Menschen abschieben trotz Pandemie? Kein Widerspruch für die EU

29.01.2021, Lesezeit 3 Min.
1
Foto: olrat / Shutterstock

Trotz fortlaufender Corona-Pandemie werden weiterhin gewaltvoll Menschen in andere Länder abgeschoben. Bei der Ankunft erwartet sie nur noch größeres Leid.

Unter dem Schutzmantel der Corona-Pandemie offenbarte die kapitalistische Regierung der EU in der letzten Woche ihren menschenfeindlichen Charakter: Auf einem Nebenschauplatz, ganz im Verborgenen wurden am letzten Dienstag 38 Menschen von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex nach Nigeria abgeschoben. Nach Angaben des bayerischen „Landesamt für Rückführung und Asyl“ wohnten davon 24 Menschen in Deutschland, 20 allein in Bayern. Die Regierung versucht diese Brutalität zu legitimieren – acht Menschen unter ihnen hätten in Deutschland eine Straftat begangen. Das soll die Abschiebung aller 38 Menschen rechtfertigen, auch die von alleinstehenden Frauen mit Kindern.

Zur alltäglichen Brutalität und Wahllosigkeit, die eine Abschiebung in Gefahrengebiete mit sich bringt, wartet auf die Geflüchteten aktuell eine weitere Aufgabe: In Nigeria war und ist die Wirtschaftslage angespannt, die Corona-Pandemie hat die Probleme jedoch noch weiter verstärkt. Die sich festigende materiellen Not zwingt immer mehr Menschen in menschenunwürdige Bedingungen – Zwangsbeschneidungen, die Ausbeutung von migrantischen Frauen in Prostitution und Menschenhandel – das Land steckt in einer tiefen politischen und humanitären Krise. Hinzu kommt die erstarkende Macht der „Special Anti-Robbery Squads“, einer Spezialeinheit der nigerianischen Polizei, die Aufstände gewaltvoll unterdrückt.

Die aktuellen Abschiebungen schließen sich einer Reihe von Einsätzen an: Bereits im Dezember 2020 wurden 43 Menschen nach Nigeria abgeschoben. Leben wurden zerstört und Familien getrennt. Die Abschiebungen werden stets begleitet von aggressiver Polizeigewalt: Oftmals bleibt den Betroffenen kaum Zeit ihre Dinge zu packen, bevor sie von der Polizei abgeholt werden. Doch der Horror endet nicht mit dem Verlassen des Flugzeuges. Zurückkehrende Menschen finden sich in einer katastrophalen Lage wieder: Notfallunterkünfte sind mangelhaft und nach Anlaufstellen sucht man vergeblich.

Die Organisation „Refugee Struggle for Freedom“ berichtet von der Lage der Eintreffenden am letzten Dienstag: „Die Betroffenen berichten von schwierigen Bedingungen und Unterversorgung. Vor allem für die Kinder ist es schwer, sich an die neue Situation anzupassen. Sie haben keine Perspektive, sie erhalten weder vom Deutschen noch vom Nigerianischen Staat Unterstützung. Hilfe für einen Neustart im Land bieten derzeit nur Spenden.“

Trotz dieser katastrophalen Lage sieht die EU sich nicht veranlasst, Menschen vor diesen Verhältnissen zu schützen. Sie reißt Betroffene brutal aus ihrem Leben und lässt sie zurück, sie bietet ihnen absolut keine Hilfe. Stattdessen drängt Deutschland seit 2020 verstärkt zur Abschiebung nach Nigeria. Eines wird auch hier, ebenso wie bei der brutalen und alltäglichen Realität in Geflüchtetenunterkünften und den gewaltvollen Niederschießungen an den Außengrenzen der EU, deutlich – die vermeintlich humanistische EU zeigt im Umgang mit schutzbedürftigen Menschen ihr wahres Gesicht. Geschützt werden nicht Menschen, geschützt wird der eigene Profit.

Mehr zum Thema