreden,

Sieh selber nach!

Was du nicht selber weißt,

Weißt du nicht.

Prüfe die Rechnung,

Du mußt sie bezahlen.

Lege den Finger auf jeden Posten,

Frage: wie kommt er hierher?

Du mußt die Führung übernehmen.

Bertolt Brecht, „Lob des Lernens“

Termine

* Diskussionsveranstaltung zu den Protesten im Spanischen Staat:
Ende Juni in Kreuzberg – mehr Infos bald auf www.revolution.de.com

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