Gewalt und Mobbing: So schrecklich sind Til Schweigers Drehbedingungen

30.04.2023, Lesezeit 4 Min.
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Til Schweiger 2013 in Berlin, Foto: Denis Makarenko / shutterstock.com

Gegen Til Schweiger werden schwere Vorwürfe von Filmschaffenden erhoben. Wir solidarisieren uns mit ihnen und legen unsere Vision für die Filmindustrie dar.

Dass Til Schweigers Filme zum Fremdschämen schlecht sind, ist sicherlich keine Neuigkeit. Allerdings erheben nun über 50 Filmschaffende im Spiegel schwere Vorwürfe. Von  „Schikane und Gewalt“ ist dabei die Rede, sie bezeichnen den Schauspieler, Produzent und Regisseur sogar als „Imperator“. Bei den Dreharbeiten zu den Filmen „Lieber Kurt“ und „Manta, Manta 2“, die in den Jahren 2022 und 2023 in die Kinos kamen, habe aufgrund seines aggressiven Verhaltens ein „Klima der Angst“ geherrscht. Er sei im alkoholisierten Zustand sowohl verbal ausfällig als auch handgreiflich geworden. Auch Arbeitssicherheit und -zeiten wurden nicht eingehalten. Der Spiegel schreibt im Sinne der Betroffenen, dass sich Schweiger vor allem durch seine Machtposition im Filmbusiness und seinen Alkoholmissbrauch zum Tyrannen entwickelt habe. Die daraus resultierenden Taten und die Arbeit am Filmset hätten laut Spiegel in mindestens einem Fall zu einer Angststörung und einem Burnout geführt.

Auch die Schauspielerin Nora Tschirner, die schon in Schweigers Film „Kokowääh“ auf der Leinwand zu sehen war, solidarisiert sich in einem Statement auf Instagram. Tschirner stellte klar: „Da mache ich nicht mehr mit“ und wirft sowohl Schweiger als auch anderen Verantwortlichen vor die Zustände „als null und nichtig“ zu erklären. Sowohl Schweiger als auch Constantin Film widersprechen den Vorwürfen, ohne sie konkret zu überprüfen. Solche Vorwürfe sind nicht neu, auch Filmbosse und -stars wie Harvey Weinstein, Kevin Spacey und Roman Polanski wurden schon von Betroffenen angeklagt. All diese Fälle zeigen, dass die Täter kein Interesse an einer Aufarbeitung von mutmaßlicher Gewalt zeigen.

Tschirners Kritik trifft einen wunden Punkt. Sobald die Vorwürfe gegen den „Schauspieler“ Schweiger öffentlich wurden, hetzte er seine Anwälte auf die Betroffenen. Dass Schweiger, der während der Pandemie für den rechtsextremen Kanal „KenFM“ warb, ziemlich kritikunfähig ist, ist schon lange bekannt. Bei „Keinohrhasen“ verweigerte er sich, eine branchenübliche reguläre Pressevorführung durchzuführen und präsentierte sein „Werk“ vorab nur ausgewählten Journalist:innen. 2013 veröffentlichte er den durch und durch reaktionären Kriegs-Film „Schutzengel“ und warb medienwirksam für die Bundeswehr. Zuletzt beleidigte er auch noch Klima-Aktivist:innen als „Vollidioten“. Während Schweiger also die Pressefreiheit untergräbt, Kriegspropaganda produziert und mit Rechten paktiert, ist er sich gleichzeitig nicht zu schade, Millionen Euro öffentliche Filmförderung in seine Projekte und damit seine eigene Tasche zu wirtschaften. Knapp 2,6 Millionen Euro aus der Staatskasse gab es für „Schutzengel“, auch der Auto-Industrie-Imagefilm „Manta Manta 2“ kassierte 1,2 Millionen Euro Steuergeld.

Wir fordern angesichts der Vorwürfe eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe. Dabei reicht es nicht, sich auf die Polizei, die im Interesse der Bosse handelt, oder sich auf die reine Anklage in Form von Outcallings zu verlassen. Stattdessen muss eine Kommission aus Betroffenen, Filmschaffenden und Gewerkschaften ins Leben gerufen werden, die ernsthaft darüber entscheiden kann, welche Maßnahmen notwendig sind, um diese strukturellen Probleme zu bekämpfen. Statt Schweiger weiter Millionen in den Rachen zu werfen, sollten Filme von anderen Schauspieler:innen, Regisseur:innen, Drehbuchautor:innen und Filmstudent:innen finanziert werden. Um das zu garantieren, dürfen weder die Bosse der Öffentlich-Rechtlichen, noch die von privaten Filmverleihern wie Constantin Film, die hinter Schweiger stellen, darüber bestimmen, was wie finanziert wird. Wir treten stattdessen dafür ein, dass die gesamte Filmindustrie unter Kontrolle der Beschäftigten und Filmschaffenden verstaatlichen wird. Solidarität mit den Betroffenen und Kolleg:innen in der Filmbranche!

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