Kundgebung gegen Kündigung: Volle Solidarität mit Inés

28.08.2023, Lesezeit 7 Min.
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Bild: KGK / Yunus

Der erste Gerichtstermin im Verfahren der gewerkschaftsfeindlichen Kündigung der Sozialarbeiterin Inés Heider wurde begleitet von einer breiten und kämpferischen Kundgebung.

Vor dem Berliner Arbeitsgericht versammelten sich am Montag rund 80 Personen, um gegen die fristlose Kündigung der Neuköllner Schulsozialarbeiterin und Gewerkschafterin Inés Heider zu demonstrieren. Als Inés nach der Verhandlung aus dem Gerichtsgebäude kam, wurde sie mit Applaus und „Wir sind Inés!“-Rufen begrüßt. Die GEW Berlin hatte die Kundgebung angemeldet, zu der eine Vielzahl von Arbeiter:innen, Schüler:innen und Student:innen erschienen sind, insbesondere aus dem Bereich der sozialen Arbeit. Viele Anwesende von verschiedenen Initiativen wie dem Solidaritätstreff Soziale Arbeit und Schule muss anders, stellten sich ebenso hinter Inés wie Aktive der GEW, der jungen GEW, Kolleg:innen aus der Berliner Krankenhausbewegung sowie von der Betriebsgruppe des Anne Frank Zentrums und politische und gewerkschaftliche Organisationen wie Klasse Gegen Klasse, Revolution, DIE LINKE Neukölln, Berliner Aktion Gegen Arbeitgeberunrecht, Waffen der Kritik, Betriebskampf oder die Gruppe Arbeiter:innenmacht. Sie alle waren gekommen, um klar zu zeigen, dass Inés mit ihrer Kündigung nicht allein ist und ein Zeichen zu setzen für gewerkschaftliche und politische Organisierung.

Gekündigt wurde Inés wegen einer internen E-Mail an ihre Kolleg:innen, in der sie die angekündigten Kürzungen bei den Geldern für Soziales kritisierte und auf die Möglichkeit für gewerkschaftliche und betriebliche Organisierung hinwies. Ihre Arbeitgeberin, die Technische Jugendfreizeit -und Bildungsgesellschaft (tjfbg), will darin einen Aufruf zum wilden Streik und eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses mit dem Land Berlin erkannt haben. Begründet wurde dies mit ihrer Wortwahl und damit, dass sie in dem Schreiben kritisierte, dass ihre Gewerkschaft (GEW), Sozialarbeiter:innen nicht in das Streikgeschehen mit einbezieht. Die GEW hingegen stellt sich trotz ihrer Kritik klar hinter Inés. Fabian Schmidt, Vertreter der GEW sagte bei der Kundgebung: „Da wird versucht einen Spalt zwischen die Beschäftigten und die GEW zu treiben.“ Dabei habe Inés schlicht ein Problem benannt: Nämlich, dass Schulsozialarbeiter:innen bei den Streiks von Lehrkräften bisher nicht mitgedacht würden. Das sei eine völlig legitime gewerkschaftliche Debatte.

Die Kundgebung stand besonders im Zeichen der Sparpolitik im sozialen Bereich und der voranschreitenden Organisierung der Arbeiter:innen in diesem Sektor. Nach den Streiks an den Berliner Schulen im Rahmen des Kampfes für kleinere Klassen werden im Herbst viele Beschäftigte aus dem sozialen Bereich in der TVL-Runde streiken. Genauso stehen in den kommenden Monaten auch viele weitere Proteste aus dem Sektor an, wie beispielsweise der bundesweite Bildungsprotesttag am 23. September.

Bei der Kundgebung solidarisierten sich eine Vielzahl an politischen und gewerkschaftlichen Akteur:innen mit Inés. Ein Redner von der jungen GEW hob etwa hervor, wie wichtig es ist, Kolleg:innen wie Inés zu haben, die sich engagieren und betonte ebenso, dass die Forderungen der Streiks im Bildungssektor viel eher erreicht werden können, wenn auch Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen mit einbezogen werden. Herrmann Nehle von DIE LINKE Neukölln zog eine Verbindung zu anderen Kämpfen für gewerkschaftliche Organisierung und gegen die Repressionen der Arbeitgeber:innen wie etwa dem Kampf der Gorillas-Beschäftigten.

Die Kolleg:innen vom Solidaritätstreff Soziale Arbeit begannen ihre Rede mit dem Spruch: „Kündigung zurückziehen, Kürzungen ins Klo. Betriebsgruppen aufbauen, sowieso!“ In ihrer Rede forderten sie „demokratische Betriebe, in denen die Beschäftigten in allen Belangen mitbestimmen“, ebenso wie den Rücktritt des Geschäftsführers der tjfbg, Thomas Hänsgen von seinem Lehrauftrag an der Hochschule. Neben vielen Arbeiter:innen und Aktiven aus diesem Sektor solidarisierten sich unter anderem auch Beschäftigte aus der Berliner Krankenhausbewegung und Schüler:innen mit Inés.

In ihrer eigene Rede stellte sich Inés gegen die Aufrüstung von Militär und Polizei, während für die soziale Arbeit Geld und Mittel fehlen. Sie betonte richtigerweise auch, dass die soziale Arbeit im Kapitalismus eine Art doppelte Aufgabe erfüllt. Sozialarbeiter:innen werden vom Staat eingesetzt, um Menschen wieder für den Arbeitsmarkt verwertbar zu machen und die Folgen der Krisen zu kaschieren. Deshalb muss unser Kampf auch weiter gehen, als mehr Sozialarbeiter:innen zu fordern. Als Kommunist:innen müssen wir letztlich für eine Welt kämpfen: „In der wir alle gut leben können, eine Welt ohne Rassismus, ohne Polizei und ohne Armut“, so Inés. Auch bezüglich des Kampfes gegen ihre Kündigung gab sich Inés kämpferisch: „Mein Chef dachte, mit der Kündigung wird er mich los. Aber mit meiner Kündigung hat die tjfbg nur den Stein ins Rollen gebracht.“

Ihre Genossin Tabea Winter, ebenfalls Sozialarbeiterin, Anführerin der marxistischen Hochschulgruppierung Waffen der Kritik und Redakteurin von Klasse Gegen Klasse, betonte ihrerseits, wie viele Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge outgesourct und prekarisiert sind. Besonders feminisierte und migrantisierte Bereiche sind davon betroffen. Dagegen gelte es, für die Verbindung der Kämpfe, gegen Outsourcing und Prekarisierung zu kämpfen. Dazu sei es auch notwendig, sich an der Basis der Gewerkschaften zu organisieren. Letzten Endes „ist der Kampf von Inés nicht einfach ein isolierter Kampf, sondern teil dessen, was wir aufbauen wollen: eine klassenkämpferische und revolutionäre Kraft der Arbeiter:innen, die sich den Interessen der Bosse entgegenstellt und sagt: wir haben eine Welt zu gewinnen!“

Die Kundgebung war ein wichtiges Zeichen. Ob Kürzungen bei Sozialem oder Kündigung: Wir werden uns organisieren und keine Repression kann uns davon abhalten. Wie durch Beiträge wie etwa dem von der Münchner Hebamme Leonie Lieb, die wegen eines Zeitungsinterviews abgemahnt wurde, klar wurde, ist Inés‘ Fall nicht isoliert zu betrachten. Union Busting hat System, deshalb müssen die Gewerkschaften auch wie die GEW Berlin mit allen Mitteln für die Kolleg:innen kämpfen. Bei der heutigen Verhandlung kam es, wie zu erwarten war, zu keinem Ergebnis, daher wird der Kampf gegen die Kündigung weitergehen. Für den 31. Januar ist der nächste Termin einberufen. In den kommenden Monaten wollen wir weiter kämpfen und die betriebliche und politische Organisierung vorantreiben. Wir fordern nicht nur die Rücknahme der Kündigung, sondern auch ein Ende des Outsourcings der sozialen Arbeit, gemeinsame Streiks von Lehrkräften und outgesourcten Beschäftigten an den Schulen, Masseninvestitionen in Bildung, ein demokratisches Schulsystem und 100 Milliarden für Soziales statt Waffen!

Kommt zum Treffen des Solidaritätskomitees!

Um die Solidarität mit Inés auf breitere Füße zu stellen, laden Kolleg:innen und Genoss:innen von Inés zu einem offenen Auftakttreffen für eine breite Solidaritätskampagne ein.

Wann? Donnerstag, 7.9. 18:30 Uhr

Wo? Versammlungsraum im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a, 2. Hinterhof, U6/U7 Mehringdamm

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