Internationaler Frauenkampftag: Hunderttausende demonstrieren weltweit gegen Krise, Patriarchat und Kapitalismus
Am 8. März wurde auf der ganzen Welt protestiert – trotz, oder gerade wegen der anhaltenden Corona-Krise, die viele Probleme zuspitzte: mehr Belastung durch Reproduktionsarbeit, mehr Frauen und Queers in Armut, zunehmende patriarchale Gewalt. Unsere Genoss:innen von Brot und Rosen waren bei vielen Mobilisierungen in der ersten Reihe dabei.

Die Pandemie und die weltweite Wirtschaftskrise haben die Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung verschlechtert, wobei Frauen überproportional von der wachsenden Ungleichheit als Folge von Prekarisierung und Armut betroffen sind. Viele haben ihre Arbeit verloren, und viele andere mussten eine noch prekärere Arbeit aushalten, mit der zusätzlichen Belastung durch Betreuungsaufgaben, die durch die Schließung von Schulen und Pflegeeinrichtungen verdoppelt wurden.
Darüber hinaus haben Frauen im vergangenen Jahr in verschiedenen Ländern den Kampf gegen die Auswirkungen der Pandemie angeführt. Denn sie arbeiten in wichtigen Sektoren wie dem Gesundheits- und Bildungswesen oder bei Lieferdiensten, die am stärksten von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind.
Spanischer Staat: Trotz Verboten demonstriert
Die “feministischste Regierung der Geschichte” aus Sozialdemokratie und Podemos hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Rechte und Faschist:innen konnten im Verlauf der Pandemie immer wieder problemlos demonstrieren, geschützt durch die Polizei. Doch als feministische Bewegungen in Madrid vier Veranstaltungen mit Hygienekonzept anmelden wollten, wurden diese verboten.
Offensichtlich will die Regierung nicht, dass die feministische Bewegung die Zustände anprangert, die die Regierung zu verantworten hat. Trotz Verbot sammelten sich Aktivistinnen, um auf die Zustände, unter denen Frauen leben, zu denunzieren.
ESPECIAL #8M2021
Manifestación espontanea de mujeres desafiando la prohibición marcha desde el Retiro#resistenciafeminista#DesobedienciaFeminista pic.twitter.com/9mRImc7EkT
— IzquierdaDiario.es (@iDiarioES) March 8, 2021
Mit in der ersten Reihe waren die Aktivistinnen von Pan y Rosas Estado Español. Ihre Anführerin Lucía Nistal brachte die Kritik im Interview mit dem Fernsehsender TVE auf den Punkt:
Diese Regierung kann sich nicht als feministisch oder fortschrittlich bezeichnen, wenn sie nicht die Arbeitsmarktreformen zurücknehmen, die Geflüchtetenlager schließen, die Studiengebühren abschaffen. Genausowenig kann sie sich als fortschrittlich bezeichnen, wenn sie den Demonstrationen der Jugend mit Repression begegnet und die Demonstrationen am 8. März verbietet.
Pan y Rosas bewies so am gestrigen Tag eine Perspektive, die praktisch dem gesamten institutionalisierten Feminismus entgegensteht, der sich von der “progressiven” Regierung kooptieren lässt.
Frankreich: Essentielle Arbeiterinnen auf der Straße
In Frankreich fand am 8. März eine bemerkenswerte Mobilisierung statt. Zehntausende Frauen aus “unverzichtbaren”, essentiellen Berufen gingen in verschiedenen Städten auf die Straße: 30.000 in Paris, 10.000 in Toulouse, 6.000 in Lyon, 2.000 in Bordeaux, 1.000 in Marseille und viele mehr bei den 150 Aktionen, die im ganzen Land organisiert wurden. Unter anderem folgten Lehrer:innen, Krankenpfleger:innen, Pflegekräfte und Kulturarbeiter:innen dem Streikaufruf einiger Gewerkschaftszentralen, um für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gegen geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt zu demonstrieren.
Mexiko: Hausdurchsuchungen gegen Feministinnen
Auch das lateinamerikanische Land wird von einer vermeintlich “fortschrittlichen” Partei regiert: MORENA und ihr Präsident Andrés Manuel López Obrador galten als Hoffnungsträger für viele in Mexiko, ein Land mit sehr hohen Feminizidraten und bis heute illegalisierter Abtreibung (mit Ausnahme von Mexiko-Stadt). Doch während die Regierung sich um diese Fragen nicht kümmert, führte sie in den frühen Morgenstunden des 8. März illegale Hausdurchsuchungen bei feministischen Aktivistinnen durch und sperrte das Zentrum der Hauptstadt mit Zäunen ab, um Demonstrationen zu erschweren.
Dennoch demonstrierten gestern tausende Frauen gegen prekäre Arbeit, sexistische Gewalt und für eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung, wobei sie sich 2.700 Polizist:innen entgegenstellten, die eingesetzt wurden, um die demonstrierenden Frauen einzuschüchtern.
Argentinien: Gegen Feminizide und für ein tatsächliches Recht auf Abtreibung
In Argentinien – dem Land mit der größten Frauenbewegung der vergangenen Jahre, die im letzten Jahr das Recht auf Abtreibung erkämpft hat – war der 8. März vom Kampf gegen Feminizide und für ein tatsächliches Recht auf Abtreibung geprägt. Während trotz Legalisierung immer noch in vielen Provinzen kein tatsächlicher Zugang zu Abtreibung existiert, waren in den vergangenen Wochen mehrere skandalöse Fälle von Morden an Frauen bekannt geworden, die zu Mobilisierungen mit dem Motto: “Der Staat und die Regierungen sind verantwortlich!” Wie unsere Genossin Inés In erklärt, wird jeder fünfte Feminizid von Polizisten verübt:
Auch in anderen lateinamerikanischen Ländern fanden große Mobilisierungen statt: In Chile demonstrierten tausende Frauen für das Recht auf Abtreibung und mussten sich dabei der Repression der Polizei stellen. Ebenso demonstrierten Tausende in Venezuela, Costa Rica, Bolivien und vielen weiteren Ländern Lateinamerikas – stets mit den Genossinnen von Pan y Rosas an der Spitze.
Brasilien: Über 1.000 Frauen bei virtuellem Treffen von Pão e Rosas
In Brasilien hat die Politik von Bolsonaro und den Gouverneuren eine Gesundheitskatastrophe verursacht, die das Land an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Trotzdem versuchen die Frauen, sich zu organisieren. Ein Beweis dafür war das virtuelle Treffen von Pão e Rosas, an dem mehr als tausend Frauen teilnahmen, um den bevorstehenden Kampf zu diskutieren.
Kämpfe in der ganzen Welt: Bäuer:innen-Streik in Indien, Generalstreik in Myanmar
Jenseits der Kundgebungen, die explizit zum Frauenkampftag stattfanden, zeigte der gestrige Tag auch andere Beispiele dafür, dass Frauen sich für ihre Rechte organisieren. Wie in den Außenbezirken von Neu-Delhi, wo 20.000 Bäuerinnen ein Sit-in und einen Hungerstreik veranstalteten.
20,000 mujeres agricultoras realizan sentadas y una huelga de hambre fuera de Nueva Dehli, la capital de la India, en el Día Internacional de la Mujer contra las nuevas leyes agrícolas de Modi.#8demarzo#8DeMarzo2021#8DeMarzoDiaInternacionalDeLaMujer#8March pic.twitter.com/Y6JXE4wRMK
— Salvador Soler (@SalvadorSoler10) March 8, 2021
In Myanmar begann am 8. März ein neuer Generalstreik, der von achtzehn Gewerkschaften ausgerufen wurde, um die Militärregierung zu stürzen.
Hoy en Myanmar varias barricadas aparecieron decoradas con longyi (pareos). Las trabajadoras, con fuerte presencia en las protestas, se burlan de la creencia de que un hombre pierde su virilidad si pasa por debajo de una longyi. Aguante ellas! #8Marzo2021 https://t.co/Q6Di5YPLpQ pic.twitter.com/67iTsxEW1V
— Celeste Murillo (@rompe_teclas) March 8, 2021
Spende für Klasse Gegen Klasse
Wir finanzieren unsere Arbeit (also Serverkosten, Technik, Druckausgaben, etc.) ausschließlich aus Spenden, um unsere politische Unabhängigkeit beizubehalten. Wir wollen uns nicht einschränken lassen, durch Förderrichtlinien oder Parteigelder. Und natürlich sind alle unsere Inhalte, wie Videoproduktionen oder Podcasts, kostenlos zugänglich. Dafür brauchen wir eure Unterstützung.
Jetzt spenden