„Kinder erziehen kannst du doch sowieso, du bist ja ‘ne Frau…“

20.03.2015, Lesezeit 3 Min.
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// aus dem Flugblatt „Brandbrief“ // aus dem Flugblatt Brot und Rosen Nr. 4 // PDF //

Immer wieder wird man als Frau in sozialen Berufen, wie Erzieher*in, mit sexistischen und diskriminierenden Aus­sagen konfrontiert. In den Sozial- und Erziehungsberufen, die abwertend als „Frauenberufe“ bezeichnet werden, sind über 70% der Beschäftigten weiblich. Dieses Berufsfeld ist eines der am schlechtesten bezahlten, und gesteigert wird das noch durch den Gender Pay Gap, den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen, der etwa 23% weniger Lohn für Frauen bedeutet und immer noch 8% weniger für genau die gleiche Arbeit. Dass Menschen, die die gleiche Arbeit leisten, gleich viel verdienen, ist grundlegend, um Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen herzustellen. Auch von Befristung und anderen prekären Arbeitsbedingungen sind die weiblich dominierten Berufe wie Erzieher*in besonders betroffen.

In der Gesellschaft werden soziale Berufe herabgesetzt und bekommen kaum Beachtung. Es wirkt so, als wäre es logisch, dass Frauen Erzieher*in werden wollen. Viele Menschen sind der Meinung, Frauen wäre die Fähigkeit zur Kindererziehung angeboren, das sei ja selbstverständlich, da sie als potenzielle Mütter sowas ja können müssten. Natürlich, dass ich kein Y-Chromosom habe, sorgt dafür, dass ich automatisch eine Horde Kinder bei ihrer Entwicklung richtig fördern kann. Und da ich das Zuhause ja auch tun würde, da man als Frau nun mal Kinder zu bekommen hat, ist das auch überhaupt nicht schlimm, wenn der Beruf unterbezahlt wird. Dieser Meinung waren auch die FDP-Politiker*innen, als 2012 die Drogeriekette Schlecker Insolvenz anmeldete. Für die Kassierer*innen sollte laut Phillip Rösler eine „Anschlussverwendung“ gefunden werden, was bedeutet, dass die im Einzelhandel ausgebildeten Frauen in „Mangel­berufen“ wie Erzieher*in oder Altenpfleger*in arbeiten sollten.

All das zeigt, dass die Gesellschaft Frauen nach wie vor in eine ganz bestimmte Richtung drängt: Jede Frau soll sich sozial engagieren, Kinder erziehen soll für sie das Wichtigste sein. Und wenn ich betone, dass Kindererziehung zu Hause und als Beruf auch Arbeit ist – dann bin ich herz- und lieblos. Die Freude an den Kindern soll mich für den schlechten Lohn mehr als kompensieren, aber dass mich das weder satt macht, noch meine Miete bezahlt, interessiert nicht. Wir dürfen uns nicht auf die Argumentation einlassen, dass der Beruf schon Belohnung genug wäre. Viele sind gerne Erzieher*innen – warum sollte das aber irgendetwas mit unserem Lohn zu tun haben?

Wir fordern faire Arbeitsbedingungen im Erzieher*innenberuf und gleichen Lohn für gleiche Arbeit!

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