Gegen die Kriminalisierung der Palästinasolidarität: Über 1000 Persönlichkeiten fordern Freispruch von Anasse Kazib

Über 1000 prominente Persönlichkeiten sowie politische und gewerkschaftliche Organisationen verurteilen in einem offenen Brief die Kriminalisierung der Palästinasolidarität. Darunter Yanis Varoufakis, Pablo Iglesias, Annie Ernaux, Ilan Pappé, Ferat Koçak, Olivier Besancenot, Myriam Bregman, Angela Davis, Ken Loach, Tariq Ali, Silvia Federici, SUD Rail Paris Nord und viele weitere.
Der offene Brief erschien erstmals in Politis.
Während Trump pro-palästinensische Studierende an der Columbia University angreift, sitzen 18 Aktivist:innen von Palestine Action in Großbritannien in Haft und warten auf ihren Prozess. In der Schweiz werden Akademiker:innen wegen ihrer politischen Positionen entlassen, während die neue Regierungskoalition in Deutschland die derzeitige Offensive im Land verschärfen will. In Frankreich wurde das Kollektiv Palestine Vaincra gerade aufgelöst und feministische Demonstrationen wurden wegen der Teilnahme pro-palästinensischer Organisationen verboten.
Vor diesem Hintergrund hat der französische Staat beschlossen, bei der Unterdrückung politischer Gegner:innen einen Schritt weiter zu gehen. Am 18. Juni werden zwei Aktivisten der Organisation Révolution Permanente (französische Schwesterorganisation von Klasse Gegen Klasse/RIO, Anm.d.Ü) wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ vor Gericht gestellt, darunter ihr Sprecher, der Eisenbahner, Gewerkschaftsaktivist der SUD Rail und ehemalige Präsidentschaftskandidat Anasse Kazib. Im April 2024 waren sie ebenso wie die Europaabgeordnete Rima Hassan, die Vorsitzende der LFI-Fraktion in der Nationalversammlung Mathilde Panot und verschiedene andere Persönlichkeiten von der Anti-Terror-Polizei vorgeladen worden.
Während der Einsatz von Antiterrormaßnahmen gegen Unterstützer:innen Palästinas zur Normalität wird, ist der Straftatbestand der „Verherrlichung des Terrorismus“ eine französische Besonderheit. Er wurde 2014 im Namen der Bekämpfung des Dschihadismus in das Strafgesetzbuch aufgenommen und ermöglicht es, politische Meinungen mit Gefängnisstrafen zu ahnden. Seit dem 7. Oktober 2023 wird diese Bestimmung, die sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und von ehemaligen Anti-Terror-Richter:innen wie Marc Trévidic angefochten wird, dazu verwendet, Studierende, Aktivist:innen, Lokalpolitiker:innen, Gewerkschaftsanführer:innen wie Jean-Paul Delescaut von der CGT oder Intellektuelle wie François Burgat, der am 24. April vor Gericht steht, die eine andere Meinung als die Regierung vertreten, zu unterdrücken.
Diese kriminelle Politik geht mit einer regelrechten Verfolgung einher, die sogar so weit geht, dass gegen Persönlichkeiten wie Rima Hassan drastische Maßnahmen wie der Entzug der Staatsbürger:innenschaft gefordert werden. Die Verfolgung des Sprechers einer nationalen politischen Organisation ist jedoch beispiellos. Es handelt sich um einen echten Bewährungsprobe für den Staat: Wenn es zu einer Verurteilung kommt, wird niemand mehr vor Verfahren sicher sein, die es ermöglichen, Oppositionelle oder kritische Intellektuelle zu verurteilen, sie mit „Terrorismus“ in Verbindung zu bringen, sie als solche zu registrieren oder sie für Wahlen zu sperren.
Angesichts dieser Repression und über unsere politischen Meinungsverschiedenheiten hinaus ist es unerlässlich, gemeinsam mit Anasse Kazib, seinen Genoss:innen und allen unterdrückten Unterstützer:innen Palästinas Widerstand zu leisten. Der Kampf gegen die Unterdrückung des palästinensischen Volkes ist untrennbar mit dem Kampf gegen die Kriminalisierung seiner Unterstützer:innen und die Instrumente, die es ermöglichen, Meinungsfreiheit einzuschränken den Kampf für Palästina mit Terrorismus in Verbindung zu bringen, verbunden. In diesem Zusammenhang ist die Freilassung von Anasse Kazib und seinem Genossen eine entscheidende Herausforderung für die Solidaritätsbewegung. Lasst uns den Prozess gegen die RP-Aktivisten am 18. Juni zum Anlass nehmen, die staatliche Repression in Frankreich und international anzuprangern.
Erste Unterzeichnende:
Abby Martin, Journalistin
Adèle Haenel, Schauspielerin
Adolfo Pérez Esquivel, Friedensnobelpreisträger, Mitglied der SERPAJ, Argentinien
Alex Callinicos, emeritierter Professor der European Studies, King’s College London
Alexis Antonioli, CGT TotalEnergies Normandie
Andreas Malm, Schriftsteller und außerordentlicher Professor an der Universität Lund
Ángel Cappa, Fußballtrainer
Angela Davis, Professorin und Schriftstellerin
Annie Ernaux, Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin
Assa Traoré, Komitee „La vérité pour Adama“
Avi Mograbi, israelischer Filmregisseur
Axel Personn, CGT-Gewerkschafter der Eisenbahner:innen in Trappes
Berenger Cernon, Eisenbahner und Abgeordneter der LFI
Bhaskar Sunkara, Chefredakteur von Jacobin
Brian Eno, Musiker
Camille Etienne, Umweltaktivistin
Cédric Herrou, Paysans solidaires
Cédric Liechti, CGT Energie Paris
CGT Airbus Operations Toulouse
CGT Cheminots Paris Nord
Charles Post, Professor für Soziologie am Borough of Manhattan Community College-CUNY
Chris Hedges, Journalist und Autor
Chris Smalls, Gründer der Amazon Labor Union
Christian Porta, CGT Neuhauser
Corinne Masiero, Schauspielerin
David McNally, Aktivist, Distinguished Professorship of History & Business an der University of Houston
Denis Robert, Schriftsteller, Journalist, Gründer von Blast
Elsa Marcel, Rechtsanwältin
Enzo Traverso, Professor, Cornell University
Eric Cantona, ehemaliger Fußballnationalspieler
Eric Coquerel, Abgeordneter La France Insoumise
Eric Vuillard, Schriftsteller
Etienne Balibar, Philosoph
Extinction Rebellion France
Eyal Sivan, Filmemacher
Fédération SUD Solidaires des urbains et interurbains
Ferat Koçak, Abgeordneter Die Linke im Bundestag
Frédéric Lordon, Philosoph
Guillaume Meurice, Humorist
Grant Miner, Student der Columbia University, der wegen seiner Unterstützung für Palästina ausgeschlossen wurde, Vorsitzender der Student Workers of Columbia-UAW
Ilan Pappé, israelischer Historiker und Direktor des European Centre for Palestine Studies an der Universität Exeter in England
Irene Montero, Europaabgeordnete von Podemos, ehemalige Ministerin für Gleichstellung
Jean-Paul Delescaut, Sekretär der UD CGT Nord
Jean-Paul Lecoq, Abgeordneter der PCF, Le Havre
Joey Starr, Künstler
John Bellamy Foster, Direktor der Monthly Review
Katie Halper, Journalistin
Keeanga Yamahtta Taylor, Princeton University
Ken Loach, Regisseur
Kevin Anderson, Professor für Soziologie, University of California
Kleiton Wagner Alves da Silva Nogueira, Forscher am Praxis-Institut der UFCG
Labor For Palestine, Organisation für die Rechte der Palästinenser:innen
Les Soulèvements de la Terre
Manuel Bompard, Abgeordneter der LFI im Departement Bouches-du-Rhône, Koordinator von La France insoumise
Marcel van der Linden, Historiker, Internationales Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam
Mathilde Panot, Abgeordnete des Departements Val-de-Marne, Vorsitzende der parlamentarischen Gruppe LFI-NUPES
Michèle Sibony, UJFP
Mohammed El-Kurd, palästinensischer Schriftsteller und Dichter
Mona Aljalis, Schriftstellerin
Momodou Tal, Doktorand an der Cornell University, der wegen seiner Unterstützung für Palästina gezwungen wurde, die Vereinigten Staaten zu verlassen
Mornia Labssi, Arbeitsinspektorin
Myriam Bregman, Anwältin und ehemalige Abgeordnete der PTS/FIT-U in Argentinien, ehemalige Präsidentschaftskandidatin
Nadav Lapid, israelischer Filmregisseur
Nancy Fraser, Philosophin
Nathan J. Robinson, Chefredakteur von Current Affairs
Nicolás del Caño, Abgeordneter der PTS/FIT-U in Argentinien
Norman Finkelstein, Autor
Noura Erakat, Professorin, Rutgers University
Olivier Besancenot, Aktivist und Schriftsteller, ehemaliger Präsidentschaftskandidat
Olivier Mateu, Sekretär der UD CGT 13
Pablo Iglesias, Direktor von Canal Red, Professor für Politikwissenschaften, Universidad Complutense de Madrid
Paul B Preciado, Autor
Philippe Poutou, ehemaliger Präsidentschaftskandidat
Rachida Brakni, Schauspielerin
Rashid Khalidi, palästinensisch-amerikanischer Historiker, Edward Said Professor Emeritus an der Columbia University
Ricardo Antunes, Professor, Soziologe an der Universität von Campinas
Richard Seymour, Schriftsteller
Rima Hassan, Europaabgeordnete der LFI
Robert Brenner, emeritierter Professor für Geschichte, Direktor des Zentrums für Sozialtheorie und Vergleichende Geschichte an der UCLA
Roberto Leher, Professor und ehemaliger Rektor der Bundesuniversität von Rio
Robin D. G. Kelley, Historiker, UCLA
Rokhaya Diallo, Journalistin und Regisseurin
Romina del Pla, argentinische Abgeordnete PO / FIT-U
Rony Brauman, Arzt, Essayist, ehemaliger Präsident von Ärzte ohne Grenzen
Sâmia Bomfim, Bundesabgeordnete der PSOL (São Paulo)
Silvia Federici, Professorin, Hofstra University
Simone Bitton, israelische Filmemacherin
S.I.COBAS (Italien), Gewerkschaft
Solidaires 93
Steven Donziger, Anwalt
SUD Aérien
SUD Rail Paris Nord
Swann Arlaud, Schauspieler
Tardi, Zeichner
Tariq Ali, Historiker und Schriftsteller
Thierry Defresne, CGT TotalEnergies
Timothée Esprit, Gewerkschafter FNIC-CGT
Tsedek!, dekoloniales jüdisches Kollektiv
UNEF
Xavier Mathieu, Schauspieler, ehemaliger Sprecher der CGT bei Conti
Yanis Varoufakis, Ökonom, ehemaliger griechischer Finanzminister und Generalsekretär von MeRA25
Yassine Belattar, Komiker
Youlie Yamamoto, Sprecherin von ATTAC
Die vollständige Liste der Unterzeichnenden ist hier zu finden.