Hunderttausende Frauen füllen die Straßen weltweit

09.03.2017, Lesezeit 4 Min.
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Vor 100 Jahren setzten Frauenstreiks im zaristischen Russland die erste erfolgreiche sozialistische Revolution in Gang. Am diesjährigen 8. März streikten und demonstrierten wieder Frauen auf der ganzen Welt für ihre Rechte und gegen sexualisierte Gewalt.

Auf der ganzen Welt gewinnen feministische und Frauenbewegungen an Bedeutung: Ob die USA und der Womens March, Argentinien und #NiUnaMenos oder die Mobilisierungen in Irland und Polen gegen Abtreibungsverbote. Auch am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, fanden in zahlreichen Ländern wichtige Demonstrationen und Streiks statt.

USA

Aus den USA verbreitete sich die Idee des International Womens Strike (IWS) am 8. März, also der Arbeitsniederlegung aller Frauen, um ein Zeichen für Gleichberechtigung und gegen patriarchale Unterdrückung zu setzen. Am 21. Januar hatte der Womens March mit zwei Millionen Demonstrant*innen in den gesamten Vereinigten Staaten den Widerstand gegen die rechte Trump-Administration eingeleitet. Seitdem war klar: Der Kampf gegen die frauenfeindlichen und rassistischen Gesetze der neuen Regierung wird in bedeutendem Maße von und mit Frauen an der Spitze geführt werden.

So fanden Demonstrationen in zahlreichen Bundesstaaten statt, Schulen und Läden mussten geschlossen werden, weil sich Frauen an den Aktionen beteiligten und streikten. In Städten wie New York, Philadelphia, Los Angeles und Berkeley protestierten Tausende für Lohngleichheit, gegen Sexismus, gegen Abschiebungen und den Muslim Ban von Trump. Der Protest wurde unabhängig von der Demokratischen Partei organisiert, die sich als Oppositionspartei als Vertreterin der Rechte der Frauen darstellen möchte, obwohl sie unter der Obama-Regierung keine ernsthaften Verbesserungen durchsetzte.

Asien und Australien

Australien war eines der Länder, in dem sich feministische und soziale Organisationen dem IWS angeschlossen hatten. Um 15:20 Uhr, dem Zeitpunkt, bis zu dem die Frauen genauso viel verdienen wie ihre männlichen Kollegen, traten mehr als 1.000 Erzieher*innen in den Streik. In den wichtigen Städten Sydney und Melbourne fanden große Demonstrationen statt.

Darüber hinaus kamen in zahlreichen asiatischen Ländern Frauen auf die Straße, um gegen Lohnunterschiede und sexualisierte Gewalt zu protestieren. So fanden sich Hunderte in Städten wie Tokio, Manila, Bangkok oder Neu-Delhi zusammen und beteiligten sich am International Womens Strike.

Auch im Nahen Osten fanden Demonstrationen im Rahmen des Internationalen Frauentags statt, wie im Libanon, wo die Protestierenden auf die Auswirkungen von Folter, politischer Verfolgung, den Auswirkungen der wirtschaftlichen Ausbeutung und der Bombardements durch die imperialistischen Mächte hinwiesen.

In der Türkei fanden zahlreiche Demonstrationen statt, vom im äußersten Osten gelegenen Diyarbakır, wo kurdische Frauen Kundgebungen organisierten, bis hin ins westliche Istanbul. Dort fand eine der größten Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmer*innen statt. Sie protestierten sowohl gegen Gewalt an Frauen als auch gegen die Verfassungsreform der Erdogan-Regierung, weshalb immer wieder „Hayır“-Rufe (Nein) in Anspielung an das Referendum Mitte April zu hören waren.

Vor dem Kreml in Moskau kamen ebenfalls Demonstrant*innen zusammen, die gegen die Repression sexueller Minderheiten durch die russische Regierung sowie die Ungleichbehandlung und Unterdrückung von Frauen demonstrierten. Am selben Tag hatte Präsident Wladimir Putin in einer Ansprache die „Schönheit“ und „Lebhaftigkeit“ der russischen Frauen „gelobt“. Diese sexistischen Aussagen stehen in einer Reihe mit einer kürzlich beschlossenen Gesetzesveränderung, die häusliche Gewalt fast außer Strafe setzt.

Lateinamerika

Lateinamerika war in den vergangenen Jahren Schauplatz feministischer Proteste. Nicht ohne Grund, denn die sexualisierte Gewalt wie zahlreiche Frauenmorde und der starke Einfluss der Katholischen Kirche in Gesellschaft und Gesetzgebung machen das Leben der Frauen besonders schwer und schränken ihre Rechte ein.

In Mexiko sind die als femicidio bezeichneten Frauenmorde besonders verbreitet und die brutalste Form der Unterdrückung. Hinzu kommen die prekären Arbeitsverhältnisse der meisten Frauen und auch der LGBTI-Community. Die neue US-Regierung und die unterwürfige Haltung der mexikanischen Regierung zu ihr bedeuten für sie neue Angriffe auf ihre Rechte. Deshalb war es ein wichtiges Zeichen, als Zehntausend Menschen am 8. März im Zentrum von Mexiko-Stadt auf die Straße gingen.

In Argentinien fand 2014 zum ersten Mal eine massenhafte Demonstration gegen Frauenmorde und sexualisierter Gewalt unter dem Motto #NiUnaMenos (Keine Weniger) statt. Seitdem haben die strukturelle Gewalt an Frauen, die jährlich hunderte Opfer fordert, und die massiven Mobilisierungen für Frauenrechte, eine wichtige Stellung in der politischen Debatte des Landes eingenommen. Feministische und politische Organisationen und Gewerkschaften schlossen sich in diesem Jahr dem Internationalen Frauenstreik an. So streikte die Lehrer*innengewerkschaft und mobilisierte zur zentralen Demonstration in Buenos Aires, aber auch in einigen Fabriken wie in Pepsico und bei der Fluglinie Latam wurde die Arbeit niedergelegt.

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Auch in Chile hat sich im vergangenen Jahr eine bedeutende Frauenbewegung entwickelt: Studentinnen kamen gemeinsam mit Arbeiterinnen und Rentnerinnen und vielen weiteren Frauen auf die Straße. Auch deshalb kamen am Mittwoch mehr als 100.000 Menschen in der Hauptstadt Santiago zusammen, um für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, kostenlose, legale und sichere Abtreibungen und ein Ende der sexualisierten Gewalt zu protestieren.

In Uruguay hatten die Gewerkschaften zu einem Generalstreik aufgerufen und so füllten sich die Straßen Montevideos mit Zehntausenden Arbeiterinnen und Arbeitern, die gegen die Frauenunterdrückung und Frauenmorde streikten.

Zudem fanden Demonstrationen in zahlreichen anderen Ländern wie Ecuador, Peru, Bolivien oder Brasilien statt. Dort demonstrierten alleine in São Paulo 10.000 und machten besonders die rechte Temer-Regierung und ihre Angriffe auf die Bildung, die Rechte der Arbeiter*innen und die Erhöhung des Renteneintrittsalters für die Verschlechterung der Situation der Frauen verantwortlich. Dabei waren auch Angestellte des öffentlichten Dienstes und Lehrer*innen dabei, die entgegen der Haltung der Gewerkschaftsdachverbände den Streik beschlossen hatten. Zudem fanden im ganzen Land koordinierte Aktionen im Rahmen des Internationalen Frauenstreiks statt.

Europa

In Europa fanden in den wichtigsten Städten Aktionen und Kundgebungen statt, wie in London, Rom oder Berlin, wo bis zu 10.000 Menschen auf die Straßen gingen. Im Spanischen Staat fand in Madrid eine beeindruckende Mobilisierung von einer halben Million Menschen statt. Unter anderem beteiligten sich daran auch zahlreiche Betriebsgruppen und Arbeiterinnen von Panrico, Coca-Cola und die feministische Gruppe von Hotelreinigungskräften Las Kelly. Auch in zahlreichen anderen Städten des Landes wie in Barcelona oder Zaragossa fanden Aktionen statt.

In Frankreich hatten Gewerkschaften zum Streik aufgerufen und Arbeiter*innen verschiedenster Sektoren beteiligten sich an Kundgebungen und Demonstrationen, wie in Paris.

In Irland demonstrierten Tausende vor dem Parlament gegen das Abtreibungsverbot. Schon seit vielen Jahren gibt es immer wieder große Demonstrationen gegen diese Einschränkung der Selbstbestimmung der Frauen, doch die Regierung gibt sich unnachgiebig.

Veranstaltung: 1917 und 2017 - vom Frauenstreik zur Revolution


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Samstag, 18. März 2017
Versammlungsraum im Mehringhof
Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin (U-Mehringdamm)
Beginn: 18 Uhr
Veranstaltung bei Facebook

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