Politisches Erdbeben in MV: AfD zweitstärkste Partei, CDU mit historischer Niederlage

04.09.2016, Lesezeit 3 Min.
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Am Sonntag wurde in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Mit mäßigen Verlusten bleibt die SPD die stärkste Partei und die wahrscheinlichste Regierungsoption ist die Fortführung der Großen Koalition. Doch es gibt eine Sensation: Die AfD kommt aus dem Stand auf knapp 22 Prozent und wird damit zweitstärkste Partei – vor der CDU, die eine historische Niederlage einfährt.

Die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern markiert einen neuen Höhepunkt der politischen Krise der etablierten Parteien. Nicht nur erreicht die AfD bei einer Landtagswahl wieder komfortabel mehr als 20 Prozent, sondern wird damit auch noch zur zweitstärksten Kraft. Die CDU bleibt fast drei Prozentpunkte hinter der AfD und erleidet mit nur 19 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte im Nordosten.

Auch die SPD verliert über fünf Prozentpunkte, liegt jedoch mit ihren 30 Prozent deutlich über früheren Umfragen, die sie vor einigen Monaten noch bei 22 Prozent sahen. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bisherigen Regierungsparteien in MV zusammen fast zehn Prozentpunkte verloren haben. Die SPD muss sich nun zwischen der Fortführung der Großen Koalition und einer Wiederauflage von Rot-Rot entscheiden, wobei ersteres die wahrscheinlichere Option ist.

Gleichwohl ist die historische Niederlage der Nordost-CDU ein politisches Erdbeben. Auch deshalb, weil Mecklenburg-Vorpommern die politische Heimat der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist. Analyst*innen aller Parteien betonten denn auch die bundespolitische Dimension dieser Wahl. Diese besteht darin, dass die Geflüchtetenpolitik der Bundesregierung das zentrale Wahlkampfthema war. Auch SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering hatte Merkel immer wieder von rechts kritisiert. Gleichzeitig war das Wahlergebnis ein unüberhörbares „Alarmsignal“ (Sellering) für die Bundestagswahlen im kommenden Jahr.

AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm sprach sogar vom „Anfang vom Ende der Bundesregierung“. Sein Parteikollege, der AfD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Björn Höcke, hat das Wahlergebnis seiner Partei in Mecklenburg-Vorpommern gar als „Minimalziel“ für die Bundestagswahl 2017 ausgegeben.

Alle Parteien haben Stimmen an die AfD verloren. FDP, Grüne und NPD fliegen deshalb sogar aus dem Landtag. Gleichzeitig lag die Wahlbeteiligung bei über 60 Prozent, zehn Prozentpunkte mehr als 2011. Auch davon profitierte vor allem die AfD.

Besonders interessant ist vor diesem Hintergrund auch das Abschneiden der Linkspartei: Die einstige „linke Volkspartei“ kam auf gerade einmal 12 Prozent und fuhr damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte im Nordosten ein. Nachdem sie zwischen 1998 und 2006 gemeinsam mit der SPD an der Regierung beteiligt war, hatte sie schon bei den letzten Wahlen eine herbe Schlappe eingefahren. Auch in den vergangenen Jahren hat sie es nicht geschafft, eine linke Alternative zur Großen Koalition zu präsentieren. Im Vorfeld der Wahl hatte sie Hoffnungen auf Rot-Rot-Grün geschürt und sich als verantwortungsbewusste Regierungspartei dargestellt. Die AfD hingegen inszenierte sich als Oppositionspartei und gewann.

Wie auch bei den anstehenden Wahlen in Berlin am 18. September ist damit die Strategie der etablierten Parteien, „gegen die AfD zu wählen“, krachend gescheitert Deshalb ist das Wahlergebnis in MV nicht nur ein Zeichen der wachsenden Instabilität des Parteienregimes, sondern auch ein weiterer Beweis dafür, dass die AfD nicht im Parlament, sondern nur auf der Straße gestoppt werden kann.

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