Nazis hetzen, der Staat stimmt zu!

18.01.2017, Lesezeit 4 Min.
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Andreas Vosskuhle (C) President of Germany's Constitutional Court leads his fellow judges into the courtroom for the start of the trial against the Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) in Karlsruhe, Germany, March 1, 2016. Germany's highest court opened proceedings on Tuesday on whether to ban the far-right NPD, increasing the likelihood that the party branded by critics as neo-Nazi could soon be outlawed. REUTERS/Kai Pfaffenbach - RTS8PS0

Zum zweiten Mal scheiterte nun ein Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch im Gegensatz zu 2003 versinkt die Partei heute immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Überhaupt war das ganze Verfahren nicht mehr als ein antifaschistischen Feigenblatt, mit dem sich die Länder nach dem NSU-Skandal schmücken wollten.

Als das Bundesverfassungsgericht 2003 zum ersten Mal über ein Verbot der NPD entscheiden musste, konnten die Richter*innen nicht unterscheiden, welche Positionen in der Partei durch die V-Leute hineingetragen wurden und welche nicht. „Fehlende Staatsferne“ war damals ein Grund für die Ablehnung des Verbotes. Doch die wahren Dimensionen dieser „fehlenden Staatsferne“ wurden uns spätestens mit dem Auffliegen des NSU-Skandals im Jahr 2011 klar.

Nicht nur, dass die Partei maßgeblich von V-Leuten aufgebaut wurde. Sie waren es auch, die Waffen organisiert und systematisch Akten vernichtet haben. Als dieser Skandal 2011 aufgedeckt wurde, war der Druck auf die Länder riesig – waren es doch die eigenen Verfassungsschützer*innen, die am mörderischen Treiben beteiligt waren. Offiziell zehn Opfer fielen dem NSU zum Opfer. Über 180 weitere Menschen sind seit 1990 von Nazis ermordet worden. Eine Konsequenz aus diesem Skandal war eine erneute Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die NPD im Jahr 2013 im Bundesrat – Bundestag und Bundesregierung haben sich im Übrigen im Gegensatz zu 2003 gar nicht angeschlossen.

NPD bedeutungslos

Parallel dazu befindet sich die NPD im Niedergang. Besonders mit dem Aufstieg der AfD verliert die Partei immer mehr an Zuspruch. Das drückt sich einerseits dadurch aus, dass die NPD in keinem einzigen Landesparlament mehr vertreten ist. Auf der anderen Seite haben sich auch auf der Straße neue rechte Kräfte formiert, die den rassistischen Alltag bestimmen. Die Identitären, der III. Weg und natürlich auch die AfD. Auch die Richter*innen stützen ihr gestriges Urteil auf diesen Abstieg. Ja, die Partei ist „verfassungsfeindlich“ – und ja, die Partei steht ihrem Wesen nach dem nationalsozialistischen Erbe sehr nahe, aber sie ist eben bedeutungslos. Deshalb gehe von ihr keine Gefahr mehr für den bürgerlichen Staat aus.

Sicherlich wäre ein Verbot der letzte Nagel in den Sarg der Partei gewesen. Doch die rechte Gewalt geht unabhängig davon weiter. Längst haben andere Kräfte die Hauptrolle im aktuellen Rechtsruck übernommen. Was hätte es uns überhaupt genutzt, wenn die NPD ihre Hetze nicht mehr regulär finanziert bekommt, während die weitaus größere und einflussreichere AfD mit genau der gleichen Scheiße weiter regulär Politik machen kann?! Eine Politik, die weitaus größere Wellen schlägt, als es die NPD jemals getan hat. Stramme Faschisten wie Björn Höcke übernehmen immer mehr das Ruder. Forderungen, wie der Aufbau von faschistischen Bürgerwehren oder dem Schusswaffeneinsatz gegen Geflüchtete, können schon seit einiger Zeit in der AfD laut ausgesprochen werden.

Heuchelei des Staates

Die Militarisierung deutsche Großstädte, vermehrte rassistische Kontrollen und der traurige Abschieberekord im Jahr 2016 offenbaren dabei die Heuchelei des deutschen Staates. So schmückten sich die Länder einerseits mit dem Verbotsverfahren gegen die NPD als Antwort auf den NSU-Skandal, während der Verfassungsschutz weiterhin die Aufklärung des NSU-Skandals behindert. Ganz abgesehen von unzähligen Asylrechtsverschärfungen und der massiven Militarisierung nach innen, die vor allem Geflüchtete, LGTBI* und linke Aktivist*innen zu spüren bekommen.

Diese Beispiele machen allzu deutlich, dass es dem Staat mit dem Verbotsverfahren niemals darum ging, rechter Gewalt und Hetze entgegenzutreten. Es ging ihm lediglich darum, den Schein zu wahren, nur um jetzt noch stärker ihre rassistische Politik voranzutreiben. Solch eine Politik wird niemals von bürgerlichen Gerichten verboten werden. Nur wenn wir unabhängig vom Staat selbst organisiert antirassistische Strukturen gegen Nazis und Staat aufbauen, können wir dem Rechtsruck ein Ende setzen!

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