NATO und Russland Hände weg von der Ukraine! Nieder mit dem imperialistischen Säbelrasseln!

25.01.2022, Lesezeit 8 Min.
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Foto: Oleh Dubyna / shutterstock.com

Angesichts der Zuspitzung der Ukraine-Krise braucht es eine unabhängige Bewegung der Arbeiter:innen und der Jugend gegen den Krieg: Gegen die NATO, ihre Kriege und jegliche wirtschaftliche und politische Einmischung der USA und der EU in der Region! Putins bonapartistische Regierung und seine Vasallen sind keine Alternative! Für die sofortige Schließung aller NATO-Stützpunkte in Deutschland!

Die Ukraine-Krise spitzt sich immer mehr zu. Seit dem Ende des Kalten Krieges gab es keine so große militärische Konfrontation mehr zwischen der NATO und Russland wie in der aktuellen Situation. An der gesamten Ostgrenze der EU und im Mittelmeer stockt die NATO inzwischen Truppen, Schiffe, Kampfjets und Waffensysteme auf. So haben die USA 8.500 Truppen in „erhöhte Alarmbereitschaft“ versetzt. Darüber hinaus erwägt US-Präsident Biden, weitere Kriegsschiffe und Flugzeuge in das Baltikum und nach Osteuropa zu verlegen. Dänemark sendet ein Kriegsschiff in die Ostsee und stationiert F-16-Kampfflugzeuge in Litauen. Die spanische Regierung schickt Kriegsschiffe für die ständigen Seestreitkräfte der NATO und erwägt die Entsendung von Kampfflugzeugen nach Bulgarien. Auch Frankreich sei bereit, Truppen nach Bulgarien zu schicken, teilte die NATO mit. Die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung an die ukrainische Regierung wird von Seiten mehrerer NATO-Staaten ebenfalls fortgesetzt. Und schon in den vergangenen zwei Jahren hat die EU-freundliche ukrainische Regierung unter Wolodymyr Selenskyj erhebliche finanzielle und militärische Hilfe von der EU und den US-Regierungen von Trump und Biden erhalten.

Russland wird beschuldigt, in die Ukraine einmarschieren zu wollen und zu dem Zweck bis zu 100.000 Streitkräfte an der ukrainischen Grenze zusammengezogen zu haben. 2014 hatte das Putin-Regime die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer annektiert und in der Berbauregion um Donezk und Luhansk pro-russische Separatist:innen geheimdienstlich und militärisch unterstützt. Diese reaktionäre Invasion – ebenso wie die Unterstützung arbeiter:innenfeindlicher Regime wie in Belarus und Kasachstan – dient dem russischen Bonaparte Putin dazu, seinen Einfluss auf die Region zu sichern. Diese Eskalationsspirale ist eine Reaktion auf die Politik der Einkreisung Russlands durch den US-amerikanischen und europäischen Imperialismus als Teil der Ausweitung des Einflusses der NATO im gesamten ehemaligen sowjetischen Raum. Die Erweiterung der NATO von 16 auf 30 Staaten, darunter einige Grenzstaaten zu Russland wie die baltischen Staaten, und die Erweiterung der EU nach Mittel- und Osteuropa waren bisher die wichtigsten Instrumente dieser geopolitischen Ausrichtung.

Zuletzt musste auch der deutsche Marinechef, Vize-Admiral Schönbach, nach umstrittenen Äußerungen zurücktreten. Er hat China als größere Bedrohung als Russland bezeichnet. Einen möglichen Einmarsch von Putins Truppen in die Ukraine bezeichnete er zudem als “Nonsens” und meinte, dass Putin nur Respekt einfordert. Letztlich plädiert er also dafür, Russland für den Kampf gegen China zu gewinnen. Doch währenddessen rasseln bürgerliche Medien seit Wochen immer schärfer mit den Säbeln und fordern auch von der deutschen Bundesregierung ein offenes militärisches Eingreifen. So fordert beispielsweise der SPIEGEL Waffenlieferungen gegen den „wahnsinnigen“ Putin.

Auch wenn die Bundesregierung bisher offiziell Waffenlieferungen und ein militärisches Eingreifen ablehnt, werden auch innerhalb der Ampel-Regierung – beispielsweise aus den Reihen der FDP – Forderungen nach Waffenlieferungen lauter. Bisher setzen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf „Diplomatie“ – gemeint sind damit jedoch nicht nur Gespräche zur „Deeskalation“ der Lage, sondern vor allem: Wirtschaftssanktionen. Bislang ist sich die Bundesregierung noch uneins, ob beispielsweise die Blockade der Nordstream-2-Gaspipeline in Frage kommt, jedoch stimmt sie darin überein, mit ökonomischen Sanktionen ihre imperialistische Politik in Osteuropa zu untermauern.

Die wirtschaftliche Dimension des Konflikts

Die wichtigsten Konfliktparteien im Ukraine-Konflikt sind die USA und Russland: der weltweit größte Produzent von Erdöl gegen den zweitgrößten. Nicht nur ein Kampf um geostrategische Positionen, sondern auch um Absatzmärkte.

Erst vor fünf Jahren waren die USA erstmals seit den 70er Jahren wieder zu dem Land aufgesteigen, welches weltweit am meisten Erdöl und Erdgas fördert. Mit der umweltzerstörenden Fracking-Methode konnten sie große Reserven von im Schiefergestein gebundenen Erdgas fördern. Die USA stiegen dabei nicht nur zum größten Produzenten, sondern auch zum größten Exporteur dieser strategischen Rohstoffe auf, womit sie auch wieder eine größere Kontrolle über die Weltmärkte erlangen konnten.

Doch gerade in Deutschland, der größten Ökonomie der Europäischen Union, setzen die USA fast kein Öl und Gas ab. Zwar verfünffachte sich zwischen 2017 und 2020 der deutsche Rohlöimport aus den USA, doch macht er gerade einmal 4,3 Prozent des insgesamt importierten Erdöls aus. 29 Prozent kommen nach wie vor aus Russland. Beim Erdgas beträgt der Anteil der Importe aus Russland sogar über die Hälfte.

Um einerseits ihren Absatzmarkt in Deutschland zu vergrößern, andererseits den sich hauptsächlich durch Rohstoffexporte finanzierenden russischen Staat zu schwächen, wollen die USA seit Jahren einerseits das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 verhindern und andererseits Flüssiggas (LNG) nach Deutschland exportieren. Eine Politik, mit der die USA bisher weitestgehend gescheitert sind. Bis heute gibt es nicht einen deutschen Hafen, der über ein LNG-Terminal für den Import mit Frachtschiffen aus den USA verfügt, und drei der vier geplanten Projekte wurden im vergangenen Jahr gestoppt. Gleichzeitig wurde trotz US-Sanktionen das Pipelineprojekt Nord Stream 2 fertiggestellt und kurz vor Silvester vollständig mit Erdgas befüllt. Es fehlt nur noch die offizielle Freigabe durch die deutschen Behörden, damit das russische Gas nach Greifswald fließen kann. Eine Freigabe, die jedoch selbst der SPD-Bundeskanzler Scholz im Zuge der Ukrainekrise inzwischen zur Disposition stellt.

Die Ukraine-Krise könnte angesichts dieser Situation tiefgreifende ökonomische Auswirkungen haben: Während Russland Gaslieferungen nach Europa drosselt, steigen die Energiepreise auch in Deutschland immer weiter an. So zeigt sich, dass eine mögliche kriegerische Eskalation nicht nur die Massen in der Ukraine und Osteuropa betreffen könnte, sondern auch die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland und Europa. Auch wenn ein offener Krieg aktuell weder im Interesse Europas oder Russlands ist, kann die militärische Eskalationsspirale eine Eigendynamik entwickeln, die nicht im Interesse der Arbeiter:innen und der Massen ist.

Die einzige fortschrittliche Außenpolitik ist demgegenüber diejenige, die sich nicht auf die Verteidigung imperialistischer nationaler Interessen stützt, sondern auf den Internationalismus. Eine internationalistische Politik bedeutet, sich gegen jede Einmischung des Imperialismus in der Region zu wehren, angefangen bei seinem eigenen, d.h. dem deutschen und europäischen Imperialismus. Sei es militärisch, wie von Biden und der NATO vorgeschlagen, oder wirtschaftlich, durch Handelssanktionen und Ausplünderung, wie es Deutschland und die EU seit Jahren praktizieren.

Die Reaktion der Regionalmacht Russland auf diese imperialistische Offensive ist jedoch ebenso reaktionär. Deshalb ist in diesem Konflikt eine unabhängige Position erforderlich. Denn es gibt keine fortschrittliche Lösung für die Völker der Region, weder durch den US-amerikanischen und europäischen Imperialismus noch durch ihre Marionettenregierungen wie die ukrainische Regierung. Aber auch nicht von Putins Regierung und den übrigen pro-russischen reaktionären Regierungen. Nur ein unabhängiger, von der Arbeiter:innenklasse angeführter Ausweg mit der Perspektive sozialistischer Arbeiter:innenregierungen könnte die Garantie aller demokratischen und nationalen Rechte und ein Ende der systematischen Ausplünderung durch ausländische Unternehmen und lokale Oligarchien garantieren.

Nein zum Krieg: Für den Abzug aller ausländischen Truppen und die Schließung der NATO-Stützpunkte!

Der Slogan „Nein zum Krieg“ ist in der aktuellen Situation von zentraler Bedeutung. Während die bürgerlichen Medien und selbst einige „ukrainische Sozialist:innen“, die der ISO nahestehen, imperialistische Sanktionen und ein militärisches Eingreifen gegen Russland fordern, ist es für Internationalist:innen zentral, uns gegen die Politik unserer eigenen imperialistischen Regierung zu stellen. Die Bundesregierung setzt keineswegs nur auf „Diplomatie“ und „friedlichen Dialog“, wie sie glauben machen möchte, sondern auf aggressive Wirtschaftssanktionen – und nur vorerst noch nicht auf militärische Intervention, wie es andere NATO-Staaten jetzt schon tun. Die NATO-Mission in Litauen führt die Bundeswehr jetzt schon an.

„Nein zum Krieg“ bedeutet den sofortigen Abzug aller NATO-Truppen und Kriegsgeräte, genauso wie aller russischen Truppen und Kriegsgeräte aus der Region, ebenso wie ein sofortiges und bedingungsloses Ende aller weiteren Auslandsmissionen der Bundeswehr und der NATO, die die gleiche imperialistische Funktion erfüllen. Nieder mit der NATO und die sofortige Schließung aller NATO-Basen in Deutschland und ganz Europa!

Eine antiimperialistische Haltung bedeutet auch, jegliche wirtschaftliche und politische Einmischung der USA und der EU in der Region abzulehnen und zugleich eine unabhängige Position gegenüber dem russischen Regime einzunehmen, welches keinen progressiven Ausweg für die ukrainischen und osteuropäischen Massen anzubieten hat – ebensowenig wie für die russischen Massen selbst.

Es ist an der Zeit, dass die von der Regierung unabhängige Linke gemeinsam mit den Gewerkschaften und den sozialen Bewegungen zu Mobilisierungen für diese elementaren Forderungen aufruft, um der gegenwärtigen Kriegstreiberei Einhalt zu gebieten. Die Mobilisierungen anlässlich der Sicherheitskonferenz (SIKO) in München vom 18. bis 20. Februar und gegen den kommenden G7-Gipfel in Elmau sind dafür zentral.

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