Hungrig nach Freiheit: Kundgebung vor Iranischer Botschaft

22.09.2017, Lesezeit 4 Min.
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Heute versammelten sich rund 40 Demonstrant*innen vor der iranischen Botschaft in Berlin, um sich mit den Hungerstreik iranischer Gewerkschafter und politischer Aktivisten zu solidarisieren.

Wie eine Burg erhebt sich die Iranische Botschaft zwischen den Villen des Berliner Bonzenbezirks Dahlem. Ein Schutzwall elektrischer Zäune bäumt sich vor den fensterlosen Mauern aus weißem Marmor auf. Das Weiß symbolisiert die Reinheit – damit wollen die Mauern verbergen, was für Verbrechen sich hinter ihnen abspielt: massive Repression der iranischen Diktatur gegen alle, die für ihre Rechte kämpfen.

Seit dem 30. Juli befinden sich etliche politische Gefangene im Gohardasht-Gefängnis im Iran im Hungerstreik. Dieser brach aus, nachdem die ohnedies unter miserablen Bedingungen lebenden Gefangenen in eine noch schlechtere Halle im selben Gefängnis umverlegt worden. Außerdem wurden ihnen alle persönlichen Gegenstände weggenommen. Dort sind sie jeden Tag 24-stündiger Überwachung per Kamera und Audioüberwachung, selbst auf den Toiletten und Waschräumen, ausgesetzt. Eine Belüftung mit frischer Luft, sowie hygienische und medizinische Versorgung ist kaum gegeben.

Gleichzeitig wird der Iran von einer neuen Protestwelle gegen das Regime überzogen. Die sich im Hungerstreik befindenden Gefangenen stehen symbolisch für diese Proteste. Unter ihnen befinden sich Reza Shahabi, Vorsitzender der für illegal erklärten Busfahrergewerkschafts Therans, Saeed Shirzad Kinderrechtsaktivist, der kurdische Blogger Soheil Arabi und Mohammad Nazari, der politische Gefangene, der seit mehr als 24 Jahren im Gefängnis ist. Dutzende weitere haben unlängst einen Hungerstreik ausgesetzt.

Gerade versucht das Regime Streiks in verschieden Städten niederzuschlagen. Um Teherans Straßen „zu säubern“, verhaftete die Polizei diese Woche 300 Kinderarbeiter*innen, vor zwei Wochen schlugen sie Massenproteste im Westen nieder, die sich an der Ermordung zweier kurdischer Lastenträger entzündeten. Mit Verhaftung und drakonischen Strafen gegen die Anführer*innen sozialer Bewegungen hört jedoch im Iran die Repression nicht auf. Doch die Repressionen gegen die iranische Arbeiter*innenklasse spielt keine Rolle in der deutschen Öffentlichkeit, obwohl Trump in der UN durch die Infragestellung des Atomabkommens den Iran wieder auf die Tagesordnung geholt hat.

Trump spricht sich für eine erneute Verschärfung der Wirtschafssanktionen mit dem Iran aus, während Deutschland für eine Aufrechterhaltung der Liberalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran eintritt. Obwohl sich in der Unterdrückung des iranischen Regimes mit dem Atomdeal so gut wie gar nichts geändert hat, verschwinden die „Menschenrechte“ plötzlich von der politischen Agenda. Die bürgerlichen Medien sprechen nicht mehr über Repression und Folter, geht es doch um „Größeres“: Wirtschaftskooperationen mit einer der wichtigsten Regionalmächte des Nahen Ostens.

Wie das deutsche Regime von einer Kritik der Unterdrückung übergeht in eine Einschüchterung der Opposition, zeigte sich auch auf der Kundgebung: Die Polizei wollte den Sprechchor „Iranische Botschaft: terroristisches Zentrum“ zu kriminalisieren. Erst drohte sie mit Festnahmen des Aktivisten, der sie anstimmte, als sie Masse jedoch den Slogan weiterhin aufnahm, reduzierten sie ihre Drohungen auf ein Bußgeld, um sie anschließend fallen zu lassen, gab es doch auch keine Rechtsgrundlage für ihr Vorgehen. Aber der Einsatzleiter brachte es in einem Gespräch mit den Demonstrant*innen auf den Punkt: „Ich werde Druck vom Auswärtigen Amt bekommen.“ Hintergrund des Slogans ist, dass aus der Iranischen Botschaft in den 90er Jahren Mordkommandos organisiert wurden, die in Deutschland Oppositionelle umbrachten. Auch heute noch organisieren sie die Geheimdienstarbeit des Irans, der systematisch Oppositionelle verfolgt, ausspioniert und einschüchtert.

Der Hungerstreik steht symbolisch für den Widerstand gegen die Repression des Regimes. Die unmittelbaren Forderungen der Kundgebung: sofortige Rückverlagerung der Gefangenen, die Übergabe ihrer Habseligkeiten und letztlich ihre Freilassung.

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