Merkel auf dem Vormarsch

05.03.2015, Lesezeit 5 Min.
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// Und der Reformismus von Syriza bietet keinen Ausweg. // Vorabdruck aus Klasse Gegen Klasse Nr. 14, die am 6. März erscheint! //

Haben Merkel und Schäuble das Ziel erreicht, von dem die deutsche Bourgeoisie seit mehr als einhundert Jahren träumt?

Seit fünf Jahren herrscht eine rigide Sparpolitik in Griechenland, die von Berlin und Brüssel aus diktiert wird. Doch am 25. Januar hat die griechische Bevölkerung massiv gegen die Austerität gestimmt und die linke Partei Syriza unter Alexis Tsipras ins Amt gehievt.

Deutsche Stiefel

Syriza hatte versprochen, die Sparpolitik zu beenden und die Troika aus dem Land zu werfen. Nicht zufällig war es ein deutscher Minister, Wolfgang Schäuble, der diesen Plänen eine Absage erteilte: Die Privatisierungen und Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung müssten fortgesetzt werden oder Griechenland werde wirtschaftlich zum Kollaps gebracht.

Am 20. Februar erzielte die griechische Linksregierung eine Einigung mit der Eurogruppe, die Tsipras als Sieg verkaufte. Doch das ist Augenwischerei: Das Kürzungsprogramm der Vorgängerregierung wird fortgesetzt und die Europäische Kommission, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank werden weiterhin darüber wachen. Der Mindestlohn wird entgegen der Wahlversprechen erstmal nicht angehoben und die vorgenommenen Privatisierungen werden nicht zurückgenommen.

Schäuble und Merkel haben selbst die kleinsten Zugeständnisse an die griechische Regierung verweigert. Denn in dieser Auseinandersetzung geht es nicht in erster Linie um die Schulden – die die griechische Bevölkerung ohnehin nie wird zurückzahlen können –, sondern um die vollständige Kontrolle der griechischen Wirtschaft. Das deutsche Kapital musste ein Exempel statuieren, dass seine Hegemonie nicht zur Diskussion steht. „Es kann keine demokratische Wahl gegen die europäischen Verträge geben“, wie der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte.

Gescheiterte Strategie

„Selten ist eine Strategie so eindeutig und so schnell gescheitert.“ So beurteilt Stathis Kouvelakis, Mitglied des linken Flügels von Syriza, das Ergebnis der Verhandlungen. Und Manolis Glezos, griechischer Widerstandskämpfer gegen die deutsche Besatzung zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und jetzt Europaparlamentarier für Syriza, entschuldigte sich dafür, dass er „an dieser Illusion mitgewirkt“ hatte. Der 92-Jährige fordert die Basis von Syriza dringend dazu auf, über die aktuelle Situation zu beraten: „Lasst uns reagieren, bevor es zu spät wird.“

Dieser Aufruf ist sicherlich richtig. Dass Tsipras seine Kapitulation als Sieg feiert, kann bei den Massen, die ihre Hoffnungen in Syriza gesetzt hatten, nur zur Demoralisierung führen. Doch das Problem ist nicht neu: Die Strategie von Syriza, auch ihres linken Flügels, war immer darauf ausgerichtet, die ArbeiterInnenklasse zu demobilisieren – sie sollten nicht auf ihre eigenen Kämpfe vertrauen, sondern auf die Wahlen zum Parlament und die Verhandlungen mit den KreditgeberInnen.

Bereits seit 2012 hat Syriza ihr Programm in der Hoffnung auf einen Kompromiss mit der Troika immer mehr gemäßigt. Diese Strategie ist nun mit der harten Haltung des deutschen Imperialismus zusammengestoßen und hat Schiffbruch erlitten. Denn diese Institutionen können nicht „demokratisiert“ werden – sie können nur durch die Mobilisierung einer größeren sozialen Kraft gestürzt werden.

Revolutionäre Strategie

Für ein tatsächliches Ende der Sparpolitik müssen die Schulden sofort und vollständig gestrichen werden (die Forderung wird auch von vielen Menschen in Griechenland erhoben). Jede „Neuverhandlung“, wie sie Syriza versucht, wird nur bedeuten, dass die griechischen ArbeiterInnen und Jugendlichen weiter zugunsten der europäischen Banken und Konzerne ausgepresst werden. Statt einer Orientierung auf einen „vernünftigen Kompromiss“ wird nur ein unbarmherziger Kampf gegen die EU-Institutionen Rettung bringen. Nicht in Brüsseler Hinterzimmern, sondern auf den Straßen Europas können die deutschen Pläne zurückgeschlagen werden.

Gerade auch in Deutschland ist eine Mobilisierung gegen die Politik des deutschen Imperialismus notwendig. Geradezu fatal ist deshalb die Haltung der Linkspartei, der Erpressung durch die Troika im Bundestag zuzustimmen. Die objektiven Grenzen des parlamentarischen Reformismus im Rahmen der Krise werden immer deutlicher. Die konsequente Schlussfolgerung daraus muss sein, dass eine Partei aufgebaut werden muss, die die ArbeiterInnenklasse als unabhängige politische Kraft gegen das Kapital mobilisiert.

Die griechische Bevölkerung braucht unsere bedingungslose Solidarität im Kampf gegen „unsere“ Regierung. Doch gleichzeitig brauchen wir eine klare Kritik von links an der griechischen Regierung, die den Schulden und der Sparpolitik zugestimmt hat. Denn die Solidarität mit den griechischen Massen bedeutet auch aufzuzeigen, dass im Kampf gegen die deutschen Semikolonisierungsversuche der Reformismus in eine Sackgasse führt. Eine revolutionäre Alternative muss her, in Griechenland und weltweit.

dieser Artikel erschien auch in der SYRIZA-Debatte im neuen Deutschland

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