Gegen die Kriminalisierung der Palästinasolidarität: Über 1000 Persönlichkeiten fordern Freispruch von Anasse Kazib

27.04.2025
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Foto: Carol Sibony

Über 1000 prominente Persönlichkeiten sowie politische und gewerkschaftliche Organisationen verurteilen in einem offenen Brief die Kriminalisierung der Palästinasolidarität. Darunter Yanis Varoufakis, Pablo Iglesias, Annie Ernaux, Ilan Pappé, Ferat Koçak, Olivier Besancenot, Myriam Bregman, Angela Davis, Ken Loach, Tariq Ali, Silvia Federici, SUD Rail Paris Nord und viele weitere.

Der offene Brief erschien erstmals in Politis.

Während Trump pro-palästinensische Studierende an der Columbia University angreift, sitzen 18 Aktivist:innen von Palestine Action in Großbritannien in Haft und warten auf ihren Prozess. In der Schweiz werden Akademiker:innen wegen ihrer politischen Positionen entlassen, während die neue Regierungskoalition in Deutschland die derzeitige Offensive im Land verschärfen will. In Frankreich wurde das Kollektiv Palestine Vaincra gerade aufgelöst und feministische Demonstrationen wurden wegen der Teilnahme pro-palästinensischer Organisationen verboten.

Vor diesem Hintergrund hat der französische Staat beschlossen, bei der Unterdrückung politischer Gegner:innen einen Schritt weiter zu gehen. Am 18. Juni werden zwei Aktivisten der Organisation Révolution Permanente (französische Schwesterorganisation von Klasse Gegen Klasse/RIO, Anm.d.Ü) wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ vor Gericht gestellt, darunter ihr Sprecher, der Eisenbahner, Gewerkschaftsaktivist der SUD Rail und ehemalige Präsidentschaftskandidat Anasse Kazib. Im April 2024 waren sie ebenso wie die Europaabgeordnete Rima Hassan, die Vorsitzende der LFI-Fraktion in der Nationalversammlung Mathilde Panot und verschiedene andere Persönlichkeiten von der Anti-Terror-Polizei vorgeladen worden.

Während der Einsatz von Antiterrormaßnahmen gegen Unterstützer:innen Palästinas zur Normalität wird, ist der Straftatbestand der „Verherrlichung des Terrorismus“ eine französische Besonderheit. Er wurde 2014 im Namen der Bekämpfung des Dschihadismus in das Strafgesetzbuch aufgenommen und ermöglicht es, politische Meinungen mit Gefängnisstrafen zu ahnden. Seit dem 7. Oktober 2023 wird diese Bestimmung, die sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und von ehemaligen Anti-Terror-Richter:innen wie Marc Trévidic angefochten wird, dazu verwendet, Studierende, Aktivist:innen, Lokalpolitiker:innen, Gewerkschaftsanführer:innen wie Jean-Paul Delescaut von der CGT oder Intellektuelle wie François Burgat, der am 24. April vor Gericht steht, die eine andere Meinung als die Regierung vertreten, zu unterdrücken.

Diese kriminelle Politik geht mit einer regelrechten Verfolgung einher, die sogar so weit geht, dass gegen Persönlichkeiten wie Rima Hassan drastische Maßnahmen wie der Entzug der Staatsbürger:innenschaft gefordert werden. Die Verfolgung des Sprechers einer nationalen politischen Organisation ist jedoch beispiellos. Es handelt sich um einen echten Bewährungsprobe für den Staat: Wenn es zu einer Verurteilung kommt, wird niemand mehr vor Verfahren sicher sein, die es ermöglichen, Oppositionelle oder kritische Intellektuelle zu verurteilen, sie mit „Terrorismus“ in Verbindung zu bringen, sie als solche zu registrieren oder sie für Wahlen zu sperren.

Angesichts dieser Repression und über unsere politischen Meinungsverschiedenheiten hinaus ist es unerlässlich, gemeinsam mit Anasse Kazib, seinen Genoss:innen und allen unterdrückten Unterstützer:innen Palästinas Widerstand zu leisten. Der Kampf gegen die Unterdrückung des palästinensischen Volkes ist untrennbar mit dem Kampf gegen die Kriminalisierung seiner Unterstützer:innen und die Instrumente, die es ermöglichen, Meinungsfreiheit einzuschränken den Kampf für Palästina mit Terrorismus in Verbindung zu bringen, verbunden. In diesem Zusammenhang ist die Freilassung von Anasse Kazib und seinem Genossen eine entscheidende Herausforderung für die Solidaritätsbewegung. Lasst uns den Prozess gegen die RP-Aktivisten am 18. Juni zum Anlass nehmen, die staatliche Repression in Frankreich und international anzuprangern.

Erste Unterzeichnende:

Abby Martin, Journalistin

Adèle Haenel, Schauspielerin

Adolfo Pérez Esquivel, Friedensnobelpreisträger, Mitglied der SERPAJ, Argentinien

Alex Callinicos, emeritierter Professor der European Studies, King’s College London

Alexis Antonioli, CGT TotalEnergies Normandie

Andreas Malm, Schriftsteller und außerordentlicher Professor an der Universität Lund

Ángel Cappa, Fußballtrainer

Angela Davis, Professorin und Schriftstellerin

Annie Ernaux, Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin 

Assa Traoré, Komitee „La vérité pour Adama“

Avi Mograbi, israelischer Filmregisseur

Axel Personn, CGT-Gewerkschafter der Eisenbahner:innen in Trappes

Berenger Cernon, Eisenbahner und Abgeordneter der LFI

Bhaskar Sunkara, Chefredakteur von Jacobin

Brian Eno, Musiker

Camille Etienne, Umweltaktivistin

Cédric Herrou, Paysans solidaires

Cédric Liechti, CGT Energie Paris

CGT Airbus Operations Toulouse

CGT Cheminots Paris Nord

Charles Post, Professor für Soziologie am Borough of Manhattan Community College-CUNY

Chris Hedges, Journalist und Autor

Chris Smalls, Gründer der Amazon Labor Union

Christian Porta, CGT Neuhauser

Corinne Masiero, Schauspielerin

David McNally, Aktivist, Distinguished Professorship of History & Business an der University of Houston

Denis Robert, Schriftsteller, Journalist, Gründer von Blast

Elsa Marcel, Rechtsanwältin

Enzo Traverso, Professor, Cornell University

Eric Cantona, ehemaliger Fußballnationalspieler

Eric Coquerel, Abgeordneter La France Insoumise

Eric Vuillard, Schriftsteller

Etienne Balibar, Philosoph

Extinction Rebellion France

Eyal Sivan, Filmemacher

Fédération SUD Solidaires des urbains et interurbains

Ferat Koçak, Abgeordneter Die Linke im Bundestag

Frédéric Lordon, Philosoph

Guillaume Meurice, Humorist

Grant Miner, Student der Columbia University, der wegen seiner Unterstützung für Palästina ausgeschlossen wurde, Vorsitzender der Student Workers of Columbia-UAW

Ilan Pappé, israelischer Historiker und Direktor des European Centre for Palestine Studies an der Universität Exeter in England

Irene Montero, Europaabgeordnete von Podemos, ehemalige Ministerin für Gleichstellung

Jean-Paul Delescaut, Sekretär der UD CGT Nord

Jean-Paul Lecoq, Abgeordneter der PCF, Le Havre

Joey Starr, Künstler

John Bellamy Foster, Direktor der Monthly Review

Katie Halper, Journalistin

Keeanga Yamahtta Taylor, Princeton University

Ken Loach, Regisseur

Kevin Anderson, Professor für Soziologie, University of California

Kleiton Wagner Alves da Silva Nogueira, Forscher am Praxis-Institut der UFCG

Labor For Palestine, Organisation für die Rechte der Palästinenser:innen

Les Soulèvements de la Terre

Manuel Bompard, Abgeordneter der LFI im Departement Bouches-du-Rhône, Koordinator von La France insoumise

Marcel van der Linden, Historiker, Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam

Mathilde Panot, Abgeordnete des Departements Val-de-Marne, Vorsitzende der parlamentarischen Gruppe LFI-NUPES

Michèle Sibony, UJFP

Mohammed El-Kurd, palästinensischer Schriftsteller und Dichter

Mona Aljalis, Schriftstellerin

Momodou Tal, Doktorand an der Cornell University, der wegen seiner Unterstützung für Palästina gezwungen wurde, die Vereinigten Staaten zu verlassen

Mornia Labssi, Arbeitsinspektorin

Myriam Bregman, Anwältin und ehemalige Abgeordnete der PTS/FIT-U in Argentinien, ehemalige Präsidentschaftskandidatin

Nadav Lapid, israelischer Filmregisseur

Nancy Fraser, Philosophin

Nathan J. Robinson, Chefredakteur von Current Affairs

Nicolás del Caño, Abgeordneter der PTS/FIT-U in Argentinien

Norman Finkelstein, Autor

Noura Erakat, Professorin, Rutgers University

Olivier Besancenot, Aktivist und Schriftsteller, ehemaliger Präsidentschaftskandidat

Olivier Mateu, Sekretär der UD CGT 13

Pablo Iglesias, Direktor von Canal Red, Professor für Politikwissenschaften, Universidad Complutense de Madrid

Paul B Preciado, Autor

Philippe Poutou, ehemaliger Präsidentschaftskandidat

Rachida Brakni, Schauspielerin

Rashid Khalidi, palästinensisch-amerikanischer Historiker, Edward Said Professor Emeritus an der Columbia University

Ricardo Antunes, Professor, Soziologe an der Universität von Campinas

Richard Seymour, Schriftsteller

Rima Hassan, Europaabgeordnete der LFI

Robert Brenner, emeritierter Professor für Geschichte, Direktor des Zentrums für Sozialtheorie und Vergleichende Geschichte an der UCLA

Roberto Leher, Professor und ehemaliger Rektor der Bundesuniversität von Rio

Robin D. G. Kelley, Historiker, UCLA

Rokhaya Diallo, Journalistin und Regisseurin

Romina del Pla, argentinische Abgeordnete PO / FIT-U

Rony Brauman, Arzt, Essayist, ehemaliger Präsident von Ärzte ohne Grenzen

Sâmia Bomfim, Bundesabgeordnete der PSOL (São Paulo)

Silvia Federici, Professorin, Hofstra University

Simone Bitton, israelische Filmemacherin

S.I.COBAS (Italien), Gewerkschaft

Solidaires 93

Steven Donziger, Anwalt

SUD Aérien

SUD Rail Paris Nord

Swann Arlaud, Schauspieler

Tardi, Zeichner

Tariq Ali, Historiker und Schriftsteller

Thierry Defresne, CGT TotalEnergies

Timothée Esprit, Gewerkschafter FNIC-CGT

Tsedek!, dekoloniales jüdisches Kollektiv

UNEF

Xavier Mathieu, Schauspieler, ehemaliger Sprecher der CGT bei Conti

Yanis Varoufakis, Ökonom, ehemaliger griechischer Finanzminister und Generalsekretär von MeRA25

Yassine Belattar, Komiker

Youlie Yamamoto, Sprecherin von ATTAC

Die vollständige Liste der Unterzeichnenden ist hier zu finden. 

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