Pro Choice: Tausende demonstrieren gegen den „Marsch fürs Leben“ in München 

14.04.2024, Lesezeit 4 Min.
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Demo gegen den Aufmarsch von Abtreibungsgegner:innen. Bild: Ricarda Julia (KGK).

Am vergangenen Samstag demonstrierten mehrere tausend Menschen in München gegen den Aufmarsch radikaler Abtreibungsgegner:innen.

Bereits zum vierten Mal veranstaltete der antifeministische Verein „Stimme der Stillen e.V.“ bestehend aus radikalen Abtreibungsgegner:innen den „Marsch fürs Leben“ in München. Zu den Teilnehmer:innen gehören christlich-fundamentalistische, konservative und rechte Gruppierungen sowie Akteur:innen, die der sogenannten „Lebensrechtsbewegung“ zugerechnet werden können. Ihre gemeinsame Überzeugung besteht im Kampf gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, wobei sie ihre rechte Ideologie mit einer bewusst neutral gewählten Rhetorik kaschieren, die in ihrem medialen Auftritt durch Bilder von glücklichen Familien und auffallend häufig jugendlichen Personen ergänzt wird. Zu der „Lebensrechtsbewegung“ gesellen sich rechte katholische Organisationen wie die „Piusbruderschaft“, rechte Burschenschaften, Anhänger:innen der „Christdemokraten für das Leben“ sowie AfD-Mitglieder. 

Wie auch in den vergangenen Jahren gab es einen lautstarken Gegenprotest, der maßgeblich von dem „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung München“, das bereits seit 2021 die Demos gegen den „Marsch fürs Leben“ organisiert, und dem neu gegründeten „Pro Choice München“-Bündnis getragen wurde. Nach einer Auftaktkundgebung am Odeonsplatz folgte eine kämpferische Demo von „Pro Choice“, die sich schließlich der stehenden Demo unter dem Motto „My Body, My Choice!“ vom „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung München“ in der Katharina-von-Bora-Straße in unmittelbarer Nähe zum Treffpunkt der Abtreibungsgegner:innen am Königsplatz anschloss. Laut Angaben der Veranstalter.innen beteiligten sich hieran mehr als 3.000 Personen. Verschiedene Redner:innen betonten, dass sich der Protest einerseits auf das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und eine freie Entscheidung über den eigenen Körper bezieht, andererseits aber darüber hinausgeht und sich auch gegen die antifeministischen, queer- und transfeindlichen Einstellungen, die in der „Lebensrechtsbewegung“ insgesamt vorherrschen, richtet. 

Grundsätzlich ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland nach Paragraf 218 StGB rechtswidrig; er bleibt jedoch straffrei, wenn er in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft erfolgt und zuvor eine Beratung stattfand. Seit Langem gibt es gegen die dennoch weiterhin bestehende Illegalisierung Protest. Anfang April legte eine von der Bundesregierung beauftragte Expert:innenkommission nun ihren Abschlussbericht vor, in dem sie zu dem Schluss kommt, dass eine „grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft […] nicht haltbar“ sei. Aus Sicht des Gremiums sei auch eine Legalisierung über die zwölfte Woche hinaus möglich; eine Grenze zieht es erst bei der 22. Woche. 

Der Kampf der Abtreibungsgegner:innen gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche basiert demnach nicht auf wissenschaftlicher Grundlage, sondern folgt einer rechten Ideologie, die sich wesentlich gegen die Entscheidung über den eigenen Körper richtet. Dabei ist es so: Kein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen wird dazu führen, dass es sie nicht mehr gibt. Ganz im Gegenteil werden Schwangere dazu gezwungen, das Verbot zu umgehen, wobei sie sich – vor allem, wenn sie nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen – mitunter in gesundheitlich enorm gefährliche Situationen begeben. Die Abschaffung des Paragrafen 218 ist unbedingt notwendig, sodass Abtreibungen legal, kostenlos und frei zugänglich bereitgestellt werden können.

An Veranstaltungen wie dem „Marsch fürs Leben“ zeigt sich, dass der Kampf für dieses Recht immer auch Teil des Kampfes gegen Rechts sein muss. Die Abschaffung des Paragrafen 218 allein reicht jedoch nicht aus, sondern muss mit einem Kampf gegen Kürzungen und Schließungen im Gesundheitswesen verknüpft werden. Denn diese beeinträchtigen die Möglichkeiten, überhaupt einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen zu können, wenn beispielsweise entsprechende Praxen fehlen oder geschlossen werden müssen. Daher ist es die Aufgabe der Gewerkschaften, sowohl gegen Paragraf 218 als auch gegen Kürzungen und Schließungen im Gesundheitsbereich insgesamt zu kämpfen. 

Hinweis: In einer vorherigen Version des Artikels wurde lediglich das „Pro Choice München“-Bündnis als Veranstalter der Demos genannt. Tatsächlich aber wurde die Demo in der Nähe des Königsplatzes von dem „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung München“ veranstaltet, das bereits seit 2021 die Proteste gegen den „Marsch fürs Leben“ organisiert. Wir haben dies korrigiert.

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