Klimastreik heißt Klassenkampf

09.09.2023, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Ricarda Julia

Angesichts der sich häufenden Hitzerekorde und Extremwetterereignisse bei gleichzeitigem Anstieg der Emissionen zeigt sich die Ratlosigkeit der Klimabewegung. Die Appelle an die Politik führten nicht zum Ziel. Das 1,5 Grad-Ziel wird nicht erreicht. Am 15. September ist wieder Globaler Klimastreik und es braucht eine neue Strategie.

Aktuelle Berichte der Welt-Meteorologie-Organisation WMO und des EU-Klimawandeldienstes Copernicus zeigen das erschreckende Ausmaß der voranschreitenden Klimakrise. Dieser Sommer war der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1940. Der August war der heißeste Monat seit Beginn der Klimaaufzeichnung. Die Ozeane heizen sich auf und sorgen dafür, dass sich die Klimakatastrophe weiter beschleunigt. Extremwetterereignisse auf der ganzen Welt nehmen zu und führen zu zehntausenden Toten jährlich und Millionen Menschen auf der Flucht. Allein 2021 mussten rund 23,7 Mio. Menschen vor Dürre, Stürmen, Dauerregen und anderen Klimawandelfolgen fliehen.

Im August war das Klima 1,5 Grad Celsius wärmer als im vorindustriellen Zeitalter. Das bedeutet, dass das Pariser Klimaschutzabkommen nicht eingehalten wird. 197 Staaten einigten sich 2015 darauf, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Statt dem Ziel auch nur ansatzweise näher zu kommen, stiegen die globalen Emissionen in den vergangenen Jahren beinahe ungebremst weiter. Die Politik der bürgerlichen Regierungen versagt, wenn es um Klimaschutz geht. Denn sie müssen die kurzfristigen Interessen des jeweiligen nationalen Kapitals vertreten, weil sie von diesem abhängig sind. Das zeigt sich im repressiven Vorgehen gegen Klimaaktivist:innen der Letzten Generation oder der gewaltsamen Räumung von Lützerath, wo fossile Energieträger und Konzerne staatlicherseits mit aller Macht verteidigt werden.

Während die Klimakrise ungebremst voranschreitet und die Folgen für mehr und mehr Menschen spürbar werden, nimmt das klimaschädliche Wirtschaften von Politik und Konzernen weiter seinen Lauf. Die Klimabewegung fokussiert sich vor allem auf Appelle an die Politik und erinnert die Verantwortlichen an ihre Versprechen, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgehalten sind. Seit dem Erstarken von Fridays for Future und Co gab es einen Wandel im Diskurs und einen Regierungswechsel. Doch es hat sich nichts getan. Das Pariser Abkommen wird nicht eingehalten. Die Bundesregierung hat ihre Unfähigkeit bewiesen, die Klimakrise aufzuhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Union, SPD, Grüne oder FDP regieren. Dennoch halten große Teile der Klimabewegung an ihrer Strategie fest, was man auch an der wiederkehrend gleichen Aktionsform der globalen Klimastreiks erkennen kann. Sie wollen mit Demos und Blockade-Aktionen weiter Druck aufbauen, um die Regierenden zu einer sozial-ökologischen Wende zu bewegen.

Wir stellen dem Hoffen auf politische Reformen eine Perspektive und eine Strategie für eine sozial gerechte und klimafreundliche Zukunft gegenüber. Es braucht Antworten auf die Ratlosigkeit vieler Aktivist:innen, die sie in radikalere Aktionsformen treibt, ohne ihre Forderungen zu radikalisieren. Anstatt sich nur auf die Semantik der Arbeiter:innenbewegung in Form von den sogenannten Klimastreiks zu stützen, müssen wir die Instrumente der Arbeiter:innen verwenden. Wir müssen eine Gegenmacht zum krisenhaften und ausbeuterischen Kapitalismus aufbauen. Das können wir nur vereinigt, als Ausgebeutete und Unterdrückte dieses Systems. Als Arbeiter:innen halten wir das System am Laufen und haben dadurch die Macht, es in seinem Kern anzugreifen. Vereinen wir uns hinter einem revolutionären und internationalistischen Programm, können wir wirklichen Druck aufbauen, unsere Forderungen durchsetzen und schließlich die Macht übernehmen, sodass eine Welt möglich wird, die wir nach unseren Bedürfnissen gestalten.

Die #wirfahrenzusammen-Kampagne zeigt beispielhaft, dass sich die Interessen von Klimabewegung und Arbeiter:innen in einem Kampf vereinen lassen. Doch hier werden auch die Grenzen der bürokratischen Gewerkschaften deutlich, die durch die Sozialpartnerschaft schließlich immer auf eine Einigung mit den Arbeitgeber:innen aus sind und das System stützen. Die Gewerkschaftsbürokratie verhindert letztlich jede Selbstorganisation der Arbeiter:innen, die wir für zentral halten. Deswegen muss die Klimabewegung auch gegen die reformistischen und systemstabiilsierenden Bürokratien Politik machen und die Selbstorganisation der Arbeiter:innen fördern. Sie kann eine zentrale Rolle einnehmen bei der Unterstützung, Politisierung und Radikalisierung der Streiks.

Wir wollen eine Welt, in der nach unser aller Bedürfnissen und nicht für die Profite einiger weniger gewirtschaftet wird. Nur, wenn wir gemeinsam in der breitest möglichen Demokratie der Arbeiter:innen über die Produktion entscheiden und über die Produktionsmittel verfügen, können wir gegen die Klimakrise vorgehen und die rasanten Entwicklungen bremsen.

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