Österreichs Metaller*innen gehen auf die Barrikaden

06.11.2017, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

Die jährlichen Verhandlungen der Kollektivverträge der Metallarbeiter*innen geraten durch den Boykott der Bosse ins Stocken. Das könnte der Weckruf für die in der Sozialpartnerschaft verhafteten Gewerkschaften sein, endlich in die Offensive zu gehen.

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Ein fixer Bestandteil der österreichischen Sozialpartnerschaft sind die jährlichen Kollektivvertrags-Verhandlungen zwischen den Arbeitergeberverbänden und der Gewerkschaft. Im Herbst fällt traditionell der Startschuss mit Verhandlungen in der Metallindustrie. Der Abschluss in dieser Branche ist ein Referenzrahmen für die Verhandlungen in allen anderen Branchen und damit für alle Arbeiter*innen in Österreich.

Aufgrund eben dieser Rolle war der „Metaller – Kollektivvertrag“ seit längerem Angriffsziel der Unternehmer*innen, wobei die Verhandlungen normalerweise trotz allem ruhig abliefen. So wird in Österreich, Streikzeit in der Statistik nicht in Tagen, sondern in Minuten angegeben. Ganz im Sinne des sozialen Friedens (also der friedlichen Ausbeutung der Arbeiter*innen) und der Gewerkschaftsbürokratie. Im Zuge der Wirtschaftskrise und der Krise der österreichischen Sozialdemokratie, hat sich das jedoch geändert und die branchenweiten Verhandlungen werden von Seite der Kapitalist*innen sabotiert, die am liebsten alles nur noch auf Betriebsebene regeln würden.

Gemeinsam forderten die PRO-GE (Produktionsgewerkschaft) und die GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) 4 Prozent mehr Lohn für die über 180.000 Beschäftigten der Metallindustrie und weitere Verbesserungen unter anderem bei der Lehrlingsentschädigung. Eine der höchsten  Forderungen der letzten Jahre, und das durchaus gerechtfertigt bei einer Inflation von fast 2 Prozent (beim Mikrowarenkorb, also Gütern des täglichen Bedarfs sogar 4,1 Prozent) und einem Konjunkturaufschwung, der den Unternehmen zusätzliche Milliarden einbringen wird.

Der Obmann und Chefverhandler für den Fachverband der Metalltechnischen Industrie reagierte prompt: Für ihn sind diese Forderungen „weit weg jeder wirtschaftlichen Vernunft“, und überhaupt möchte er die österreichische Inflationsrate nicht als Berechnungsbasis nehmen. Schließlich würden 80 Prozent der Gewinne im Export erwirtschaftet, daher komme für ihn allenfalls die europäische Inflationsrate infrage. Dass die Arbeiter*innen aber hier leben und ihre Miete bezahlen müssen, interessiert ihn anscheinend einen Dreck. So haben die bisher vier Verhandlungsrunden kein Ergebnis gebracht und es liegt bis heute noch nicht einmal ein Angebot der Arbeitgeber*innen vor.

Das geht sogar den Gewerkschaft zu weit und so fanden bis heute bis zu 400 Betriebsversammlungen statt, um Druck aufzubauen, aber auch um mögliche Kampfmaßnahmen zu diskutieren. Denn sollte auch heute keine Einigung gefunden werden, sollen Kampfmaßnahmen folgen.

Angesichts der neuen Regierung und der Offensive der Unternehmer*innen ist das auch bitter nötig. Die österreichische Arbeiter*innenklasse und die Gewerkschaften müssen aus ihrem „Winterschlaf“ erwachen und lernen, dass Streik nicht „das letzte Mittel“ ist, sondern notwendig, um den sozialen Kahlschlag zu verhindern. Die Metaller*innen hätten jetzt die Möglichkeit ihrer Vorbildwirkung gerecht zu werden und kraftvoll in die Offensive zu gehen.

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