Mit Geflüchteten kämpfen

30.11.2015, Lesezeit 6 Min.
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Das reaktionäre Klima in Deutschland und Europa verstärkt sich seit Monaten. Übergriffe auf Geflüchtete und Antifaschist*innen sind an der Tagesordnung und rechte Kräfte, wie die AfD, bekommen massiv Zulauf. In diese Atmosphäre hinein plant die Bundesregierung erneut eine Asylrechtsverschärfung und neue Kriegseinsätze. Flugblatt der Revolutionär-kommunistischen Jugend (RKJ) gegen den Marsch der NPD durch Hellersdorf.

Nazis fühlen sich in Berlins Randbezirken leider viel zu wohl. Schon die Proteste vor zwei Jahren gegen die Eröffnung der Geflüchtetenunterkunft in der Carola-Neher-Straße sorgten für viel Aufsehen, bei denen sich Anwohner*innen der Hetze der NPD anschlossen. Auch im Winter demonstrierten Hunderte Rechte gegen die Aufnahme von Geflüchteten. Bis heute zählen wir massenhaft Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterstützer*innen. Die soziale Zuspitzung im Bezirk tut dabei ihr Übriges. Die Polizei stellt sich regelmäßig schützend vor Nazi-Demonstrationen und bekämpft lieber antifaschistische Gegenproteste und Initiativen.

Gegen die Regierung

Das hat allerdings nichts mit „guter“ oder „böser“ Cop zu tun, sondern ist Ausdruck der Funktion der Polizei als bewaffneter Arm des Staates. Kein Wunder also, dass die Polizei lieber rechte Hetze toleriert oder sogar verteidigt, wenn ein Staat Geflüchtete mit Arbeitsverboten, Residenzpflicht und Lagerunterbringung „willkommen“ heißt, oder sie durch Abschiebungen in Krisen- und Kriegsgebiete zurück ins Elend oder den Tod stürzt. Die Bundesregierung hat allein in den letzten 14 Monaten vier (!) Mal das Asylrecht verschärft. Dabei folgen sie, soweit es ihren Interessen entspricht, den rassistischen Forderungen von Pegida und Co. nach mehr Abschottung. Besonders die Spaltung in „Wirtschafts-“ und „Kriegsflüchtlinge“ offenbart die Bedürfnisfeindlichkeit des Asylrechts. So wurde beispielsweise der Kosovo zum sicheren Drittstaat erklärt (wodurch es laut dem Dublin-Gesetz ermöglicht wird, Asylsuchende ohne Umschweife wieder zurückzuschicken) – obwohl dort vor allem Roma und LGBTI* massiv diskriminiert werden und noch heute mehrere hundert Bundeswehrsoldat*innen stationiert sind. Auch der faktische Abschiebestopp nach Afghanistan wurde aufgehoben, während man gleichzeitig den Militäreinsatz vor Ort verstärkt, da die Bedrohung durch die Taliban so stark ist, wie nie zuvor.

Gegen imperialistische Kriegseinsätze

Dabei kündigt die Bundesregierung seit den Anschlägen von Paris neue Kriegseinsätze in Syrien und Mali an. Doch sind es genau diese Kriege, die nicht zuletzt ursächlich für die Verelendung und Flucht von Millionen von Menschen sind. Diese Einsätze haben sowohl wirtschaftliche, als auch politische Motive. Denn nur eine stabile Staatsgewalt ist ein verlässlicher Partner. Wenn imperialistische Staaten von „Demokratisierung“ reden, bedeutet das nichts weiter, als die Gewährung von reibungslosen Regierungswechseln im Interesse westlicher Staaten. Die Verelendung soll damit nicht bekämpft werden. Ganz im Gegenteil: Die Abhängigkeit von ausländischem Kapital zwingt den Großteil der Bevölkerung erst in die Lohnabhängigkeit unter erbärmlichsten Bedingungen. Diese Verhältnisse, ob Krieg oder Verarmung, zwingen viele Menschen zur Flucht. Um diese Fluchtbewegungen einzudämmen, bedienen sich imperialistische Staaten erneut den dortigen Regierungen, die besonders die Grenzen zu Europa brutal sichern.

Für den Aufbau von Basiskomitees

Dieser Zuspitzung des reaktionären Klimas stellt jedoch auch eine Chance für verstärkten Widerstand dar. Der Schul- und Unistreik 19. November mit 4.000 Jugendlichen hat eindrucksvoll bewiesen, dass sich viele Schüler*innen und Studierende gegen den rassistischen Normalzustand zur Wehr setzen wollen. Tausende zeigten während der Demonstration nicht nur der CDU-Zentrale den Mittelfinger, sondern auch dem Verteidigungsministerium, also den Verantwortlichen für Kriege und Krisen in der ganzen Welt. An diese Entschlossenheit gilt es nun, anzuknüpfen. In den letzten Wochen haben sich bereits antirassistische Basiskomitees an Schulen und Unis gegründet, die alltägliche Solidarität in Form von Aktionen und Info-Veranstaltung organisiert haben. Diese Entwicklung auszudehnen muss unsere nächste Aufgabe sein, um Nazi-Strukturen und staatlichem Rassismus entschlossenen Widerstand entgegenzusetzen. Solche Komitees können auch der Ausgangspunkt für antifaschistischen Selbstschutz bei Geflüchtetenunterkünften und Demonstrationen sein. Denn auf den Staat können wir uns dabei nicht verlassen.

Bündnis mit Arbeiter*innen

Zentral dabei ist das Bündnis mit allen Unterdrückten und Ausgebeuteten. Denn besonders die Arbeiter*innen haben die Macht soziale Forderungen effektiv durchzusetzen. Ein U-Bahn-Fahrer der BVG wies während der Schul- und Unistreiks beispielsweise darauf hin, dass sich Pilot*innen einfach weigern könnten, Abschiebungen durchzuführen, wie es in der Vergangenheit auch schon vorgekommen ist. Gewerkschaften kommt somit eine entscheidende Rolle in einem antirassistischen Kampf zu. Geflüchtete haben nicht das Recht, Mitglied einer Gewerkschaft zu werden, obwohl sie Teil der Arbeiter*innenklasse sind. Sie sind besonders von der starken Prekarisierung, Arbeitslosigkeit und Verarmung betroffen und waren auch Arbeiter*innen in ihrer Heimat. Sie sind es auch, die am meisten unter den imperialistischen Kriegen leiden. Gemeinsam mit Geflüchteten müssen wir für ihr Recht, Teil von Gewerkschaften zu werden, kämpfen, um gemeinsam als Lohnabhängige zu kämpfen.

Der Nährboden für rassistische Ideologie liegt im Kapitalismus. Die Verelendung von Teilen der Arbeiter*innen und die Angst vor sozialem Abstieg des Mittelschichten sind Wasser auf die Mühlen faschistischer Bewegungen, wie man deutlich an Bewegungen wie Pegida und Ablegern sehen kann. Bisher weigern sich die Apparate diesen Kampf aufzunehmen. Umso zentraler ist es, die Entschlossenheit und Angriffslust von Jugendlichen mit dem Kampf der Geflüchteten und dem der klassenkämpferischen Arbeiter*innen zu vereinen, um antirassistische Basiskomitees in Gewerkschaften aufzubauen.

  • Gegen die Unterbringung von Geflüchteten in Lagern! Für eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen durch die Förderung von sozialem Wohnungsbau und Enteignungen!
  • Gegen imperialistische Kriegseinsätze! Für ein Ende aller Auslandseinsätze, sowie von Waffenexporten!
  • Bedingungsloses Bleiberecht für alle Menschen!Für einen sofortigen Abschiebestopp! Gegen jede Verschärfung des Asylrechts! Gegen Arbeitsverbote und Residenzpflicht!
  • Für die Aufnahme von Geflüchteten in Gewerkschaften!Für ein volles Arbeitsrecht für Geflüchtete. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

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