Opposition kommt nur von rechts: „Sie schaffen das“

01.12.2015, Lesezeit 5 Min.
1

Die Alternative für Deutschland (AfD) nutzt das reaktionäre Klima aus, um sich auf ihrem Parteitag vergangenen Samstag als einzige Opposition zur Merkel-Regierung zu inszenieren und auf Mitgliederfang zu gehen. 3.000 Menschen demonstrieren gegen die rassistische Hetze der AfD.

Zum Ende des Jahres finden eine Reihe von Parteitagen statt. Während die Regierungsparteien SPD und CDU noch warten, sind die Linken, Grüne und die CSU schon durch. Weder Grüne noch die Linkspartei haben besonders die Herausforderung der Regierung gesucht.

Das hat taktische Gründe: Zum eine sitzen sie entweder mit CDU oder mit der SPD gemeinsam in der Regierungsverantwortung. Dort machen Linke und Grüne zudem fast die gleiche Politik wie die Große Koalition im Bund. Zum anderen hoffen die beiden jeweils, 2017 an die Macht zu kommen: Die Grünen mit den Chistdemokrat*innen oder der Sozialdemokratie, die Linkspartei in einer Rot-Rot-Grünen Koalition.

Im Gegensatz dazu wandte sich die CSU deutlich gegen die Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der „Flüchtlingskrise“. Ihr Vorsitzender Horst Seehofer verurteilte sie auf offener Bühne für die Politik der „offenen Grenzen“ und forderte nationale Obergrenzen.

Hauptthema „Flüchtlingskrise“

Auch die AfD nutzte ihren Parteitag, um sich als einzige – rechte – Opposition zu der Geflüchtetenpolitik der Regierung darzustellen. Die Vorsitzende Frauke Petry forderte die Bundeskanzlerin offensiv zum Rücktritt auf: „Treten sie zurück, sie schaffen das“, waren ihre Worte in Anlehnung an das Merkelsche Mantra in der „Flüchtlingskrise“.

Der Parteitag war dabei nur ein Teil der rechten Offensive, durch die die AfD in den letzten Monaten hervorstach. In zahlreichen Städten mobilisierte sie Woche für Woche Hunderte und gar Tausende zu Kundgebungen für brutale Einschränkungen des Asylrechts. Dabei konnte sie sich in ein Sammelbecken rechter Banden, alter und neuer Nazis und eben auch all der Rechtsterrorist*innen, die in den letzten Monaten an Angriffen auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte beteiligt waren, verwandeln.

Durch ihre Mobilisierungen spitzt die AfD das rechte Klima weiter zu, das immer mehr in physische Gewalt gegen Geflüchtete mündet. Gleichzeitig bildet sie in vielen Gemeinden einen Anlaufpunkt der rechten Politisierung für alle von der Regierungspolitik Enttäuschten. Und während die Regierung Schritt für Schritt ihre rechte Agenda mit der Verschärfung der Asylgesetzgebung durchsetzte, radikalisiert die rechte Partei sich weiter.

Das drückte sich auch auf dem AfD-Parteitag aus. Dort wurde statt der Resolution des Vorstandes zur „Asylfrage“ sogar ein weitergehender Vorschlag der Landesgruppe aus Nordrhein-Westfahlen angenommen: neben der Schließung der Grenzen und der Abschiebung abgelehnter Geflüchteter – ohnehin schon reaktionäre Forderung des Vorstands – eine nationale Obergrenze, die Abschaffung des Familiennachzugs, die Inhaftierung aller abgelehnten Geflüchteten auch die Ablehnung aller auf dem Landweg oder durch „sichere Drittländer“ ankommenden Menschen. Besonders der letzte Punkt würde einem vollständigen Aufnahmestopp gleichkommen. Zudem soll das Asylrecht eingeschränkt werden und die „nationale Identität“ schützen. Der Staat müsse „wehrhaft und kraftvoll“ werden. Er soll also, noch stärker als jetzt schon, ein direktes Mittel der Unterdrückung gegen alle Geflüchteten, Immigrant*innen, Frauen und Menschen der sexuellen Vielfalt im Interesse der herrschenden Klasse sein.

„Zweite Geburt unserer Partei“

Trotz dieser Teilniederlage für den Vorstand um Frauke Petry konnte sie sich als unangetastete Führung bestätigt sehen. Selbst die rechte Opposition um den Landesvorsitzenden aus Thüringen, Björn Höcke, der bei seinen Reden in Erfurt gerne von der „tausendjährigen Zukunft Deutschlands“ spricht, hielt sich zurück. Das Hauptziel der rechtsnationalen Petry war es, auf dem ersten Parteitag nach der Abspaltung des wirdschaftsliberalen Flügels um den Ex-Vorsitzenden Bernd Lucke, keine internen Streitereien aufkommen zu lassen und sich auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr vorzubereiten.

Die AfD gewinnt nicht nur Tag für Tag die verlorenen Mitglieder anderer Parteien hinzu, sie konsolidiert sich zudem auch als politisches Projekt deutlich weiter rechts als die Ursprungspartei und liegt mittlerweile bei Umfragen bundesweit bei über 10%. Damit stellt sie eine direkte Gefahr für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten dar.

Rassismus: nicht mit uns!

3.000 Menschen trugen ihre Wut auf den Rassismus der AfD am Samstag in Hannover auf die Straße. Ein breites Bündnis aus antifaschistischen Gruppen, Gewerkschaften sowie Die Linke, SPD und Grünen rief zu den Protesten auf. Wie heuchlerisch der „Antirassismus“ der bürgerlichen Parteien ist, liegt auf der Hand: Sie selbst führen die schlimmsten Angriffe auf die Rechte der Geflüchteten durch oder tolerieren diese Angriffe, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Zu Wort gekommen ist zumindest die SPD auf der Demo nicht.

Die Demonstration zog von der Stadtmitte zum Tagungsort der AfD: dem Hannover Congress Center. „Die Demo war sehr friedlich“, berichtete ein teilnehmender Aktivist. „Doch als die Demo auf den Platz ihrer angemeldeten Abschlusskundgebung wollte, hat die Polizei den Platz abgeriegelt. Die erste Reihe hat etwas Druck gemacht und da haben die Polizisten sofort ihre Knüppel raus geholt und die Leute eingepfeffert.“

Bis auf eine größere Gruppe von kurdischen Jugendlichen waren kaum Migrant*innen oder Geflüchtete auf der Demo. Das zeigt ganz klar die Schwäche der deutschen Linken. Um den Rassismus auf den Straßen und in den Parlamenten zurück zu schlagen ist eine breite Bewegung nötig: eine Einheitsfront aus Arbeiter*innen-, Schüler*innen-/Studierenden- und Refugee-Organisationen.

Mehr zum Thema