Pariser Universität: Wahlsieg für revolutionäre Liste

23.02.2023, Lesezeit 4 Min.
1
Foto: O Phil des Contrastes / Revolution Permanente

Das Jugendkollektiv Le Poing Levé konnte an der bedeutenden Universität Paris VIII einen Wahlsieg mit mehr als 40 Prozent der Stimmen erzielen. Mit einem revolutionären Programm schnitt die Organisation besser ab als die sozialdemokratische Jugend und die Liste der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA).

Eine neue Welle des Klassenkampfs spült über Frankreich – dieses Mal noch stärker als in den letzten Jahren. Präsident Emmanuel Macron versucht wieder eine unbeliebte Rentenreform umzusetzen, die 2019 durch Massenmobilisierung gestoppt worden war. Dieser Angriff auf den Lebensstandard der französischen Arbeiter:innenklasse treibt Millionen auf die Straße, die das nicht hinnehmen wollen. In diese massiven Streiks und Proteste interveniert eine Jugendorganisation, Le Poing Levé, und hat großen Erfolg damit. An der Universität Paris VIII drückt sich das in einem Wahlergebnis für eine offen revolutionäre Liste von mehr als 40 Prozent der Stimmen aus.

Le Poing Levé ist eine Jugendgruppierung von Révolution Permante, der französischen Schwesterorganisation der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO), die Klasse Gegen Klasse herausgibt. Sie vertreten ein offen revolutionär-sozialistisches Programm für Arbeiter:innen, Frauen, queere und rassifizierte Menschen, das sich gegen den Imperialismus, wie den von Frankreich oder Deutschland, stellt und dabei strategisch auf die Kraft der unabhängigen Aktionen der Arbeiter:innen setzt. Darunter fallen Forderungen speziell zur Uni, wie den Zugang aller „papierlosen“ Geflüchteten zur Uni, kostenlosen Zugang zu Verhütungsmittel, die Einrichtung einer Kinderkrippe und eine kostenlose und personenspezifische Betreuung von Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus fordert sie die Anpassung der Löhne aller Beschäftigten der Uni an die Inflation und die Abschaffung aller Studiengebühren finanziert durch die Besteuerung von großen Vermögenden.

Um sich über ihre Aktionen auszutauschen und zukünftige Aktionen zu planen, stößt Le Poing Levé an, dass demokratische Vollversammlungen an den Universitäten stattfinden, bei denen sie sich nicht auf die teilweise sehr künstlichen Trennungen von verschiedenen Sektoren einlassen, die leider üblich sind. Sie laden Arbeiter:innen ein, die gegen die Rentenreform streiken zusammen mit Gymnasiast:innen, einem Sektor, der in diesen Protesten von der Polizei stark unterdrückt wurde, an den Versammlungen teilzunehmen, um von ihrer Perspektive auf die Proteste zu erzählen.

Doch auch, wenn es in Frankreich regelmäßig zu großen Mobilisierungen kommt, verlieren sich die Genoss:innen nicht in den Protesten auf der Straße und behalten die Probleme von ihnen und ihren Kommiliton:innen an der Uni im Blick. Auf ihrer Wahlliste stand auch ein:e Vertreter:in des Instituts für Fernunterricht, da diese Studierende, unter denen Arbeiter:innen, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung sind, Schwierigkeiten haben, Sitze in den Gremien der Hochschule zu erhalten. Sie unterstützten ihre Kommiliton:innen an weiter entfernten technischen Campus der Paris VIII – als es beispielsweise Protest gegen die Schließung einer Kantine in der Pandemie gab, auf die viele Studierende angewiesen waren. Die Listen anderer Organisationen verirren sich nur zum Wahlkampf zu solchen Aktionen. So überwinden Le Poing Levé die Spaltung zwischen technischen und geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen und zeigt, dass es ihnen wirklich um die Belange der Studierenden geht.

Somit sind sie nicht nur im Namen eine Vertretung der Studierenden, sondern sie gehen in den Kampf mit der Hochschulleitung, die fundamental andere Interessen hat als die Studierenden und zogen bei der Wahl an den Listen der Studierendengewerkschaft (UNEF-UEAF) vorbei, die der französischen Sozialdemokratie (Frančois Hollands Parti socialiste) nahestehen. Sie konnten auch wesentlich besser abschneiden als andere linke Listen, unter anderem der, der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) und der offiziell überparteilichen, aber programmatisch de facto regierungsnahen FAGE.

Wir wollen am kommenden Montag (28. Februar) darüber diskutieren, wie wir diese Erfahrungen der Jugend, die sich auf den Klassenkampf stützt und sich unabhängig von bürokratischen Führungen und der Regierung organisiert, um ihre eigene Probleme zu lösen, nach Deutschland übertragen können. Um 19 Uhr findet dafür eine Online-Veranstaltung mit Alberta Nur von Le Poing Levé statt.

Online-Veranstaltung: Klassenkampf in Frankreich: Arbeiter:innen und Jugendliche gegen die Regierung, 27. Februar, 19 Uhr

Mehr zum Thema